Kommentar
10:12 Uhr, 03.05.2022

Wie Anleger am Aktienmarkt eine Rezession einpreisen

Es bleibt dabei, Anleger glauben nicht daran, dass es der Fed gelingen wird, eine Rezession zu vermeiden. Das Einpreisen der Rezession hat bereits begonnen.

Kaum etwas drückt eine drohende Rezession so gut aus wie die Nachfrage nach defensiven Aktien. Zu defensiven Werten gehören alle Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht übermäßig stark mit der Konjunktur schwankt. Im Abschwung oder während einer Rezession verzichten Konsumenten auf eine ganze Reihe an Gütern. Verbraucher denken genau nach, ob sie z.B. einen neuen Fernseher gerade jetzt benötigen. Über bestimmte andere Güter muss man nicht nachdenken. Der Konsum ist nicht optional und freiwillig. Dazu zählen Güter des täglichen Bedarfs wie Zahnpasta oder auch Strom und Wasser. Unternehmen, die solche Güter produzieren, gelten als relativ sichere Anlagen auch in Zeiten einer Rezession.

Der Vorteil im Abschwung (stabiles Geschäftsmodell) ist ein Nachteil im Aufschwung. Obwohl die Wirtschaft rasant wächst, können defensive Branchen nicht mithalten. Sie wachsen langsamer. Da die Wirtschaft über lange Zeiträume mehr wächst als schrumpft, zeigen defensive Werte langfristig eine Underperformance (Grafik 1).


Wer mehr Rendite haben will, muss in zyklische Sektoren investieren. Wie der Name schon vermuten lässt, sind zyklische Aktien vom Konjunkturzyklus abhängig. Der konjunkturelle Trend zeigt derzeit nach unten. Entsprechend kommt es zu einer interessanten Divergenz.

Zunächst ist es nicht verwunderlich, dass zyklische Werte underperformen. Das ist regelkonform, wenn man so will. Bemerkenswert ist die Underperformance jedoch, weil die Zinsen steigen. Im Normalfall zeigen zyklische Werte eine Outperformance, wenn die Zinsen steigen (Grafik 2).


Das ist aktuell nicht der Fall. Anleger interpretieren den Zinsanstieg (gemessen anhand der 10-jährigen Staatsanleiherendite) nicht positiv. Die Notenbank hebt die Zinsen nicht an, weil die Konjunktur so gut läuft. Sie hebt die Zinsen an, um die Inflation zu senken, koste es, was es wolle (das Wachstum).

Die Underperformance zyklischer Aktien läuft nicht nur gegen den Zinstrend, sie ist auch die größte seit mindestens 50 Jahren. Anleger haben sich also bereits klar entschieden und sich für eine Rezession positioniert. Die Underperformance zyklischer Aktien geht inzwischen soweit, dass sie der tatsächlichen Entwicklung um Meilen voraus ist.

Das zeigt auch die Einschätzung der Einkaufsmanager, die eine sehr gute Einschätzung der zukünftigen Entwicklung haben. Die Aussichten trüben sich ein, doch gemessen an der Eintrübung, die vorhergesehen wird, ist die Underperformance groß (Grafik 3). Selbst Werte des Einkaufsmanagerindex unter 50 (aktueller Wert 57) sind inzwischen eingepreist. Zu diesem Zeitpunkt würde die Wirtschaft nicht mehr wachsen, sondern schrumpfen.


Anleger beginnen nicht erst eine Rezession einzupreisen, sondern haben es größtenteils schon getan. Wer jetzt noch auf den Short-Zug aufspringen will, ist spät dran. Es macht mehr Sinn, sich auf den Kauf von zyklischen Werten vorzubereiten. Es ist viel Pessimismus in den Kursen enthalten.

Clemens Schmale


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  • sepper
    sepper

    Sind in dieser Analyse sämtlichen zyklischen Werte erfasst, nach welchen Kriterien sind sie zyklisch. Was sind defensive Werte, wie definiert? Gibt es Etfs, die diese Analyse repräsentieren. Ich dachte immer die defensiven wie Medizin, Nahrungs-WaschmittelArznei seien langfristig dem Gesamtmarkt (siehe vor kurzem eine Analyse von Herrn Schmale), aber auch den Zyklikern überlegen, gerade wegen ihrer geringeren Vola. Weiß bald nicht mehr, was jetzt stimmt

    20:28 Uhr, 03.05.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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