Wider den Pessimismus
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- Warum sich die Aktienmärkte in diesem Jahr besser entwickeln werden als viele das heute annehmen.
- Nach dem derzeitigen Abschwung folgt der Tiefpunkt des Zyklus, der im Allgemeinen zu den besten Phasen der Aktienmärkte gehört.
- Es könnte sein, dass der Aktienmarkt aktuell bereits die nächste Phase des Zyklus vorwegnimmt.
Viele Anleger haben in den ersten Monaten des Jahres den Zug verpasst. Sie trauten dem Frieden nicht, als die Aktienkurse nach dem starken Einbruch im Dezember plötzlich wieder nach oben gingen. Sie waren nur Zuschauer bei der Rallye der ersten Wochen. Immerhin ist der DAX seit Jahresbeginn um 10 % gestiegen.
Die Zurückhaltung der Investoren hält nach wie vor an. Sie scheint auch nicht unbegründet. Die Konjunktur schwächt sich weiter ab. Auch in den USA verringert sich das Wachstum. Die Autoindustrie kommt nicht aus dem Abgasskandal heraus. Das Damoklesschwert neuer Zölle droht weiter. Beim Brexit muss sich die Wirtschaft auf das Schlimmste vorbereiten. Wie soll man da optimistisch sein?
Ich möchte mich hier gleichwohl nicht dem allgemeinen Pessimismus anschließen. Selbstverständlich kann und wird es noch Rückschläge geben. So funktioniert nun mal der Markt. Aus Makrosicht sind Kurseinbrüche jedoch nicht zwangsläufig. Alle, die aus der schwachen Konjunktur auf einen schlechten Aktienmarkt schließen, unterliegen einem Denkfehler. Warum?
Natürlich hängt die Entwicklung der Aktienkurse von der Konjunktur ab. Wenn sich die gesamtwirtschaftliche Aktivität abschwächt, gehen die Gewinne zurück. Damit entfällt die wichtigste Triebkraft der Aktienkursentwicklung. Dass im Abschwung auch die Zinsen sinken, hilft den Unternehmen zwar. Aber letztlich reicht es nicht, die Konjunktur zu drehen.
In der Grafik habe ich den ifo Geschäftsklima-Index der Veränderung des DAX gegenübergestellt. Es zeigt sich eine enge Korrelation. Immer dann, wenn die Stimmung der Unternehmen besser wird, gehen die Aktienkurse nach oben. Immer dann, wenn der ifo-Index fällt, gehen sie in den Keller. Der Zusammenhang ist besser, als ich mir das selbst vorgestellt hätte. Insofern erscheint es logisch zu erwarten, dass weitere Abschwächungen bei der Konjunktur auch weitere Kursrückgänge nach sich ziehen.
In jedem Fall müssten die Kurse am Jahresende höher sein als heute.
Das ist aber nur die eine Hälfte der Wahrheit. Übersehen werden dabei nämlich zwei Dinge. Das erste ist die Dynamik der Konjunkturentwicklung. Nach dem Abschwung, in dem wir uns derzeit befinden, folgt der Tiefpunkt. Danach geht es wieder nach oben. Der Abschwung ist für sich genommen die schlechteste Phase am Aktienmarkt. Die Geschäfte der Unternehmen flauen ab. Die Gewinne gehen zurück. Die Zinsen ermäßigen sich erst langsam. Das ist das, was wir erlebt haben.
Im konjunkturellen Tiefpunkt wird das aber ganz anders. Das ist nach der Konjunkturtheorie nämlich die beste Zeit für die Aktien. Dann gehen die Gewinne nicht mehr zurück. Es besteht die Hoffnung, dass die Unternehmen wieder mehr verdienen. Gleichzeitig sind die Zinsen niedrig und entlasten die Kostenrechnung. Das wird auch jetzt wieder so sein. Insofern stehen uns gute Zeiten bevor.
Das zweite, was übersehen wird, ist, dass der Aktienmarkt der tatsächlichen Entwicklung im Zyklus in der Regel vorausläuft. Das ist auch ganz plausibel. Wenn sich die Nachfrage an den Märkten dreht, dann zeigt sich das zuerst in den Geschäften der Unternehmen. Das spürt der Markt bereits. Bis es in den Zahlen der Firmen konsolidiert wird, dauert es. Bis die entsprechenden Konjunkturdaten das erkennen lassen, vergeht wieder Zeit. Und dann sind die Volkswirte auch nicht so schnell, den Umschwung als dauerhaft zu diagnostizieren.
Viele setzen die Verzögerung zwischen der Reaktion des Kapitalmarkts und der tatsächlichen Konjunktur mit sechs Monaten an. Das scheint mir, wenn ich mir die Zahlen etwa des ifo Instituts anschaue, eher zu lang. Zwei bis drei Monate kommen mir plausibler vor. Im Übrigen kann es auch mal kürzer oder mal länger sein. Es gibt hier kein feststehendes Gesetz.
Wenn das richtig ist, dann bedeutet es, dass die Erholung der Aktienmärkte seit Jahresanfang nicht nur eine vorübergehende Laune des Marktes war. Sie hatte auch nicht nur mit geopolitischen Entwicklungen wie der Entspannung bei den amerikanisch-chinesischen Handelsgesprächen zu tun. Dahinter könnten vielmehr schon die ersten Signale am Markt gestanden haben, dass der Abwärtsdruck der Konjunktur im Laufe des Jahres zu Ende geht.
