Kommentar
16:16 Uhr, 29.03.2022

Wer irrt, Anleger oder Experten?

Würde der DAX entsprechend der Stimmung der Experten notieren, müsste er mindestens 2.000 Punkte tiefer stehen.

In den meisten Ländern wurden inzwischen die neuesten Konjunkturbarometer veröffentlicht. Ob es sich dabei um Einkaufsmanagerindizes oder Verbrauchervertrauen handelt, die Aussagen sind relativ eindeutig. Damit sind in den Indizes erstmals die Geschehnisse seit Ausbruch des Krieges enthalten.

Kurzfristig werden die Auswirkungen für begrenzt gehalten. Die Lagebeurteilung fällt im März schlechter aus als im Februar, doch von einem Einbruch kann man nicht sprechen. Geht es jedoch um den Ausblick, die Erwartungen, kommt es zu einem Crash, der an den Pandemiebeginn erinnert (Grafik 1 und 2).

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Dabei gibt es keinen wesentlichen Unterschied, egal wen man befragt. Unternehmen (ifo) und Experten von Banken, Versicherungen und Finanzabteilungen (ZEW) sehen die Entwicklungen ähnlich. Die Lage ist noch in Ordnung, die Aussichten haben sich rasant eingetrübt.

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Verbraucher teilen diese Einschätzung. Die Stimmung der Verbraucher in der EU fällt tief. Das Niveau, welches zu Pandemiebeginn erreicht wurde, ist greifbar. Überraschend ist der moderate Rückgang der Stimmung unter Einkaufsmanagern (Grafik 3). Die Werte trüben sich deutlich ein, doch von einem Crash kann nicht die Rede sein.

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Einkaufsmanagerindizes blicken ebenfalls in die Zukunft. Panik ist dort nicht zu erkennen. In Frankreich fiel der Einkaufsmanagerindex von 57,2 im Februar auf 54,8 im März. Werte über 50 signalisieren Wachstum. In der Eurozone ging es von 58,2 auf 57 Punkte nach unten. In Deutschland betrug der Rückgang sogar weniger als einen Punkt. Alles deutet auf weiteres Wachstum hin.

Diese Einschätzung passt besser zum aktuellen Marktgeschehen. Aktien haben sich schnell erholt. Die Panikreaktion in den meisten Stimmungsumfragen könnte sich als ebenso fehlerhaft wie zu Pandemiebeginn herausstellen. Möglicherweise hat die Gruppe von Einkaufsmanagern daraus gelernt und reagiert anders.

Es gibt auch eine andere Erklärung. Die Komponenten, aus denen sich der Einkaufsmanagerindex berechnet, beinhaltet auch den Faktor Lieferzeiten. Je länger die Lieferzeiten, desto höher der Index. Das hat bereits in den vergangenen beiden Jahren zu hohen Indexwerten geführt, jedoch aus den falschen Gründen. Lieferkettenprobleme sind nicht positiv.

Wer Recht hat, der Aktienmarkt und Einkaufsmanager oder Finanzexperten und andere Befragte aus Unternehmen, kann man noch nicht sagen. Momentan verhält sich die Stimmung und auch der Aktienmarkt fast exakt gleich zu März/April 2020. Auch die Politik reagiert nicht vollkommen anders. Keiner soll die negativen Folgen des Krieges zu spüren bekommen. Unternehmen können Kredite beantragen, Konsumenten sollen entlastet werden. Auch die Aufrüstung in Europa wird die Wirtschaft anschieben.

Trotzdem ist die Lage dynamisch. Neue Entwicklungen können die Einschätzung radikal verändern. Anleger sind den Stimmungsindikatoren voraus. Diese dürften im April wieder nach oben drehen, sofern sich keine neuen Entwicklungen ergeben. Tun sie es nicht, müssen Anleger über ihre Bücher.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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