Kommentar
00:00 Uhr, 15.04.2009

Wer im Glashaus sitzt – Steueroasen USA und UK!

Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen. Das kennen Sie ja sicherlich. Ich habe Ihnen schon des Öfteren geschrieben, dass Sie sich allerdings in einer komplexer gewordenen Welt von alten Floskeln und Parametern verabschieden sollten. Der Spruch „wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“ gilt also auch nicht mehr unbedingt, sondern sollte zumindest hinterfragt werden.

Wer im Glashaus sitzt kann mit Steinen werfen, wenn er Panzerglas hat!

Gerade die USA, aber auch Deutschland, Frankreich oder Großbritannien üben derzeit einen massiven Druck auf scheinbare „Finanzpolitische Schurkenstaaten“ aus. Aber gerade Länder wie die USA oder auch Großbritannien sitzen selbst in einem Glashaus, allerdings eben mit Panzerglas.

Britische Überseegebiete sind beispielsweise:

+ Anguilla

+ Bermudas

+ Britische Jungferninseln (British Virgin Islands)

+ Kaimaninseln (Cayman Islands)

+ Gibraltar

+ Turks- und Caicosinseln

Gebiete, die nur der britischen Krone unterstehen aber nicht dem Vereinigten Königreich sind beispielsweise:

+ Die Kanalinseln

+ Die Isle of Man

Das alles sind aber mehr oder weniger auch Steueroasen, vergleichbar mit Liechtenstein, der Schweiz oder Österreich über welche derzeit aber in den Diskussionen um eine Kooperation oder das Bankgeheimnis weit weniger geredet wird.

Wie sieht das ganze nun in der Praxis aus – Der Test des Politologen Jason Sharman

Mit einem überschaubaren Anlagekapital von 10.000 US Dollar, einem Internetzugang und seinem Führerschein versuchte Jason Sharman von der australischen Griffith Universität, in unterschiedlichen Ländern eine anonyme Briefkastenfirma zu gründen. Das Ergebnis ist dabei wohl für viele Laien verblüffend. Das entnehme ich einem Bericht des renommierten britischen Magazins „The Economist“.

Laut der „Empfehlung“ dieser Studie geht man nämlich mit seinem Schwarzgeld eben nicht in die „Böse Schweiz“ oder zu den „Piraten aus Liechtenstein“, sondern am besten nach Delaware oder Nevada. Das liegt beides übrigens in den USA.

Ihr dürft nicht, aber wir können und dürfen - USA

In Delaware beispielsweise kann man innerhalb weniger Stunden eine Briefkastenfirma mit ganz banalen Buchführungsvorschriften oder Rechnungslegungsvorschriften (limited reporting and disclosure requirements) gründen. Dies ist übrigens nicht nur über oftmals dubiose Internet-Gründungshelfer möglich. Selbst den offiziellen Internetseiten dieser US-Bundesstaaten sind diese Vorteile und Mindestanforderungen, sowie Gründungshilfen zu entnehmen. Jason Sharman testete dies in der Praxis und konnte sogar ohne Namensnennung eine Firma gründen.

Nevada steht neben Delaware ganz oben in der Gunst der „Steueroptimierer“ in den USA. Der Bundesstaat mit einer Gesamtbevölkerung von circa 2,6 Millionen Menschen ist der Unternehmenssitz von rund 400.000 Firmen. Jährlich kommen weitere 80.000 Unternehmensneugründungen hinzu. Die amerikanischen Steuerbehörden fanden nun – überraschenderweise - auch heraus, dass die Mehrheit der in Nevada registrierten Scheinfirmen bereits anderswo mit dem Gesetz in Konflikt kam.

Das System der US Corporations

Die Gründung einer Corporation ist in den USA Ländersache. Jeder Bundesstaat hat sein eigenes Gesetz (Corporation law). Diese Gesetze sind im Wesentlichen identisch, können sich aber beispielsweise in Fragen des Managements einer Corporation oder steuerrechtlicher Fragen erheblich unterscheiden. Möglich sind Gesellschaften von Alabama über Florida und Montana bis hin zu Wyoming. Der gängigste Bundesstaat ist dabei sicherlich Delaware.

