Kommentar
08:39 Uhr, 28.05.2015

Wenn Konzerne Steuern vermeiden...wer will das nicht?

Für Politiker ist es klar: die Wurzel allen Übels sind Unternehmen, die Steueroasen nutzen. So einfach ist es aber nicht.

Um eines gleich vorweg zu nehmen: Unternehmen sollen ihre Steuern zahlen. Die teils mit allergrößtem Aufwand betriebene Steueroptimierung ist absurd. Da werden mitunter Holdingstrukturen aufgebaut, die komplexer sind als theoretische Physik. Über Intragruppengeschäfte und Lizenzgebühren werden Gewinne dorthin verschoben, wo sie am wenigsten versteuert werden. Das ist alles legal. Moralisch ist es das nicht unbedingt.

Für Politiker ist das ein gefundenes Fressen. Sie haben ein Thema, an dem sie sich unermüdlich auslassen können. Bis zu einem gewissen Grad haben sie auch Recht, wenn sie sich über die Unternehmen beklagen, die de facto keine Steuern zahlen. Mit ziemlich guten Gewissen kann man sagen, dass es nicht fair ist, wenn ein Unternehmen keine Steuern zahlt. Was aber heißt schon fair?

Grafik 1 zeigt eine Auswahl an Ländern mit ihren Unternehmenssteuersätzen. Diese Steuersätze sind von der Wirtschaftsprüfung KPMG berechnete, effektive Steuersätze, die Unternehmen in den jeweiligen Ländern theoretisch zahlen sollten. Die Steuersätze reichen von 0% (Bermuda) bis zu 55% in den Vereinigten Arabischen Emiraten. International kann man nicht gerade behaupten, dass Einigkeit darüber besteht, was fair ist.

Als Unternehmen fragt man sich natürlich schon, wieso man in den USA drei Mal so viel Steuern zahlen soll wie in Irland. Es ist ja nicht gerade so, dass die Infrastruktur oder die Ausbildung in den USA so viel besser sind. Zudem wird in den USA ein Großteil der Kosten für Bildung von den Studenten und Familien selbst getragen und nicht vom Staat.

Staaten begründen die Steuern mit Leistungen, die sie erbringen. Dazu gehören Infrastruktur, Gesetze, Rechtssicherheit und die Ausbildung von Menschen. In den meisten Industrieländern sind die Standards vergleichbar. Zumindest aber kann man nicht sagen, dass die Lage in den USA so viel besser ist, um den dreifachen Steueraufwand zu rechtfertigen.

Man kann da bis zu einem gewissen Grad schon verstehen wieso Unternehmen ihre Steuerlast minimieren wollen. Betrachtet man die größten US Steuerzahler, dann lässt sich das noch besser nachvollziehen. Grafik 2 zeigt jene Unternehmen die 2014 und in den zurückliegenden 5 Jahren die meisten Steuern gezahlt haben. Exxon zahlte von 2010 bis 2014 über 125 Mrd. an Steuern, im Durchschnitt also 25 Mrd. pro Jahr. Exxon hat damit fast 1% der gesamten, staatlichen Washingtoner Steuereinnahmen in den USA geschultert. Würde man alle Einkünfte auch der Gemeinden usw. hinzuzählen, dann wären es immer noch gut 0,5%.

Exxon zahlt im mehrjährigen Durchschnitt die Steuern, die es auch zahlen soll (40% Steuersatz). Bei vielen anderen Unternehmen ist das nicht der Fall. Der durchschnittliche US Steuersatz für Unternehmen liegt bei 40%. Dieser Steuersatz beinhaltet die bundesweite Steuer von 35% und lokale Abgaben. Für die USA als Land ergibt sich so laut KPMG ein Satz von 40%. Die meisten Unternehmen liegen darunter.
Unter den großen Steuerzahlern liegt der Steuersatz für Microsoft und IBM mit gut 20% am niedrigsten. Die Vermutung, dass hier etwas mehr optimiert wird als anderswo ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Das gelingt je nach Jahr unterschiedlich gut. Grafik 3 zeigt die Gesellschaften mit ihren Gewinnen und Steueraufkommen über die letzten 5 Jahre. Sieht man von Unternehmen wie Apple und Wal Mart ab, dann sind die Steuersätze jedes Jahr komplett anders. Bei einigen Unternehmen ändert sich der Steuersatz von Jahr zu Jahr um 10 oder 20 Prozentpunkte.

In solchen Fällen dürften Politiker anfangen Fragen zu stellen. Wie eingangs erwähnt, sie tun das nicht vollkommen zu Unrecht. Bei effektiven Steuersätzen von durchschnittlich über 30% kann man jedoch nicht sagen, dass die Unternehmen den Staat und die Gesellschaft berauben. An irgendeinem Punkt muss auch einmal Schluss sein. Der Staat stellt mit Steuern einen Anspruch auf einen Gewinnanteil. Ein Gewinnanteil steht ihm grundsätzlich zu, weil er auch indirekt zum Unternehmensgewinn beiträgt. Der Staat stellt ja unter anderem Infrastruktur zur Verfügung. Ohne diese hat noch kein Unternehmen Gewinn gemacht.

Wie hoch der Anspruch des Staates sein sollte, darüber kann und muss man streiten. Persönlich zweifle ich daran, dass die Steuern, die in den meisten Ländern erhoben werden, fair sind und eine gerechte Kompensation für den Beitrag des Staates darstellen. Die meisten Industrieländer stellen ähnliche gute Rahmenbedingungen zur Verfügung, die Steuern aber divergieren stark. Da drängt sich die Vermutung auf, dass manche Staaten deutlich ineffizienter sind als andere.
Insofern ist ein gewisser Steuerwettbewerb sinnvoll. Würden alle immer absolut gehorsam die höchsten Steuersätze zahlen, dann hätten Staaten weder Anreiz noch Druck einigermaßen effizient mit Geldern umzugehen.

Die Kehrseite der Steueroptimierung von Unternehmen: Firmen haben die Ressourcen, ihre Steuern zu optimieren, Privatpersonen haben das nicht. Entgehen dem Staat durch die Optimierung von Unternehmen Steuern, dann ist es illusorisch anzunehmen, dass der Staat effizienter wird. Viel eher holt er sich das Geld dann bei denen, die sich der Steuer nicht entziehen können. Das ist der normale Bürger.

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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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