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13:59 Uhr, 10.02.2017

Wie der "Flash Crash Trader" 50 Mio. Dollar verdiente – und dann alles verlor

Der "Daytrader in Jogginghosen" vermehrte sein Vermögen innerhalb eines Jahres um mehr als 3000 Prozent. Aber dann machte der Trader den wohl größten Fehler seines Lebens.

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Seine größten Tradingerfolge hatte der "Daytrader in Jogginghosen" offenbar lange vor dem spektakulären Flash Crash an der Wall Street im Jahr 2010, für den er später verantwortlich gemacht wurde. Navinder Singh Sarao hatte das Trading in London bei einer Handelsfirma gelernt und eine Zeit lang für das Unternehmen gearbeitet. Richtig Geld verdiente Sarao allerdings erst, als er ganz für sich allein, im Einfamilienhaus seiner Eltern am Stadtrand von London, tradete.

Mehr als 3000 Prozent Gewinn

Innerhalb von nur 12 Monaten machte Navinder Singh Sarao aus 461.000 Pfund offenbar ganze 14,9 Millionen Pfund, wie Bloomberg berichtet. Das war im Zeitraum von Juli 2008 bis Juni 2009 – lange Zeit bevor Sarao einen Programmierer engagierte, um den US-Aktienmarkt mit illegalen Methoden zu „melken“.

Bis Sarao im April 2015 festgenommen wurde, hatte der Daytrader rund 50 Mio. Dollar verdient – davon stammten aber nach Einschätzung des US-Justizministeriums nur 12,8 Mio. Dollar aus illegalen Geschäften.

Layering & Spoofing als Gelddruckmaschine

Wie Sarao seine illegalen Gewinne erzielte, ist leicht erklärt. Sarao nutzte eine inzwischen verbotene Trading-Methode, die als „Layering & Spoofing“ bezeichnet wird. Dabei werden riesige Kauf- oder Verkaufsaufträge erteilt, um die Kurse in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Die Aufträge werden so erteilt und innerhalb von Sekundenbruchteilen ständig modifiziert, dass sie überhaupt nicht zur Ausführung kommen. Die Mega-Orders tauchen aber im Orderbuch der Börse auf, wo sie von anderen Marktteilnehmern gesehen werden können und die Kursbildung beeinflussen. Navinder Singh Sarao nutzte ein selbst in Auftrag gegebenes Computerprogramm, um automatische Verkaufsaufträge zu erzeugen, die andere Marktteilnehmer dazu brachten, in Erwartung sinkender Kurse selbst auf den Verkaufsbutton zu drücken.

Durch ständige automatische Modifikation der Auftragsdetails verhinderte Sarao, dass die riesigen Verkaufsaufträge überhaupt ausgeführt wurden. Da er mit kleineren Positionen aber schon vorher auf sinkende Kurse gesetzt hatte, profitierte Sarao von den fallenden Kursen, für die er selbst gesorgt hatte. Später löschte Sarao die riesigen Verkaufsaufträge, ging Long-Positionen ein und verdiente auch an der Kurserholung mit. Sarao tradete vor allem E-Mini-Futures auf den S&P 500, wie er in einer E-Mail an eine britische Regulierungsbehörde schrieb.

Zum Verhängnis wurde Sarao der 6. Mai 2010. Zwar verdiente der Daytrader am Tag des Flash Crashs fast 900.000 Dollar - aber offenbar übertrieb es der Trader mit seinen Verkaufsaufträgen. Die Kaufseite der Orderbücher vieler Aktien trocknete aus, die Käufer streikten fast völlig, und der Dow Jones Index rauschte innerhalb kurzer Zeit um mehr als 1000 Punkte in den Keller. Bei der Aufarbeitung der Geschehnisse stießen die US-Behörden auf die gigantischen Verkaufsaufträge von Sarao - es dauerte aber bis zum Jahr 2015, um die Details zu ermitteln und die Auslieferung von Sarao aus Großbritannien zu beantragen.

Sarao hat „außergewöhnliche Fähigkeiten“

Spannender als die Frage, wie Sarao seine illegalen Gewinne erzielte, ist allerdings die Frage, welche legalen Methoden der Trader einsetzte. Denn mit den legalen Methoden verdiente Sarao offenbar den größten Teil seiner Millionengewinne. Sarao habe "außergewöhnliche Fähigkeiten" in Sachen Mustererkennung und Mathematik gehabt, sagte ein ehemaliger Kollege zu Bloomberg. Gleichzeitig habe er aber auch unter "recht schweren sozialen Einschränkungen" gelitten - offenbar eine Folge des Asperger-Syndroms, einer besonderen Form von Autismus, unter der Sarao leidet.

Ob die "außergewöhnliche Fähigkeiten" in Mustererkennung und Mathematik für den Tradingerfolg von Sarao verantwortlich sind, lässt sich wohl nie ganz klären. Aber auch die außerordentlichen Tradingerfolge zu Beginn seiner Karriere könnten darauf zurückzuführen gewesen sein, dass Sarao entdeckte, dass er mit einzelnen sehr großen Aufträgen die Kurse in die eine oder andere Richtung bewegen konnte – ohne dass die Aufträge überhaupt zur Ausführung kamen. Zweifelsfrei illegal ist „Layering & Spoofing“ erst seit dem Jahr 2010. Das Verbot ist im Dodd-Frank Act enthalten. Es handelt sich brisanterweise um das Gesetz, dass US-Präsident Donald Trump zumindest teilweise wieder rückgängig machen möchte.

Sarao war ein guter Trader, aber ein miserabler Investor

Seine Millionengewinne transferierte Sarao in Steueroasen – mit der Hilfe von leicht zwielichtigen Beratern. Eines seiner Unternehmen hieß Nav Sarao Milking Markets Ltd. "Milking Markets" bedeutet dabei so viel wie "Märkte melken".

Einen Großteil seines an den Märkten verdienten Geldes steckte Sarao in windige Investitionen. Er vertraute ganze 32 Mio. Dollar der IXE Group an. Das Unternehmen wurde von einem in Zürich lebenden Südamerikaner gegründet, der den Kontakt zu Superreichen suchte und sich durch Auftritte in Finanzmedien geschickt selbst inszenierte. Bot das Unternehmen zunächst noch persönliche Dienstleistungen für Superreiche an, wurde sie kurze Zeit später gegenüber Sarao als internationales Finanzkonglomerat mit weltweiten Handelsaktivitäten angepriesen. Sarao wurden risikolose Gewinne in Höhe von 11 Prozent pro Jahr versprochen - durch Investitionen in die Realwirtschaft. Bisher hat Sarao kein einziges Pfund aus diesen Investitionen wiedergesehen. Das gleiche passierte mit 15 Mio. Dollar, die Sarao in eine Firma steckte, die Land in Schottland für Windenergieprojekte steckte. Rund 4,1 Mio. Dollar investierte Sarao schließlich in den Entwickler einer Tradingplattform, die wie ein Online-Casino aussah. Kunden der Plattform konnten auf steigende oder fallende Kurse spekulieren – mit einer Oberfläche, die an einen Roulette-Tisch erinnerte. Das Unternehmen ging pleite und Sarao sah sein Geld nicht wieder.

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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