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15:59 Uhr, 05.07.2004

Wer hat Angst vor steigenden Zinsen?

Die US-Notenbank hat die Zinswende eingeleitet. Aktieninvestoren fürchten sich vor deutlich steigenden Leitzinsen. Die Analyse vergangener Zinserhöhungszyklen zeigt allerdings, dass Aktien in der Regel bereits wenige Monate nach der ersten Zinserhöhung wieder moderat zu steigen beginnen.

Wir haben in den zurückliegenden 40 Jahren sechs Zinserhöhungsphasen identifiziert. Besonders kräftig hat die US-Notenbank ihre Zinsen Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre erhöht. Damals galt es, die durch Ölkrisen und lockere Geldpolitik in die Höhe geschossene Inflation unter Kontrolle zu bringen. Nachdem dies gelungen war, reichten in den 90er Jahren geringere Zinserhöhungen aus, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Besonders behutsam erhöhte die Fed den Leitzins Ende der 90er Jahre. Damals wollte sie verhindern, dass der Überschwang an den Aktienmärkten auf die Realwirtschaft übergreift und die Inflation anheizt.

Erst seitwärts, dann moderat steigend

So unterschiedlich Gründe und Ausmaß der Zinserhöhungen waren, so unterschiedlich reagierten die Aktienmärkte. So stieg der S&P500- Aktienindex, getrieben von der allgemeinen New-Economy-Euphorie, unbeeindruckt weiter, obwohl die Fed im Frühjahr 1999 die Zinsen zu erhöhen begann. Ähnliches war vor dem Aktienmarktcrash im Herbst 1987 zu beobachten. Es gab aber auch Zeiten, in denen die Aktienmärkte unter steigenden Zinsen litten. So verlor der S&P500 in den ersten Monaten nach der Zinswende vom Frühjahr 1971 vorübergehend bis zu 10%; ähnlich hohe Verluste gab es, als die Fed im Frühjahr 1977 die Zinsen zu erhöhen begann. Im Durchschnitt aller sechs Zinssteigerungszyklen haben sich die Aktienkurse in den ersten sechs Monaten nach der Zinswende seitwärts entwickelt, wobei zu beachten ist, dass die Marktteilnehmer aufgrund eindeutiger Signale der Fed bereits durchschnittlich drei Monate vor der ersten Leitzinserhöhung mit steigenden Zinsen rechnen und entsprechend reagieren. Die Zinswende findet also nicht am Tag der ersten Leitzinserhöhung, sondern schon früher statt.

Sechs Monate nach der Zinswende (bzw. drei Monate nach der ersten Leitzinserhöhung) setzte an den Aktienmärkten aber in der Regel eine Erholung ein, und bis zum Ende des Zinssteigerungszyklus haben Aktienanleger in fünf der sechs Fälle Gewinne verbucht. Als die Leitzinsen zwischen Herbst 1986 und Frühjahr 1989 von 6% auf 10% stiegen, legten Aktien sogar mehr als 30% zu - trotz des Börsencrashs im Herbst 1987. Nur einmal haben Anleger über einen gesamten Zinserhöhungszyklus hinweg Geld verloren: Das war im Winter 1973/74, als just gegen Ende des 1971 begonnenen Zinssteigerungszyklus die erste Ölkrise ausbrach. Damals war der Ölpreis von zwei Dollar auf über zehn Dollar hochgeschossen, ein prozentualer Anstieg, der die Rohölverteuerung der letzten Monate um ein Vielfaches übertraf.

Anleger gewöhnen sich an steigende Zinsen

Die Analyse zeigt: Wenn die Fed eine Zinswende einleitet, sorgen sich die Anleger häufig darum, dass die höheren Leitzinsen das Wachstum der

Wirtschaft und der Unternehmensgewinne einbrechen lassen - die Aktienkurse schwanken stark, im Schnitt stagnieren sie. Nach sechs Monaten hat man sich aber offenbar an steigende Leitzinsen gewöhnt. Die Anleger erkennen, dass die Entscheidungen der Notenbanken den Unternehmensgewinnen nicht schaden - und die Kurse erholen sich. Die Zeit der ersten Ölkrise eingerechnet, haben Aktien in Phasen steigender Leitzinsen durchschnittlich 5,2% Rendite erbracht. Das ist deutlich weniger als in Zinssenkungsphasen, liegt aber eindeutig im positiven Bereich.

Und heute?

Die Fed hat mehr als einmal deutlich gemacht, dass sie die Zinsen maßvoll und nicht aggressiv anheben wird. Sie will auf keinen Fall das Wachstum der US-Wirtschaft, die seit Jahresanfang endlich wieder Arbeitsplätze schafft, zum Stillstand bringen. Die Zinsen werden also nur so stark steigen, wie es notwendig ist, um die Inflation niedrig zu halten. In einem solchen Umfeld sollte es den US-Unternehmen weiter gelingen, ihre Gewinne zu steigern. Das werden die Anleger wahrnehmen. Die Zinssorgen werden allmählich an Gewicht verlieren, und die Aktienkurse werden wie in zurückliegenden Zinssteigerungsphasen moderat steigen. Drei der sechs Monate, in denen sich Aktien im Umfeld einer Zinswende im Durchschnitt seitwärts bewegen, liegen bereits hinter uns. In unseren gemischten Portfolios bleiben Aktien bis auf weiteres zu Lasten von Anleihen übergewichtet.

Quelle: Invesco

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