Kommentar
09:00 Uhr, 24.06.2010

Was das Finanzamt zu ETFs und ETCs sagt

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  • Gold
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Die meisten Bücher, die in Deutschland veröffentlicht werden, drehen sich um Steuern. Das ist gerade hier zu Lande ein weites Feld. Grund genug, einmal bei Sebastian Meinhardt von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nachzufragen, wie sich Steuern zu ETFs und ETCs verhalten.

Welche ETFs fallen unter die Abgeltungsteuer?

Meinhardt: Alle Aktien- und Renten-ETF sollten zunächst der Abgeltungsteuer unterfallen und zwar unabhängig davon, ob diese voll replizierend oder aber swap basiert investieren. Bei anderen ETF wie z. B. auf Gold kann diese Frage nicht pauschal beantwortet werden. Diese ETF unterfallen nur dann der Abgeltungsteuer, wenn der ETF auch für steuerliche Zwecke als Fonds oder als Schuldverschreibung qualifiziert, was nicht immer der Fall ist.

Mit Blick auf die Körperschaftssteuer – für welche institutionellen Anleger entfällt diese und welche ETF-Struktur ist da besser, die voll-replizierende Variante oder die swap-basierte?

Meinhardt: Auch für institutionelle Anleger gilt bei ETF wie anderen Investmentfonds das Transparenzprinzip, das heißt der institutionelle Anleger soll grundsätzlich so besteuert werden, als wenn er die Anlagegegenstände direkt gehalten hätte. Hinsichtlich der Besteuerung von Aktien-ETF’s gilt zunächst: Für körperschaftsteuerpflichtige institutionelle Investoren (Kapitalgesellschaften) kommt bei direkt gehaltenen Aktien auf Dividendenerträge und Aktienveräußerungsgewinne und –verluste die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 und 5 KStG zur Anwendung, d.h. diese Einkünfte sind im Ergebnis zu 95% steuerbefreit. Dies gilt entsprechend bei einem ETF für thesaurierte (einbehaltene) Dividendenerträge des ETF. Für sonstige betriebliche Anleger als Kapitalgesellschaften werden 40% dieser Einkünfte steuerbefreit.

Veräußert der Anleger seinen ETF-Anteil oder gibt diesen an die Fondsgesellschaft zurück, so ist ein dabei erzielter Veräußerungs- bzw. Rücknahmegewinn bei Kapitalgesellschaften insoweit de facto zu 95% steuerbefreit, wie er auf den besitzzeitanteiligen Aktiengewinn des Anlegers entfällt. Der Aktiengewinn des Anlegers reflektiert die in seinem Gewinn aus dem Fondsanteil enthaltenen steuerlich begünstigten Einkünfte, soweit diese noch nicht auf Ebene des Anlegers steuerpflichtig waren. Voraussetzung für die Berücksichtigung des Aktiengewinns ist, dass der ETF die Aktiengewinnwerte bewertungstäglich berechnet und bekannt macht.

Voll replizierende ETF sowie swap-basierte ETF unterscheiden sich nun darin, dass nur bei voll replizierenden ETF die steuerbegünstigten Einkünfte (Dividenden und Aktienveräußerungsgewinne und –verluste) in etwa den steuerpflichtigen Einkünften entsprechen, die ein Anleger erzielt hätte, wenn er die im Index des ETF enthaltenen Aktien direkt gehalten hätte. Denn dieser ETF hält selbst unmittelbar das Aktienportfolio des Index. In diesem Fall wird sich der Aktiengewinn, der das steuerliche „Begünstigungspotential“ für diese Anleger darstellt, entsprechend der Performance des ETF entwickeln.

Ganz anders kann das aussehen, wenn es sich um einen swap-basierten Aktien-ETF handelt. In diesem Fall investiert der ETF sein Vermögen in ein so genanntes Dummyportfolio, das in der Regel verschieden ist zu den im Index enthaltenen Aktien. Die Performance des swap-basierten ETF entspricht dennoch dem Index, da der ETF die positive wie negative Wertentwicklung dieses Dummyportfolios durch einen sogenannten Total Return Swap in die Performance des Index tauscht.

