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08:17 Uhr, 26.01.2018

Weltwirtschaft auf Hochtouren

2018 wird nach Einschätzung von Emiel van den Heiligenberg, Head of Asset Allocation bei LGIM, ein Wachstumsjahr.

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London (GodmodeTrader.de) - Wir erwarten 2018 ein weiteres starkes Wachstumsjahr, in dem die Weltwirtschaft auf Hochtouren läuft. Da der Markt diesen Optimismus allerdings schon eingepreist hat, ist er anfälliger für mögliche Enttäuschungen. Das Niedrigzinsumfeld wird sich im Jahr 2018 wahrscheinlich fortsetzen. Zwar könnten die Zinsen etwas steigen, doch ein Ende der Anleihemärkte ist unserer Meinung nach nicht in Sicht, wie Emiel van den Heiligenberg, Head of Asset Allocation bei LGIM, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Das globale Wachstum sei 2017 ausgeprägter und stärker verbreitet gewesen als in den vergangenen Jahren. „Die Unternehmensinvestitionen sind gestiegen und in den Industrieländern ging die Arbeitslosigkeit zurück, der Lohn- und Inflationsdruck blieb jedoch weitgehend aus. Dieses Umfeld ermöglichte es den Zentralbanken, ihre expansive Geldpolitik einzuschränken. Zudem bewahrheiteten sich die Sorgen der Schwellenländer nicht. Die Kapitalabflüsse haben sich umgekehrt und das Wachstum hat sich stabilisiert“, so van den Heiligenberg.

Getragen von stärkerem Wachstum seien die Vermögenswerte durchweg stark geblieben und fast alle Aktienmärkte hätten zweistellige Renditen erzielt. „Nach beinahe neun Jahren ununterbrochener Aktienmarktgewinne spricht vieles dafür, dass die Rally sich ihrem Ende nähert“, sagt van den Heiligenberg. „Eine lange Erfolgsserie alleine ist jedoch kein Grund zu der Annahme, dass eine Korrektur bevorsteht. Wenn die Lohninflation auf dem aktuell niedrigen Niveau verharrt und sich das Wachstum nicht verlangsamt, erwarten wir auch 2018 ein gutes Jahr für den Aktienmarkt.“

Im Euroraum dürfte sich die positive Wachstumsdynamik fortsetzen. „Viele Kennzahlen haben in den vergangenen Monaten konstant positiv überrascht. Trotz eines rapiden Rückgangs der Arbeitslosigkeit scheint der Lohn- und Inflationsdruck gedämpft zu bleiben“, so van den Heiligenberg. Die Geldpolitik reagiere hier besonders empfindlich auf Warnzeichen. Jedwede Änderung der Forward Guidance der Europäischen Zentralbank (EZB) oder des weiteren Vorgehens beim Ankauf von Vermögenswerten dürfte sich als disruptiv erweisen. 2018 werde demnach nicht das Jahr sein, in dem das Experiment der Negativzinsen zu Ende gehe. „Im Vergleich zu alternativen Märkten sehen wir den Euro negativ, die Aussichten für in Euro denominierte Vermögenswerte sind jedoch positiv“, sagt van den Heiligenberg. „Die größten Chancen sehen wir bei europäischen Aktien. Die starke Weltwirtschaft sollte dem Gewinnwachstum zugutekommen und die Bewertungen bieten Aufwärtspotenzial. Die Renditeaussichten für europäische Unternehmensanleihen sind hingegen gering.“

Die britische Wirtschaft habe sich im Laufe des Jahres 2017 verlangsamt. Die Realeinkommen seien unter Druck geraten, der Brexit-induzierte Rückgang des Pfunds habe sich bemerkbar gemacht. „Damit steht Großbritannien im deutlichen Gegensatz zum übrigen Europa, wo sich das Wachstum im Laufe des Jahres beschleunigt hat“, sagt van den Heiligenberg. „Der Immobilienmarkt hat sich ebenfalls abgekühlt, und es besteht weiterhin die Gefahr einer ernsthafteren Korrektur an den Märkten, sollte sich die Stimmung verschlechtern.“ Die Ungewissheit rund um den Brexit bremse die Unternehmensinvestitionen, was auch in diesem Jahr anhalten dürfte. „Wir erwarten jedoch weiterhin, dass eine Übergangsregelung gefunden wird.“ Dennoch müsse auch die Möglichkeit keiner Einigung oder einer Neuwahl stets berücksichtigt werden. „Die Brexit-Verhandlungen werden wahrscheinlich bis in den März 2019 angespannt bleiben. Wir sind jedoch der Meinung, dass beide Seiten einen Anreiz haben, ein disruptives Schisma mit ihrem größten Exportpartner zu vermeiden.“

