Kommentar
09:00 Uhr, 16.10.2018

Was geschieht am Aktienmarkt? Ein neuer Erklärungsversuch

Irgendetwas hat Anleger verschreckt. So viel ist sicher. Aber was war es? Waren es die Zinsen, der Handelskonflikt, der Iran, alles zusammen?

Zuerst hieß es, dass die Zinsentwicklung den Aktienmarkt in die Knie gezwungen hat. Daran habe ich gezweifelt. Dann waren es plötzlich die Realzinsen, die dem Markt zu schaffen machten. Auch das halte ich für wenig stichhaltig, da auch die Realzinsen immer noch historisch niedrig sind. War es also vielleicht der Handelskrieg?

Auch das ist nicht so einfach zu sagen. Eigentlich war es in den letzten Tagen an dieser Front ungewöhnlich ruhig. Trotzdem ist da möglicherweise mehr dran, als man auf den ersten Blick vermutet. In den USA gibt es nämlich ein Phänomen, das ungewöhnlich ist.

Dieses Phänomen ist in der Grafik dargestellt. Sie zeigt das Verhältnis der Volatilität der Large Caps (VIX) zur Volatilität der Small Caps (RVX). Im Normalfall sind Small Caps volatiler als Large Caps. Das Verhältnis ist daher kleiner 1.

Das lässt sich so erklären, dass Small Caps eben klein sind – wie der Name schon sagt. Es ist einfacher, eine große Kursbewegung bei einem Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 5 Mrd. zu bewirken als bei einem Unternehmen mit einer Kapitalisierung von 200 Mrd.

Das ist ein Unterschied. Ein anderer ist die Reichweite der Unternehmen selbst. Large Caps, die im S&P 500 gelistet sind, erzielen 45 % ihres Umsatzes im Ausland. Für Unternehmen, die im Russell 2000 gelistet sind, liegt der Umsatzanteil des Auslandes bei weniger als 20 %. Small Caps sind also weniger stark von der globalen Konjunktur abhängig als Großunternehmen.

Die US-Konjunktur hat sich in der Vergangenheit häufig als robuster erwiesen als im Rest der Welt. Läuft es global weniger rund, sind US-Small Caps eine gute Wette. Sie sind weniger stark betroffen.

Der Handelskonflikt belastet die Weltkonjunktur und trifft so manches Großunternehmen direkt. Small Caps sind da mehr oder minder fein raus. Sie können mit ihrem Fokus auf die Binnenkonjunktur aus der Distanz zuschauen. Entsprechend müsste man erwarten, dass sie auch weniger von der Unsicherheit an der Börse betroffen sind.

Da die Volatilität des S&P 500 im Vergleich zum RVX relativ hoch ist, kann man diese Vermutung durchaus aufstellen. Es ist ein Phänomen, das sich in Korrekturen und Bärenmärkten immer wieder zeigt. Der VIX ist in solchen Phasen im Verhältnis ungewöhnlich hoch. Jetzt haben wir wieder eine solche Situation.

Für mich leitet sich daraus folgendes ab: Anleger sind über die Weltkonjunktur besorgt. Diese Sorgen gelten für die US-Binnenkonjunktur weniger. Ob dies Sorgen über die Weltkonjunktur vom Handelskonflikt getrieben sind, sei dahingestellt.

Die Zinsen sind es jedenfalls nicht. Hier sind Small Caps viel stärker betroffen als Large Caps, die sich im Ausland noch immer zu historisch niedrigen Zinsen mit Geld versorgen können. Small Caps können das nicht und sind dem höheren Zinsniveau in den USA stärker ausgesetzt.

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2 Kommentare

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  • Hajolu
    Hajolu

    " Für Unternehmen, die im Russell 2000 gelistet sind, liegt der Umsatzanteil des Auslandes bei weniger als 20 %. Small Caps sind also weniger stark von der globalen Konjunktur abhängig als Großunternehmen".......

    .......wer nun aber glaubt,der Russell laeuft deswegen ruhiger ,als der sonst so behaebige S&P, kann ja mal lostraden..........

    11:49 Uhr, 16.10. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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