Kommentar
08:48 Uhr, 16.01.2017

Was wird aus der Banken-Rally?

Vergangenen Freitag war Tag der Wahrheit für US-Banken. Die größten drei öffneten ihre Bücher. Trotz hoher Erwartungen waren die Zahlen gut.

Die Berichtssaison für das vierte Quartal und Gesamtjahr 2016 hat begonnen. Traditionell sind die Großbanken unter den ersten, die ihre Zahlen vorlegen. Diese wurden mit besonders hoher Spannung erwartet, da vor allem Bankaktien seit der Wahl Trumps zum Präsidenten massiv zulegen konnten.

Die Kurse der drei Großbanken JP Morgan, Bank of America und Wells Fargo konnten seit der Wahl zwischen 20 % und 35 % zulegen. Allein bei diesen drei Banken wurden dadurch mal eben so 166 Mrd. Dollar an Marktkapitalisierung geschaffen. Zusammen bringen sie nun mehr als 800 Mrd. Dollar Kapitalisierung auf die Waage.

So mancher Beobachter fragt sich da, ob die Fantasie nicht mit den Anlegern durchbrennt. Unter Trump dürften zwar die Inflation und Zinsen weiter steigen, aber das ist nicht ausschließlich Grund zur Freude. Höhere Zinsen bedeuten zwar höhere Margen, doch es bedeutet auch, dass das Volumen weniger stark wächst. Je höher die Zinsen sind, desto weniger Menschen können sich einen Kredit leisten, an dem die Banken verdienen.

Höhere Zinsen sorgen auch für höheres Risiko. Je höher und vor allem auch je schneller die Zinsen steigen, desto eher kommen Kreditnehmer in Bedrängnis. Banken müssen sich darauf einstellen, dass sie wieder mehr Rückstellungen für faule Kredite bilden müssen.

Anleger scheint all das nicht zu stören. Sie sind begeistert. Ganz aus der Luft gegriffen ist die Begeisterung nicht. Grafik 1 zeigt die Gewinnentwicklung der drei Großbanken. Sie haben 2016 so viel Gewinn erwirtschaftet wie noch nie. Der Gewinn ist im Vergleich zum Jahr 2007 um satte 62 % gestiegen.


Nun sind nicht nur die Gewinne gestiegen, sondern auch die Marktkapitalisierungen. Diese liegen heute 65 % höher als 2007. Bankaktien sind heute also so hoch bewertet wie vor dem akuten Ausbruch der Krise. Das zeigt wie viel Fantasie in den Kursen nun schon drinsteckt.

Fundamental sind Bankaktien in den USA inzwischen am Limit. Historisch gesehen waren sie selten höher bewertet. Das mag bei KGVs im Bereich von 12 bis 14 merkwürdig erscheinen, ist aber tatsächlich so. Bankaktien erreichen in guten, normalen Zeiten keine nachhaltig höheren Bewertungen.

Kurz- bis mittelfristig können Fundamentaldaten irrelevant sein. Wohin die Kurse in diesem Zeitraum gehen, beantworten eher die Technik und das Sentiment und nicht so sehr die Fundamentaldaten. Technisch sieht die Sache kurzfristig eigentlich klar aus. Wie ein US-Analyst Ende letzter Woche feststellte, bildet sich zwischen Aktienkursen und dem RSI (Relative Strength Index) eine negative Divergenz. Bankaktien dürften kurzfristig eher für Rückgänge anfällig sein.

Mittelfristig sieht die Sache wieder anders aus.

Auf Basis von 10 Banken (JP Morgan, Bank of America, Wells Fargo, Citigroup, US Bancorp, PNC Financial, BBT, Northern Trust, SunTrust, Regions Financial) mit der Gewichtung des Dow Jones Banken Index lässt sich ein Index für eine längere Historie konstruieren. Auf Wochenbasis sieht der RSI ebenfalls stattlich und überkauft aus.

Die längere Historie zeigt jedoch, dass hohe Ausreißer im RSI für gewöhnlich nicht das Ende einer Rally, sondern den Anfang bedeuten. Das war z.B. 1995 und dann wieder 2003 der Fall. In den 90er Jahren verdreifachten sich die Kurse nach einem raschen Anstieg des RSI über mehrere Jahre hinweg. Zwischen 2003 und 2007 kam es immerhin zu einem Anstieg von 50 %.

Zusammengefasst kann man sagen: kurzfristig ist die Luft draußen, mittelfristig hat die Rallye erst begonnen und langfristig betrachtet sind Bankaktien kurz davor überbewertet zu sein. Jetzt blind in den Trend einzusteigen ist vermutlich nicht die richtige Strategie.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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