Jedoch wird auch in diesen Fällen der Aktiengewinn des Fonds auf Basis der tatsächlich gehaltenen Aktien im Dummyportfolio ermittelt. Während sich bei voll replizierenden ETF folglich Performance und Aktiengewinn synchron entwickeln, ist dies bei swap-basierten ETF nicht der Fall. Vergleicht man die steuerliche Wirkung des swap-basierten ETF dann mit dem Direkthalten der Aktien des Index, so kann sich dies steuerlich positiv, aber auch negativ auswirken.

Im Extremfall kann es daher dazu kommen, dass sich der institutionelle Anleger zwar über eine positive Wertentwicklung des Index und damit auch des ETF freut, dann jedoch feststellen muss, dass sich das Dummyportfolio negativ entwickelt hat und ein negativer Aktiengewinn zu einem steuerlich schlechteren Ergebnis führt. Dieser Fall kann allerdings auch umgekehrt auftreten, das heißt aufgrund einer positiven Wertentwicklung des Dummyportfolios und einer negativen Entwicklung des Aktienindex kann das steuerliche Ergebnis besser sein als das Veräußerungsergebnis aufgrund der reinen Wertentwicklung des Zielindex.

Beim vollständigen replizierenden ETF kann dieser Effekt nicht auftreten, da es in diesem Fall nur ein einziges Aktienportfolio gibt, dessen Wertentwicklung gleichzeitig auch den steuerlichen Aktiengewinn bestimmt.

Erwähnt sei noch, dass diese steuerlichen Effekte i.d.R. keine Bedeutung haben bei Renten-ETF, da in diesem Fall der Veräußerungsgewinn stets vollumfänglich steuerpflichtig ist. Auch bei Privatanlegern kann dieser steuerliche Effekt grundsätzlich nicht auftreten, da der Aktiengewinn bei Privatanlegern keine Bedeutung hat.

Welche Steuervorteile haben swap-basierte ETFs?

Meinhardt: Wie bereits ausgeführt kann das steuerliche Ergebnis bei swap-basierten ETF besser aber auch schlechter sein als der Veräußerungsgewinn aus den ETF selbst.
Daneben kann sich bei swap-basierten ETF ein Steuerstundungseffekt ergeben, da ETF in der Regel keine Ausschüttungen vornehmen. Swap-basierte ETF können die Zusammensetzung des Dummyportfolios aktiv managen, weil sie nicht statisch in die Aktien des zugrunde liegenden Index investieren müssen. Folglich können Dividenden vermieden werden, was bei einem voll replizierenden ETF nicht der Fall ist. Ähnliche Effekte sind eingeschränkt auch bei swap-basierten Renten-ETF möglich. Bildet der ETF beispielsweise einen Index aus Bonds mit hohem Zinscoupons ab, kann ein swap-basierter Ansatz günstiger sein, da in diesen Fällen z. B. in Wertpapiere mit geringeren steuerpflichtigen Zinserträgen investiert werden kann und deren Performance anschließend wieder in die Zielperformance getauscht wird.
Bestimmte Erträge sind in diesen Fällen dann nicht jährlich durch die Anleger zu versteuern, sondern sie werden erst bei Rückgabe/ Veräußerung des ETF-Anteils steuerlich erfasst.

Welche Steuervorteile haben voll replizierende ETFs?

Meinhardt:
Bei voll replizierenden ETF entspricht das steuerliche Ergebnis weitgehend dem, das der institutionelle Anleger im Fall der Direktinvestition erzielt hätte. Dies muss jedoch nicht immer vorteilhaft sein.

