Kommentar
10:12 Uhr, 26.11.2021

Wer jetzt noch mit Zinsschritten warten will...

…… hat nicht hingeschaut, was geschieht und riskiert eine geldpolitische Katastrophe.

Eine Meldung aus der vergangenen Woche hat nicht ganz die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdient hat. Vielleicht liegt es daran, dass Inflation nun schon länger ein Thema ist und sich der Sensationswert erschöpft. Wieder ein neuer Inflationsrekord? Langweilig.

Die Langeweile ist spätestens dann vorüber, wenn aus diesen Rekorden Chaos wird, geldpolitisches Chaos. Dieses ist nicht garantiert, wird aber immer wahrscheinlicher. Man muss sich inzwischen wirklich fragen, wieso Notenbanker dieses Risiko ohne Not eingehen. Je länger sie abwarten, desto riskanter wird es.

In Europa sind die Inflationsraten in den einzelnen Ländern unterschiedlich hoch, aber sie alles sind hoch. Deutschland bewegt sich auf den Nachkriegsrekord von 1950 zu (Grafik 1). Fairerweise muss man sagen, dass die Daten bis in die 70er Jahre nur auf Jahresbasis verfügbar sind. Gäbe es monatliche Daten aus dem Jahr 1950, wäre sogar ein leicht höherer Wert als die 18,7 %, die ausgewiesen werden, denkbar.


Ob nun der Rekord bei 18,7 % oder 20 % liegt, ist unerheblich. Wer bei der Preisentwicklung der letzten Monate nicht erkennt, dass die Schieflage enorm ist, muss blind, naiv oder verantwortungslos sein. Erzeugerpreise sind in ihrer Natur volatil. Auch nach dem Anstieg 1950 ging es plötzlich nach unten.

Darauf scheinen Notenbanker immer noch zu wetten oder zu hoffen. Das Umfeld ist heute nicht mit dem von damals zu vergleichen und schon jetzt ist absehbar, dass der Ausnahmezustand anhalten wird. Eine neue Corona- und Lockdownwelle in Europa und punktuell in Asien wird die Lieferketten kaum bei der Normalisierung unterstützten.

In den USA liegen immer mehr Schiffe vor den Häfen vor Anker. Die Zahl geht nicht zurück, sie steigt. Noch bevor eine Normalisierung überhaupt begonnen hat, droht die nächste Verschärfung.

Neue Maßnahmen wie Lockdowns verschärfen die Situation, da Konsumenten aus Mangel an Alternativen ihr Geld in den Güterkonsum stecken. Die zu hohe Nachfrage kann nicht bewältigt werden. Erst wenn Lockdowns endgültig hinter uns liegen, kann man mit 12-18 Monaten Verzögerung eine moderate Normalisierung erwarten.

Soll die Normalisierung schneller voranschreiten, gibt es keinen anderen Weg, als die Nachfrage zu dämpfen. Das heißt eine Abkühlung der Wirtschaft muss zugelassen werden. Notenbanken wollen das nicht. Sie sehen Vollbeschäftigung als Ziel. Auch Regierungen wollen keine Jobverluste wegen Lockdowns. Bis zu den nächsten Wahlen ist das nicht verziehen.

So bleibt die Geldpolitik zu locker und der Geldregen des Staates nimmt kaum ein Ende. Wer da auf eine schnelle Normalisierung der Inflationsrate setzt, hat Fantasie. So wird es kommen, wie es kommen muss. Notenbanken bleiben untätig und wachen dann viel zu spät auf. Eine Notbremsung wird eingeleitet, spätestens dann, wenn die Menschen wegen der Inflation auf die Straße gehen.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • mariahellwig
    mariahellwig

    Man muss doch nur die die stark gestiegenen Energiekosten rausrechnen...

    Die 4.Welle wird nächstes Frühjahr für eine Verschärfung der ohnehin schon sehr angespannten Liefersituation sorgen.

    12:17 Uhr, 26.11. 2021

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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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