Kommentar
00:00 Uhr, 08.12.2008

Was wird zum Wort oder auch Unwort des Jahres gewählt? Finanzkrise? Subprimepapiere?

Erwähnte Instrumente

Ich bin eher für Rettungspakete, besonders da Weihnachten vor der Tür steht. Und die Weihnachtsmänner in den Regierungen und Notenbanken sind wirklich fleißig, was das Schnüren dieser Pakete angeht. Praktisch alle Staaten weltweit, die dazu fiskalisch in der Lage sind, legen Konjunkturprogramme auf. Der wiederauflebende Keynesianismus war ja lange Zeit völlig verpönt, insbesondere in den Mutterländern des wirtschaftlichen Liberalismus, Großbritannien und USA. Im Angesicht des Zusammenbruches besinnt man sich neu.

Einige Vorschläge sind sinnvoll, andere meiner Ansicht nach fehl am Platz. So ist eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer in Zeiten fallender Preise absolut nicht nötig, während eine dauerhafte Erniedrigung der Einkommensteuer immer sinnvoll ist. Beides erhöht zwar die reale Kaufkraft, aber wegen der Geldillusion bevorzugen die Menschen steigendes Einkommen gegenüber sinkenden Preisen (abgesehen vom administrativen Aufwand, den eine nur temporäre Senkung der MWSt mit sich bringt). Bei der direkten Förderung von Unternehmen muss man besonders vorsichtig sein. Grundsätzlich ist ganz davon ganz abzuraten. In Extremsituationen, wie wir sie sicherlich gerade erleben, muss insbesondere nach einem Kriterium vorgegangen werden: Ist das Unternehmen/die Branche alleine überlebensfähig, wenn die Krise vorüber ist?

Es wäre z.B. unverantwortlich, prinzipiell hochprofitable Industrieperlen wie BMW pleite gehen zu lassen. Aber ob man eine notorisch defizitiäre Qimonda dagegen retten soll? Es ist ja gerade das immanente Problem der Chipbranche, dass es zu viele Hersteller gibt, damit ständig Überkapazitäten und sinkende Preise bei gleichzeitig sehr schnellen Innovationszyklen – eine mörderische Kombination, die man nicht auch noch durch Subventionen befeuern sollte.

Der Verlust von Arbeitsplätzen ist immer bedauerlich, aber wenn man da nicht aufpasst landet man geradewegs in der Verstaatlichung der halben Republik. Ein gefährlicher Weg, auf den sogar das kapitalistische Musterland USA gerät. Der Umgang mit den Detroiter Autobauern wird gleich zur ersten Bewährungsprobe für den neuen Präsidenten Obama. Immerhin soll die Staatshilfe an einen massiven Forderungsverzicht der Gläubiger gekoppelt werden (die Aktionäre sind ohnehin schon völlig ausgeblutet), was in den Auswirkungen schon nahe an eine Lösung in der Insolvenz gleichkommt. Wie auch immer man vorgeht, ein Ergebnis steht fest: Um einen massiven Arbeitsplatzabbau kommt man nicht herum, wenn man eine Lösung erarbeiten will, die auch dauerhaft tragfähig ist.
In Deutschland hat sich unterdessen mit Norbert Walter, Chefsvolkswirt der Deutschen Bank, der erste Experte mit einer echten Hiobs-Prognose an das Land gewandt – und die Kanzlerin adressiert. Um 4% könnte das BIP ohne massive Stützung in 2009 einbrechen – so etwas hat es lange nicht gegeben. Um mal kurz in die viel zitierte Weltwirtschaftskrise ab 1929 zurückzugehen: Da sackte das BIP (in den USA) um rund ein Drittel zusammen, die Preise fielen in der Deflation über Jahre im Schnitt um 8% p.a. Soweit wird es diesmal nicht kommen – denn die USA haben sich ganz massiv für eine Politik der Inflationierung entschieden. Aber auch diese Krise wird in die Geschichte eingehen.

Daniel Kühn - Redaktionsleitung http://www.tradersjournal.de und CFD&Forex-Report

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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