Die globale Produktion habe 2017 dank einer Erholung des Welthandels an Fahrt aufgenommen. „Zusätzlich hat die Umkehr der Kapitalabflüsse die starke Performance der Aktien-, Schulden- und Währungsmärkte der Schwellenländer gestützt“, sagt van den Heiligenberg. „Die weltweite Nachfrage dürfte in diesem Jahr anziehen und auch die Binnennachfrage könnte sich positiv entwickeln.“ Die Konsumausgaben hätten sich insbesondere in Brasilien und Russland verbessert. Auch Teile von Zentral- und Osteuropa wüchsen rasant und die Aussichten für Indien sollten sich in Folge der dortigen einschneidenden Reformen verbessern, heißt es weiter.

„Die größte und wichtigste Unbekannte im Bereich der Emerging Markets ist wie üblich China“, sagt van den Heiligenberg. Die Industrieaktivität scheine sich hier abzuschwächen. Dies stehe im Einklang mit der jüngsten Erhöhung der inländischen Zinsen sowie mit dem Bemühen der Behörden, das exponentielle Kreditwachstum abzuschwächen. „Angesichts des alarmierenden Anstiegs der Verschuldung Chinas in den vergangenen Jahren könnte die Anstrengung, die Verschuldung zu reduzieren, mittelfristig eine positive Entwicklung sein.“ Es bestehe jedoch die Gefahr, dass sich die Wirtschaft in naher Zukunft stärker als erwartet verlangsamen könne, da die Finanzierungsmöglichkeiten knapper würden, heißt es weiter.

„Wir sind insgesamt optimistisch hinsichtlich der Aussichten für Schwellenländeranleihen. Bei Aktien hingegen lassen wir 2018 taktische Vorsicht walten, wenn auch nicht extrem. Diese Positionierung wird sich im Laufe des Jahres weiterentwickeln, wenn wir aufkommende Risiken und potentielle Auslöser für Korrekturen identifizieren. Das Risiko einer Korrektur wird sich wesentlich erhöhen, wenn sich die Wirtschaft in eine spätere Phase des Zyklus bewegt“, so van den Heiligenberg.

„Wir behalten die politischen Entwicklungen weiterhin im Blick“, sagt van den Heiligenberg. Die Außenpolitik von US-Präsident Trump könne sich jederzeit protektionistischer gestalten. Zudem könnten Neuverhandlungen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) mit Kanada und Mexiko bevorstehen. Konflikte in Asien oder im Nahen Osten könnten zudem den insgesamt guten makroökonomischen Hintergrund negativ beeinflussen. Der europäische Wahlkalender sei 2018 mit den italienischen Wahlen im Frühjahr vergleichsweise ruhig. „Dafür steht Lateinamerika im Fokus der Politik, da in Mexiko, Brasilien, Kolumbien und Venezuela Präsidentschaftswahlen stattfinden werden“, so van den Heiligenberg.

Das größte politische Risiko des neuen Jahres stehe jedoch möglicherweise nicht im Kalender: „Vor dem Nationalkongress im vergangenen Oktober gab die chinesische Regierung das Motto der ‚Stabilität um jeden Preis‘ aus. Das könnte für 2018 bedeuten, dass sich die Regierung stärker auf die Bewältigung der strukturellen Probleme – die hohe Verschuldung, die Umweltzerstörung und das verlangsamte Wachstum – konzentrieren wird“, sagt van den Heiligenberg. Die Verlagerung der politischen Schwerpunkte könnte kurzfristig entsprechende Abwärtsrisiken bergen.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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