Kommentar
06:31 Uhr, 17.10.2014

Was für ein Problem hat die Fed eigentlich?

Auf diese Frage fallen einem sicherlich viele Antworten ein. Dabei ist die aktuelle Lage eigentlich gut: Arbeitslosigkeit sinkt, Neuverschuldung geht zurück, die Wirtschaft wächst und die Inflation ist niedrig.

Im Großen und Ganzen könnte man hinter jeden dieser Punkte einen Haken machen. Ohne Zweifel ist der Aufschwung an vielen vorbeigegangen und die Armut ist weiterhin hoch. In diesen Punkten ist aber vor allem die Politik gefragt und nicht so sehr die Notenbank. Sie hat so ziemlich alles getan, was sie konnte. Trotzdem ist sie nicht zufrieden. Aktuell stößt sich die Fed an der Dollaraufwertung und der damit einhergehenden niedrigen Inflation.

Ein starker Dollar macht Importe günstiger. Es könnte dazu kommen, dass mehr heimische Produkte durch billigere Importe ersetzt werden. Das wäre langfristig problematisch. In der heimischen Wirtschaft würden ab einem gewissen Zeitpunkt Arbeitsplätze abgebaut, weil die Produktion im Inland immer weniger ausgelastet ist. Bis zu diesem Punkt ist es noch ein sehr weiter weg. In den vergangenen Dollaraufwertungsrunden gab es Tendenzen dazu. Es hat die Wirtschaft allerdings nicht in die Knie gezwungen.

Wenn die Unternehmen und die Politik richtig reagieren, dann kann man auch mit einer starken Währung viel Erfolg haben. Das haben Deutschland und die D-Mark viele Jahre lang bewiesen. Bequemer ist es natürlich einfach die Währung zu manipulieren. Mittelfristig hilft das, langfristig kann auch eine schwache Währung mangelnde Wettbewerbsfähigkeit durch geringe Produktivität nicht ausgleichen.

Das alles sind Punkte, die die Fed sicherlich unter Beobachtung hat. Sie stößt sich allerdings vor allem an der niedrigen Inflation. Verständlich ist das nur bedingt. Etwas Besseres als Wirtschaftswachstum bei niedriger Inflation gibt es für die Menschen gar nicht. Das Problem an niedriger Inflation ist der Schuldenabbau. Je höher die Inflation, desto schneller geht der Schuldenabbau. Ob ein schwacher Dollar substantiell zu höherer Inflation beitragen kann, sei dahingestellt. Die USA importieren Waren von ungefähr 2 Bio. USD pro Jahr. Würde der Dollar um 10% abwerten, dann werden diese Güter um 10% teurer. Amerikaner müssten dann theoretisch für die gleiche Gütermenge 1,2% des Bruttoinlandsproduktes mehr für die Einkäufe im Ausland ausgeben.

Praktisch ist es viel weniger. Die Fed selbst hat ein Paper zu dem Thema veröffentlicht, in dem sie selbst davon ausgeht, dass 10% Dollarabwertung die Inflation um 0,4% bis 0,7% steigern könnte. Um die Inflation anzuheizen, müsste der Dollar also massiv abwerten.

Hinzu kommt noch, dass Inflation und Abwertung besonders in Bezug auf Rohstoffe gilt. Bis vor kurzem haben die USA noch um 400 Mrd. USD pro Jahr Öl importiert. Der Betrag hat sich fast halbiert. Das allein hat schon einen enormen deflationären Effekt. Zusätzlich führt die US-Ölproduktion zu sinkenden Weltmarktpreisen für Öl. Auch das ist deflationär. Die USA wollen Inflation, sorgen durch ihren Ölrausch aber selbst eher für deflationäre Tendenzen.

Zusammenfassen kann man sagen: die Fed wird über ein bisschen Zinspolitik die Inflation nicht steigern können. Inflation könnte in den USA vor allem durch Lohnsteigerungen entstehen. Das ist nun aber wirklich nicht Fed Sache....

Der Schuldenabbau muss wahrscheinlich ohne Inflation stattfinden. Die Chancen stehen dafür momentan ganz gut. Man fragt sich, was für ein Problem die Fed eigentlich noch hat. In den vergangenen 60 Jahren lag die durchschnittliche Neuverschuldung bei 3,22% des BIPs pro Jahr. Für das Fiskaljahr 2014 liegt der Wert aller Voraussicht nach bei 2,8%. Das ist immer noch deutlich über dem langjährigen Durchschnitt seit Beginn der Datenreihe im Jahr 1790 und deutlich über dem Durchschnitt bis zum Zweiten Weltkrieg. Trotzdem ist es ein guter Anfang. Das jährliche Defizit kann, sofern keine neue Rezession stattfindet, auf unter 2% der Wirtschaftsleistung sinken. Wächst die Wirtschaft dann mit zumindest 2% oder 2,5%, dann erledigt sich der Schuldenberg fast von selbst. Bei 3% Inflation ginge der Abbau deutlich schneller vonstatten, aber auch unter den aktuellen Voraussetzungen sollte der Abbau gelingen.

Was-für-ein-Problem-hat-die-Fed-eigentlich-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-1

Der Wunsch nach Inflation ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Persönlich bin ich nach wie vor der Meinung, dass es nichts Besseres für die Menschen gibt als Aufschwung bei niedriger Inflation. Aufschwung bei hoher Inflation geht vor allem an den ärmeren der Gesellschaft vorbei oder verschärft deren Situation sogar noch.

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3 Kommentare

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  • pptop
    pptop

    ​Mal eine Frage. Wie kann man davon ausgehen in einem Finanzsystem wo alles Geld nur aus Schulden besteht das Schuldenproblem in den Griff zu bekommen?

    10:33 Uhr, 17.10. 2014
  • Berni74
    Berni74

    Danke für den sehr guten Beitrag. Ich vermute die Fed möchte die Wettbewerbsfähigkeit anderer Länder weiter Schwächen deshalb wird der Dollar schwach geredet und wenn Sie die Zusammensetzung der Fed sehen dann wird klar das die Leute aus den Großbanken gerne weiter mit dem billigen anlegen wollen. ...

    07:29 Uhr, 17.10. 2014
  • Berni74
    Berni74

    07:22 Uhr, 17.10. 2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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