Was muss ich bei ausländischen Aktien beachten – welche ETF-Form ist da günstiger? Welche besonderen Steuerrabatte gibt es für welche ETF-Struktur?
Meinhardt:
Werden ausländische Aktienindizes repliziert, so kann zur Vermeidung von Quellensteuerverlusten ein swap-basierter ETF steuerlich günstiger sein. Auf Dividenden ausländischer Aktien wird im ausländischen Staat oftmals eine Quellensteuer einbehalten. Auch wenn diese Quellensteuer zum Teil auf die sich beim institutionellen Investor ergebende Steuer anrechenbar ist und teilweise auch erstattet wird, so ist die Vermeidung einer solchen Steuer fast immer besser als eine komplizierte Anrechnung beziehungsweise eine langwierige Erstattung.

Wie wirken sich die unterschiedlichen Hauptsitze der Anbieter aus?

Meinhardt:
Das Domizil des ETF hat Auswirkungen auf den Quellensteuereinbehalt und eine mögliche Erstattung dieser Steuern, insbesondere bei Dividenden. Denn die Erstattung richtet sich nach den Doppelbesteuerungsabkommen, die der Domizilstaat mit dem Staat aus dem die Aktien stammen abgeschlossen hat. Handelt es sich um einen nationalen Aktienindex wie zum Beispiel den DAX oder den schweizerischen SMI, so ist es oftmals vorteilhaft, wenn der ETF auch in diesem Staat aufgelegt wird.

Wie werden Dividendenerträge bei unterschiedlichen ETF-Strukturen behandelt?

Meinhardt:
Bei vollständig replizierenden ETFs sind die Dividendenerträge jährlich auf Ebene des Anlegers zu versteuern. Die Dividenden, von denen noch anteilig die Verwaltungskosten des ETF abgezogen werden können, sind auf Ebene von Kapitalgesellschaften de facto zu 95%, bei anderen betrieblichen Anlegern zu 40% steuerbefreit. Bei swap-basierten ETF fallen in der Regel keine Dividendenerträge an.

Was muss ich bei Short- und Hebel-ETFs aus steuerlicher Sicht beachten?

Meinhardt:
Short- und Hebel-ETF setzen in hohem Maße Derivate ein, so dass die Performance hauptsächlich aus Termingeschäftsgewinnen und –verlusten resultiert. Der Veräußerungsgewinn des Investors ist dann insoweit voll steuerpflichtig, allerdings werden auch Verluste entsprechend anerkannt.

Physisch hinterlegte ETCs beziehunsweise ETFs wie das Xetra-Gold sind ja keine Sondervermögen nach dem deutschen Investmentgesetz. Wie werden sie steuerlich behandelt? Fällt Xetra-Gold nun unter Abgeltungsteuer? Gibt es Grauzonen?

Meinhardt:
In der Tat, reine Goldfonds sind in Deutschland nach dem Investmentgesetz nicht zugelassen. Das liegt daran, dass in Deutschland ein Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht eine gewisse Risikodiversifizierung aufweisen muss. Daher bestehen Höchstgrenzen für eine Investition in Gold, so dass ein reiner Gold-Fonds nicht möglich ist.

Bei dem von Ihnen angeführten Goldanlageprodukt Xetra-Gold handelt es sich um ein von der Deutsche Börse Commodities GmbH emittiertes börsengehandeltes Wertpapier in Form einer Inhaberschuldverschreibung, die dem Inhaber einen Anspruch auf die Lieferung von physischem Gold verbrieft. Dabei sind gerade bei Xetra-Gold alle verbrieften Lieferansprüche durch die Emittentin durch physisches Gold gedeckt. Gerade in diesem Punkt unterscheidet sich Xetra-Gold von anderen Gold-ETF und Gold-Zertifikaten, die mitunter nur teilweise oder gar nicht durch Gold gedeckt sind. Daher werden teilweise auch Wahlrechte des Emittenten eingeräumt, gegebenenfalls die Lieferansprüche durch einen Barausgleich erfüllen zu dürfen.