Das Beispiel der US Corporations als Steuersparmodelle

Es ist nicht unbedingt bekannt, dass Amerika für Ausländer quasi ein Steuerparadies geworden ist. Die U.S. Corporation Einkommensteuer (Federal Corporate Income Tax) für aktive Corporationen beträgt beispielsweise nur 15% bei Nettogewinnen bis zu 50.000 US Dollar. Die Steuer steigt dann progressiv an bis zum Höchstsatz von 34%. Erst nach Nettogewinnen von 10 Millionen US-Dollar geht es auf „humane“ 36% Steuerbelastung. Es gibt in einigen US-Bundesstaaten keine Körperschafts-, Umsatz-, Vermögens-, Mehrwert- oder Gewerbesteuer.

Diese Steuervorteile betreffen allerdings nur Steuern (Federal Taxes) der U.S. Bundesregierung. Einzelne Bundesstaaten haben jedoch außerdem noch zusätzliche Steuerbedingungen. Diese kann man aber beispielsweise mit einer zusätzlichen Adresse im (landes)einkommensteuerfreien Nevada vermeiden. Wenn Sie bedenken, dass eine Aktiengesellschaft beispielsweise in Deutschland für ihre Nettogewinne teilweise über 50% Einkommensteuer zahlen muss neben der Gewerbesteuer, dann sind die US-Steuersätze sehr attraktiv und natürlich auch verlockend.

17 fiktive und praxisnahe, aber erfolgreiche Anfragen

Nicht nur in den USA lässt sich eine anonyme Briefkastenfirma sehr einfach gründen laut der Recherche von Jason Sharman. Der Politologe führte seinen Test insgesamt 45 mal durch und war in 17 Fällen mit seinem Anliegen erfolgreich. 13 mal übrigens in OECD-Ländern, also in Mitgliedstaaten der Dach-Organisation, die in den letzten Jahren den größten Druck auf die Schweiz oder Liechtenstein als vermeintliche Steueroasen aufgebaut hat.

Großbritannien – Das Steueroasen Empire

In Großbritannien gelang es Jason Sharman bei seinem Test eine Firma in 45 Minuten über das Internet zu gründen, die Aktienzuteilung vorzunehmen sowie die nötigen Organe zu bestimmen. Die Kosten betrugen dabei lediglich 515 englische Pfund, umgerechnet also ungefähr 600 Euro. Sharmans Fazit dabei war, das alles sehr einfach war, weil vieles anonym bleibt.

In einigen Ländern genügte beispielsweise eine Kopie des Führerscheines, welche er als PDF-Dokument via Email an die zuständigen Stellen sandte.

USA – schlechter als Somalia!

Im Gegensatz dazu wurde Sharman in der Schweiz aufgefordert, zahlreiche, notariell beglaubigte Dokumente einzureichen. Für Sharman ist nach seinem Experiment klar: Manche OECD-Länder haben wesentlich laschere Richtlinien bei der Gründung einer anonymen Briefkastenfirma als die einschlägig bekannten Steueroasen. Aus seiner Sicht schneiden vor allem die USA am schlechtesten ab vor allem noch schlechter als Somalia.

Mein Fazit

Gerade die USA haben Ihre Oasen im eigenen Land, dadurch können Sie natürlich leicht Druck ausüben auf andere Länder. Auch Großbritannien als ehemalige Kolonialmacht hat zumindest Steueroasen-Altlasten in seinem Empire historisch implementiert.

Diese Zusammenhänge – welche ich hier gar nicht negativ würdigen möchte – sollte man nur beachten und auch bewerten, wenn man mit dem nackten Finger auf souveräne, freiheitliche und liberale Staaten wie Liechtenstein oder die Schweiz zeigt.

Für mich gilt, wie es Guido Westerwelle so schön gesagt hat: Das Problem sind nicht die (Steuer)Oasen, sondern die (Steuer)Wüsten drumherum.

Autor: Markus Miller

Markus Miller ist diplomierter Vermögensmanager mit langjähriger Erfahrung bei renommierten international tätigen Privatbanken. Der Finanzexperte ist Gründer und Herausgeber der Internet Informations- und Businessplattform GEOPOLITICAL.BIZ

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