Kommentar
10:10 Uhr, 18.05.2022

Was die Kursrückgänge am Aktienmarkt bisher nicht korrigiert haben

Seit 2008 wurde jede Krise bekämpft, indem die Geldmenge erhöht wurde. Um das zu korrigieren, reicht der bisherige Kursrückgang nicht.

Die Geldmenge ist für den Aktienmarkt wichtiger als das Zinsniveau. Zinsen spielen eine Rolle, allerdings ist die Korrelation von Aktien und Zinsen tendenziell positiv. Die Zinsen steigen, wenn die Wirtschaft wächst. In diesem Umfeld wachsen auch Unternehmensgewinne und die Kurse steigen.

Zugegeben, diese Logik gilt derzeit nur eingeschränkt. Die Zinsen werden erhöht, um Inflation zu bekämpfen und nicht, weil sich das Wirtschaftswachstum beschleunigt. Steigende Zinsen belasten den Markt. Noch belastender ist jedoch die drohende Bilanzsummenverkleinerung der US-Notenbank.

Schrumpft die Bilanzsumme, ist absehbar, dass die Überschussreserven zurückgehen werden. Überschussreserven sind Geld, welches Banken bei der Zentralbank parken. Vereinfacht gesagt ist es Geld, welches nicht unbedingt benötigt wird. Je höher die Überschussreserven, desto mehr Liquidität gibt es, die nicht weiß, wohin sie soll.

Ein Überschuss an Liquidität rechtfertigt höhere Bewertungen am Aktienmarkt. Nun stehen wir vor einer Trendumkehr, der größten seit Jahrzehnten. Noch liegen die Überschussreserven bei knapp 4 Billionen Dollar. Von immanenter Knappheit kann man nicht sprechen, doch am Aktienmarkt wird nicht eingepreist, was ist, sondern was sein wird und das ist Liquiditätsentzug.

Seit 2008 stieg die Liquidität global immer weiter an. Die Fed reduzierte die Bilanzsumme zwar vor wenigen Jahren, gleichzeitig kauften die EZB und Bank of Japan jedoch weiter fleißig Anleihen. Global stieg die Liquidität weiter an. Nun, nach 12 Jahren Liquiditätsschwemme kommt es zu einem globalen Liquiditätsentzug. Fast alle machen mit. Neben der Fed reduzieren auch die Bank of Canada, die australische und neuseeländische Notenbank sowie die Bank of England ihre Bilanzsumme. Die EZB wird ab Juli keine Anleihen mehr kaufen und die Bank of Japan kauft ohnehin nur noch sporadisch Wertpapiere.

Die Liquiditätsflut hat Vermögenswerte aufgebläht, darunter den Aktienmarkt. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung der USA hat der US-Aktienmarkt gerade erst ein frisches Allzeithoch erreicht (Grafik 1). Da Unternehmen am Ende Teil der Wirtschaft sind und nicht ewig schneller wachsen können als die Gesamtwirtschaft, ist das Verhältnis von Bedeutung. Es hat aber Schwächen.


Es sagt auch wenig über die Beziehung von Aktien und Liquidität aus. Die Geldmenge, der wir zum Teil für den Bullenmarkt danken können, ist in den vergangenen Krisen rasant gestiegen. Im Verhältnis zur US-Wirtschaftsleistung hat sich die Geldmenge (M2) von weniger als 50 % auf fast 100 % verdoppelt (Grafik 2).

Das letzte Mal war die Geldmenge zum Ende des Zweiten Weltkrieges höher. Damals finanzierte die Notenbank den Krieg mit. Bringt man nun Geldmenge und Aktienmarkt zusammen, zeigt sich wie hoch der Aktienmarkt relativ zur Geldmenge bewertet ist (Marktkapitalisierung dividiert durch Geldmenge, Grafik 3).

Bei dieser Sichtweise ist der Markt immer noch hoch bewertet, allerdings nicht so hoch wie im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Dennoch ist erkennbar, dass der Liquiditätsexzess noch lange nicht abgebaut ist. Dafür reicht der bescheidene Kursrückgang der vergangenen Wochen nicht.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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