Zu der steuerlichen Behandlung von Zertifikaten, die einen Lieferanspruch auf Gold / einen anderen Rohstoff verbriefen, hat die Finanzverwaltung kürzlich in einem Schreiben zur Abgeltungsteuer Stellung genommen, was eine kontroverse Diskussion ausgelöst hat. Nach Ansicht der Finanzverwaltung unterliegt der Gewinn aus XETRA-Gold und ähnlichen Lieferansprüchen bei Privatanlegern der Abgeltungsteuer. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Lieferansprüche nach dem 31.12.2008 erworben wurden.

Wir halten diese Auffassung des BMF für nicht ganz unproblematisch und stimmen ihr im Ergebnis nicht zu. Denn das Bundesfinanzministerium (BMF) berücksichtigt nicht, dass die bestehenden Anlageprodukte in Gold teilweise signifikante Unterschiede in ihrer Ausgestaltung aufweisen. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, diese Produkte einer pauschalen steuerlichen Behandlung als Kapitalforderung zu unterziehen, denn es macht einen signifikanten Unterschied, ob der in einem börsenfähigen Wertpapier verbriefte Lieferanspruch auf Gold auch tatsächlich beim Emittenten vollständig physisch mit Gold unterlegt ist oder nur teilweise beziehungsweise gar nicht. Liegt eine solche vollständige Deckung beim Emittenten vor und erfolgt die Einlösung des verbrieften Lieferanspruchs in physisches Gold, sprechen die besseren Gründe dafür, dass ein Gewinn oder Verlust nur dann steuerlich relevant ist, wenn die Haltedauer nicht mehr als ein Jahr beträgt.
Für institutionelle Anleger hat diese Diskussion letztlich eine sehr geringe Bedeutung, da bei Ihnen ein Gewinn stets auf Anlegerebene steuerpflichtig ist.

Dürfen Gold-ETCs/ETFs zu 100 Prozent mit Gold besichert sein?

Meinhardt:
Eine vollständige Besicherung / Hinterlegung mit Gold kann im Ergebnis einer Qualifizierung als Investmentfonds entgegenstehen. Xetra-Gold ist zu 100% mit Gold hinterlegt. Das BMF unterscheidet im Falle einer Verbriefung von Gold / Rohstoffen in börsenfähigen Wertpapieren nicht zwischen einer vollständigen und einer nur teilweisen Besicherung, auch wenn dies unseres Erachtens notwendig ist.

Wenn ich den Gold-ETF der ZKB oder andere ausländische Gold-ETFs halte – muss ich Strafsteuern zahlen? Wie werden diese Produkte, die zum Beispiel nach Schweizer Recht Fonds sind, hier behandelt?

Meinhardt: In der Tat kann es hier zu einer Situation kommen, dass in der Schweiz ein Investmentfonds aufsichtsrechtlich zugelassen wird, der ausschließlich in Gold investiert und der in Deutschland unter Umständen nicht als Fonds besteuert wird. Eine solche Situation wäre für Anleger, Steuerberater und Banken unbefriedigend, da in diesem Fall nicht die bekannten und etablierten Steuerregeln zur Anwendung kommen. Hier sollte ggf. die Finanzverwaltung eine Vereinfachsmöglichkeit vorgeben.

Mit Blick auf andere ETCs – wie werden sie steuerrechtlich behandelt – wie Zertifikate?
Meinhardt: Ja, hier handelt es sich in der Regel um Zertifikate, die den üblichen Besteuerungsregeln unterliegen.
Welchen Steuervorteil haben ETFs gegenüber Zertifikaten, ETCs und ETNs und Aktien?

Meinhardt:
ETF partizipieren im Gegensatz zu Zertifikaten an den günstigen Übergangsregelungen für Fondsanteile bei Privatanlegern. Bei bis Ende 2008 erworbenen ETF-Anteilen ist ein Veräußerungsgewinn nur innerhalb der Jahresfrist steuerpflichtig, dies ist bei Zertifikaten nur bei ganz wenigen Ausnahmefällen der Fall.
Herzlichen Dank für das Gespräch!

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