Kommentar
07:32 Uhr, 13.07.2016

Wechselkurse: Was die Schweiz und China verbindet

China und die Schweiz könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein. Die Probleme sind auch ganz andere. Trotzdem haben sie mehr gemein als man vielleicht glaubt.

Die Herausforderungen der Schweiz und Chinas könnten fast nicht unterschiedlicher sein. Das ist nicht nur heute so, sondern seit jeher. Zu unterschiedlich sind die zwei Wirtschaften, doch seit einigen Monaten, wenn nicht sogar Jahren, zeigen sich interessante Parallelen.

Die Parallelen haben vor allem mit dem Wechselkurs zu tun. Auf lange Sicht (Grafik 1) haben die Wechselkurse der beiden Währungen gegenüber dem Dollar nichts, aber auch wirklich gar nichts miteinander zu tun. Die Probleme sind auch zu unterschiedlicher Natur. Die Schweiz kämpft gegen eine Aufwertung der Währung, China muss eine zu starke Abwertung des Yuan verhindern.

So unterschiedlich die Ziele der Wechselkurspolitik sind, so ähnlich ist doch das Ergebnis – und zwar nicht erst seit gestern. Grafik 2 zeigt einen Ausschnitt der Wechselkurshistorie. Praktisch lassen sich seit 2006 große Ähnlichkeiten erkennen.

Der Franken war zwar bis 2011 eine grundsätzlich frei konvertierbare Währung, auch wenn die Schweizer Notenbank (SNB) immer wieder intervenierte, doch unterm Strich sieht der Kursverlauf dem des Yuan ungemein ähnlich. Über die Hintergründe kann man nur spekulieren, das dafür sehr trefflich.

Nach jahrelanger Aufwertung des Yuan hat China 2014 damit begonnen den Yuan abzuwerten. Das soll einerseits die Wirtschaft in ihrer Übergangsperiode zu mehr Konsumorientierung stützen, andererseits will China zu einem freien Wechselkursregime übergehen. Letzteres bedingt, dass der Kurs der Währung auch gegenüber dem Dollar nicht mehr stabil oder absolut vorhersehbar sein kann.

Ende 2015 begann China den Yuan gegenüber einem Währungskorb zu managen und den Kurs gegenüber diesem Korb mehr oder minder stabil zu halten. Da der Dollar zeitweise stark aufwertete, musste der Yuan gegenüber dem Dollar schwächer werden, um einen stabilen Kurs gegenüber dem Währungskorb zu garantieren.

Die Schweiz muss sich gegen eine zu starke Aufwertung des Franken wehren. Sie interveniert daher auf dem Devisenmarkt, indem sie Franken verkauft und Anlagen in anderen Währungen kauft. Das unterscheidet die SNB Operationen erheblich von denen der PBOC (People’s Bank of China). Diese muss immer wieder intervenieren, damit der Yuan nicht zu schnell abwertet. Sie kauft also Yuan.

Das Ergebnis ist trotz der unterschiedlichen Interventionsrichtungen das gleiche. Beide Währungen werten gegenüber dem Dollar in Wellen ab. Die SNB hat grundsätzlich keinen Zielkurs des Franken gegenüber einer anderen Währung. Als wichtigster Handelspartner gilt jedoch die Eurozone und daher ist der Franken/Euro Kurs von großem Interesse.

Auch wenn der Eurokurs für die Schweiz wichtiger ist als der Dollarkurs, scheint die SNB eine Politik zu verfolgen, die den Franken gegenüber dem Dollar anpasst – je nachdem, wohin sich der Euro bewegt. Das Äquivalent zum Währungskorb, den China verwendet, um den Yuan zu managen, ist für die Schweiz der Euro. Adjustiert wird allerdings über den Dollar. Das ist zumindest der Eindruck, den man gewinnen kann.

In den vergangenen Wochen wurde weltweit wieder heftig interveniert. Die Schweiz musste auf den Brexit reagieren. Andere Länder, wie etwa Brasilien, intervenierten, weil ihnen die Aufwertung ihrer Währung zu schnell ging. Das ist schon eine merkwürdige Zeit. Noch vor kurzem sorgte sich Brasilien, dass der Real ins Bodenlose fallen könnte. Nun wird interveniert, um die Aufwertung zu stoppen. Verrückt.

Wie dem auch sei, nachdem viele Zentralbanken ihre Währungen im vergangenen Jahr stützen mussten und so die Devisenreserven aufzehrten, können sie nun intervenieren und dabei Devisenreserven wieder aufbauen. Die Schweiz leidet bestimmt nicht unter Devisenknappheit. Grafik 3 zeigt die Entwicklung der zwei größten Aktivposten der Bilanz. Die Devisenanlagen sind mehr oder minder die Summe, die über Interventionen angehäuft wurde.

Als der Mindestkurs Anfang 2015 aufgehoben wurde wollte die SNB eigentlich verhindern, dass die Bilanz der Notenbank noch weiter außer Kontrolle gerät. Das Vorhaben ist ganz offensichtlich gescheitert. Die Bilanz wächst weiter in atemberaubenden Tempo. Einige Notenbanker sehen das mit Sorge und fürchten um die enormen Risiken, die in der Bilanz angehäuft werden.

Die Risiken wachsen natürlich, da auf die Devisenanlagen Verluste anfallen können. Solange die SNB ihren Kurs jedoch beibehält generieren die Devisenanlagen Gewinne. Die SNB kann Geld drucken und Assets in anderen Ländern kaufen, die eine Rendite abwerfen. Das ist eine komfortable Situation und die Historie hat immer wieder gezeigt: Wenn sich das Blatt einmal wendet, kann man gar nicht genug Devisenreserven haben.

Bis auf weiteres werden die Schweiz und China wohl eine ähnliche Politik betreiben. Auf den ersten Blick scheint diese vollkommen unabhängig zu sein. Auf den zweiten Blick ist die Wechselkursentwicklung gegenüber dem Dollar schon etwas zu auffällig.

Clemens Schmale

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Sehr interessant an Ihrem Beitrag ist, das bildlich dargestellt wird wie zentral wichtig die Steuerung der Wirtschaft über die Währungspolitik für die genannten Länder ist, um auf unterschiedlcihe Ausgangslagen flexibel zu reagieren.

    Und genau das macht der Euro unmöglich. Für die einen zu stark, für die anderen zu schwach und was einigen Ländern in der Eurozone hilft, schädigt zeitgleich anderen, insbesondere da es keine Art des Länderfinanzausgleichs gibt.

    Die "Hilfe" im Euro kommt auch nicht dort an wo Sie benötigt wird, sondern fliesst zwangsläufig in die sowieso stärksten Wirtschaften. Diese wiederum konkurrieren dann auf dem Weltmarkt, konkurrenzfähiger, genau mit den Wirtschaften denen ein schwacher Euro helfen würde Ihre Produkte abzusetzen (wenn nicht zeitgleich "die Anderen" wären).

    08:39 Uhr, 13.07.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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