Noch wichtiger ist aber: Es gibt begründete Hoffnung, dass sich die positive Entwicklung der Aktien im weiteren Verlauf des Jahres fortsetzt. Vielleicht beschleunigt sie sich sogar.
Denn dann folgen im Zyklus der Tiefpunkt der Konjunktur und dann der Aufschwung. Wenn wir Glück haben, könnte das zweite Halbjahr für die Märkte sogar noch besser werden. In jedem Fall müssten die Kurse am Jahresende höher sein als heute. Ob der bisherige Höchststand vom Januar 2018 erreicht wird, weiß natürlich niemand.
Denn die geopolitischen Risiken bleiben selbstverständlich bestehen. Wer kann heute schon sagen, ob US-Präsident Trump sich wirklich auf einen Frieden im Handelsstreit einigt? Was bleibt mit der Drohung von Zöllen auf europäische Autoexporte? Wenn es jetzt gelingt, einen "dirty" Brexit zu vermeiden, heißt das noch nicht, dass das Thema endgültig vom Tisch ist. Hinzu kommen im Mai die Wahlen zum Europäischen Parlament mit vermutlich einem Aufschwung der populistischen Parteien. All das könnte den fundamentalen Schwung an den Aktienmärkten bremsen. In jedem Fall wird die Schwankungsanfälligkeit groß bleiben.
Für den Anleger
Es gibt die allgemeine Regel, dass die erste Jahreshälfte am Aktienmarkt besser ist als die zweite. Also "Sell in May and go away". In diesem Jahr könnte es anders kommen. Wenn die Konjunktur im zweiten Halbjahr den Tiefpunkt erreicht, dann könnte es am Aktienmarkt richtig gut werden.
Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.
Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.
Ich glaube der Autor hat recht. Ja wir befinden uns in einer abschliessenden Welle 5. Der Crash wird kommen aber nicht dieses Jahr.
Ich bin überzeugt das es noch nicht ganz reicht da der Pessimismus in einigen Ländern noch zu hoch ist.
Nicht in den USA aber die können ja auch noch ihr Geld umschichten in die Schrottländer. Das wäre dann die Ausgangsposition für den grössten Crash aller Zeiten.
Alles nur Mainstream-Geschwätz, was ich hier in den Kommentaren lese. Martin Hüfner hat Recht: Wider dem Pessimismus. Oder nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt zur Quelle.
Short-Eindeckungen und buy backs dürften die Treiber dieser umsatzschwachen Rally gewesen sein. Der Zünder war die Kehrtwende der FED, ohne diese würde der S+P vermutlich bei 2000 Punkten stehen.
Die verrückten Gelddrucker befinden sich allerdings relativ kurz vor ihrer Entzauberung, der Gesichtsverlust wird kommen. Der US-Markt befindet sich nur noch in diesen luftigen Höhen aufgrund der Aktienrückkäufe, die zusammen mit den Dividenden ca. 80% der Gewinnverwendung der US-Firmen ausmachen. Man könnte von einem Selbstbedienungsladen reden, aus Vorstand, Ausichtsrat und Aktionär, bezahlen tut das bislang die Allgemeinheit über völlig ausufernde und exponentiell steigende Schulden, denn die Rückkäufe werden mit neuen Schulden finanziert.
9 Billionen US-Firmenschulden, 22 Billionen US-Staatsschulden und inzwischen 7 USD Kredit für 1 USD Wachstum, Verbraucher ebenfalls bis zum Anschlag verschuldet. Man muss wahrhaftig kein Hellseher sein um zu erkennen, dass der Ami das Ende der Schuldenorgie relativ zeitnah erreichen dürfte.
Marktrauschen
Kostolany hat mal geschrieben, ob Aktienkurse steigen oder nicht hängt allein vom Faktor Geld ab. Ist Geld da oder nicht. Alles Andere ist irrelevant.
Der Fuchs hatte Recht.
Traue keiner Unternehmensbilanz, die du nicht selbst gefälscht hast!
Von daher sind Konjunkturdaten und Unternehmensbilanzen obsolet.
Wer dies begreift, der verdient Geld am Aktienmarkt.
Der Rest kann sich ja bei Reuters einen Chip bestellen und ins Gehirn implantieren lassen. Damit er nicht verpasst, wenn in China irgendwo ein Sack Reis umfällt.
Vor allem, da die USA China in die Knie zwingen und die ersten Auswirkungen zu Tage tretten. Hat man noch fröhlich mit Russland zusammen den Petro Dollar unterwandert, so hat sich das in den letzten Wochen massiv geändert. China nimmt kein Öl mehr vom Iran ab und bei Venezuela wurde man auch immer leiser. Die Länder die mit China stark verflochtenen sind bekommen die Auswirkungen zu spüren. Im Januar wurden so viele Kredite aufgenommen wie nie zuvor in China. Und wie hoch das Wachstum wirklich ist weiß keiner.
der Konjunkturtiefpunkt dürfte noch lange nicht gesehen sein !!