Kommentar
08:48 Uhr, 02.10.2015

Was ist denn mit dem Markt los?

Gestern Party, heute Kater. So einfach lässt sich der Markt derzeit beschreiben. Vorgestern wurden konjunkturstützende Maßnahmen in China gefeiert, gestern werden moderate Wirtschaftsdaten als Anlass für Gewinnmitnahmen genutzt.

Wirtschaftsdaten sind ein gutes Stichwort. Dabei geht es nicht nur um China, sondern vielmehr um die USA. Die USA geben letztlich noch immer den Ton vor. Steigen die US Märkte, dann steigen auch andere Märkte weltweit. Geht es in den USA bergab, dann wird der Trend andernorts übernommen. Keine Wirtschaft ist so ausschlaggebend für die Weltbörsen wie die US-amerikanische Börse.

Die US Börse befasst sich vor allem mit Themen, die den Heimatmarkt betreffen. Krisen außerhalb der USA werden wahrgenommen und können kurzfristig für höhere Volatilität sorgen. Mittel- bis langfristig gehen Krisen in anderen Teilen der Welt an dem Markt spurlos vorüber. So wichtig China inzwischen für die Welt ist, es reicht noch lange nicht an die USA heran.

Die enorme Wichtigkeit der USA hängt nicht nur mit der Größe der Wirtschaftskraft zusammen. Es ist auch der Überhang an Importen gegenüber den Exporten, der die USA zum Wachstumsmotor für die Welt macht. Würde China keine Waren mehr importieren, dann wäre das für Rohstoffexporteure ein Desaster, keine Frage, doch in westlichen Ländern wie Frankreich oder eben den USA würde es lediglich für eine vernachlässigbare Wachstumsdelle führen.

Wie geht es nun der wichtigsten Wirtschaft der Welt? Seit gestern wissen wir: es geht ihr gut. Gestern wurden die Transportindizes für den US Markt veröffentlicht. Grafik 1 zeigt zwei Transportindizes, das Bruttoinlandsprodukt sowie den S&P 500. Alle 4 Zeitreihen laufen parallel, wobei das BIP recht schwerfällig ist. Viel wichtiger ist auch die Vorlaufindikatorfunktion der Transportindizes.

Insgesamt gibt es zwei Indizes, einen für Güter- und einen für Personentransport. Der Personenindex zeigt die Entwicklung des Transportaufkommens in städtischen Bereichen (Pendler), Bewegungen zwischen Städten und Flugaufkommen. Der Güterindex beinhaltet den Warentransport auf der Straße, der Schiene, auf dem Wasser, durch Pipelines und Luftfracht.

Das Transportaufkommen ist einer der zuverlässigsten Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung überhaupt. Schwächt sich das Wachstum ab, dann wird weniger transportiert. Glauben Menschen an einen Abschwung, dann reisen sie weniger usw. Wachstum und Transportaufkommen laufen Hand in Hand. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird auch dem Dow Jones Transportation Index eine Vorlauffunktion zugesprochen.

Der Dow Jones Transportation steht momentan ebenso unter Druck wie alle anderen Aktienindizes auch. Es wird einfach abverkauft und die Schwäche der Transportaktien sagt weniger über den wirklichen Zustand der Wirtschaft aus. Diesen kann man nur anhand realer Daten messen. Das sind keine real-time Daten (die Transportindizes haben eine Latenz von knapp 2 Monaten). Man darf aber auch nicht vergessen, dass die reale wirtschaftliche Entwicklung nicht von heute auf morgen eine 180° Wende macht. Das braucht häufig viele Monate.

Anhand von Wachstumszahlen wird häufig erst nach Ende einer Rezession festgestellt, dass es überhaupt eine Rezession gab. Bevor irgendjemand merkt, dass sich ein eindeutiger, wirtschaftlicher Abwärtstrend bildet, ist er häufig schon wieder vorbei. Der schnellste und zuverlässigste Indikator ist das Transportaufkommen und dieses zeigt keine Spur von Krise.

In den Daten zeigt sich die Verlangsamung des Wachstums der USA im ersten Quartal. Inzwischen hat sich die Lage nicht nur entspannt, sondern deutet eine klare Expansion an. Dass Aktien deutlich vor den Transportindizes kippen ist selten. Es passiert für gewöhnlich in Korrekturen und nicht Bärenmärkten. Der Aktienmarkt bewegt sich gerade auf einen Bärenmarkt zu. Grund dafür gibt es makroökonomischer Sicht nicht. Trotzdem sind Marktteilnehmer verunsichert. Die Unsicherheit allein ist ausreichend, um zu verkaufen. Persönlich bestärkt mich dies in der Ansicht einer lang ausgedehnten Korrektur bzw. eines milden Bärenmarktes ohne großen wirtschaftlichen Abschwung in den USA.

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Ragazzo
    Ragazzo

    Die Grafik des Transportindex sagt wenig über die gegenwärtige Lage, weil er viel zu langfristig, nämlich ab Januar 90 , angelegt ist. Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen, wenn er ins Minus dreht, wo sich der zeitlich voran schreitende S&P bereits befindet. Alle Ampeln stehen auf gelb.

    09:08 Uhr, 02.10.2015

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten