Kommentar
15:00 Uhr, 16.03.2009

Wenn das Mittelmaß mit der Barriere spielt

Zertifikate-Anleger kennen die Durchschnittsbildung, auch asiatische Ausübung genannt, in erster Linie von den Garantie-Produkten her, wo dieses etwas günstigere Ausstattungselement nicht zuletzt in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Volatilitäten bei der Gestaltung der Optionskomponente eingesetzt wird, um zumindest akzeptable Partizipationsraten oder noch verträgliche Laufzeiten zu ermöglichen. Dies führt zu einer Glättung, die sich zwar auf steigende Kurse des Basiswertes in der Regel negativ, auf der anderen Seite aber bei kontinuierlich fallenden Märkten oder starken Einbrüchen kurz vor Laufzeitende durchaus positiv auswirken kann.

Darüber hinaus findet das „Asianing“ aber auch Verwendung bei der reinen Optimierung des Ein- oder Ausstiegs einzelner Produkte. Die Commerzbank bietet mit dem Medio Bonus-Zertifikat auf den Euro STOXX 50 jetzt erstmals auch ein Papier an, bei dem die Gefahr einer Zerstörung der zugrundeliegenden Bonus-Struktur nicht mehr durch einzelne Kursausschläge des Basiswertes während der Laufzeit heraufbeschworen werden kann, sondern sich stattdessen nach einer monatlichen Durchschnittsbildung richtet. So steht bei dem 18-monatigen Produkt der für das „Knocken“ maßgebliche Kurs erst am Laufzeitende als arithmetisches Mittel von ebenso vielen monatlich festgehaltenen Indexständen fest.

Diese auf den ersten Blick etwas seltsam anmutende Vorgehensweise hat einen ganz bestimmten Hintergrund: Die äußerst schwankungsintensive Kursentwicklung seit dem Beginn der Finanzmarktkrise. So hätte sich der Euro STOXX 50 in den vergangenen 18 Monaten von einem Niveau im September 2007 bei aus heutiger Sicht noch kaum vorstellbaren 4.295,99 Punkten bis zum Stichtag im Januar 2009 in etwa halbiert und die Struktur eines vergleichbaren „normalen“ Bonus-Zertifikates mit einem 30-prozentigen Puffer längst kapitulieren müssen. Anders das neue Medio-Bonus-Papier der Gelben. Denn hier hätte die Durchschnittsglättung im gleichen Zeitraum nur ein Minus von zehn Prozent zugelassen und die Struktur damit fast wie von Geisterhand gerettet. Das ganze „Gezeter“ über das schlechte Abschneiden der einst so beliebten Bonus-Fraktion wäre mit dieser Variante wohl ausgeblieben. Nur konnte die katastrophale Entwicklung an den Märkten kaum jemand ernsthaft voraussehen und hinterher ist bekanntlich jeder klüger, was die „Genialität“ des neuen Bonus-Produkts auch wieder relativiert.

Wer mit einer ähnlich spektakulären Underperformance in den nächsten eineinhalb Jahren rechnet und sich dabei vor entsprechend großen Kursausreißern nach unten fürchtet, kann bei dem „Medio-Bonus“ mit einer festen Rendite von indikativ zehn (mindestens jedoch sieben) Prozent rechnen, wenn der Durchschnittskurs der Barriere standhalten sollte. Versagt auch das „Asianing“ am Ende seinen Dienst und kommt es trotzdem zum Schwellenereignis, könnte die Rendite zumindest theoretisch sogar noch höher als zehn Prozent ausfallen, da in diesem Fall nur noch die tatsächliche Index-Entwicklung bei Fälligkeit den Rückzahlungskurs bestimmen würde. Ein wohl etwas sehr konstruiertes Szenario, müsste doch der während der Laufzeit lange Zeit stark abgetauchte Basiswert dafür am letzten Stichtag wieder steil wie Phönix aus der Asche emporgestiegen sein.

Der BörseGo Tipp:
Ob sich die neue mehr auf Sicherheit getrimmte, dafür allerdings deutlich intransparentere Bonus-Variante am Markt durchsetzen kann, erscheint zumindest zweifelhaft, sollte sich die Lage an den Finanzmärkten in den nächsten Monaten wieder etwas entspannen. Auch ließe sich alternativ dazu auf dem aktuell schon relativ niedrigen Niveau über ein herkömmliches Deep-Bonus-Papier, das über einen Puffer von mehr als 50 Prozent verfügt, eine vergleichsweise deutlich höhere Rendite erzielen.

Euro STOXX 50 Medio Bonus-Zertifikat
Emittent/WKN: Commerzbank / CZ23Z7
Laufzeit: 21.10.2010
Preis: (in Zeichnung: 09.03.09-03.04.09) Ausgabepreis: 100 € (zzgl. 1 € Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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