Kommentar
07:21 Uhr, 19.12.2016

Warum wir dringend Arbeitsalternativen brauchen

Die Welt hat ein Problem. Es ist ein politisches Problem. Anders als krankhaft obsessiv lässt es sich gar nicht beschreiben.

Die politische Landschaft ist global so bunt wie eh und je. Ein größeres Kontrastprogramm als Merkel zu Trump oder den kanadischen Premier Trudeau zum philippinischen Präsidenten Duterte gibt es wohl kaum. Nach Gemeinsamkeiten muss man mit der Lupe suchen, aber es gibt sie.

Auf den ersten Blick haben diese Politiker wenig gemein. Auf den zweiten Blick ertappt man sie jedoch immer wieder bei den gleichen Aktivitäten. Spätestens zu Wahlkampfzeiten ziehen sie durchs Land und stapfen in Stiefeln durch Fabrik- und Fertigungshallen. Ihnen allen ist an der Industrie gelegen und alle versprechen das gleiche: sie wollen sich für die Arbeiter einsetzen.

Die einen tun das etwas expliziter (Trump) als andere (Merkel). Es ist jedoch praktisch ein Kernthema jeder Partei, egal welcher Gesinnung. Jobs in der Produktion sind allen wichtig. Sie sind irgendwie ein Symbol – und es kommt in der Bevölkerung gut an.

In entwickelten Ländern macht dieser undifferenzierte Ansatz irgendwie Sinn. Die Industrialisierung hat einen Großteil der Bevölkerung aus der Armut befreit. Das war ein langer Prozess und bevor die Massenproduktion in Fabrikhallen zum Wirtschafts- und Wohlstandswunder beitrug, waren die Zustände bestenfalls unzumutbar.

Heute wird mit der Produktion viel Positives verbunden. Ganze Generationen haben ihr Leben in der Produktion verbracht und sich dort ihr Brot und die Renten verdient. Das war einmal. Seit Jahrzehnten geht die Bedeutung der Industrie zurück. In den Köpfen ist sie aber noch immer extrem wichtig.

Grafik 1 zeigt den Anteil der Beschäftigung in der Industrie in entwickelten Ländern. Der Trend ist eindeutig. Vor 35 Jahren waren in den meisten Ländern noch 30 % bis 35 % der Beschäftigten in der Industrie tätig. Heute sind es in einigen Ländern nur noch 15 % (z.B. USA). Deutschland hat noch einen recht hohen Anteil mit knapp 30 %.

Während die Industrie hierzulande immer unbedeutender wird, gewinnt sie in anderen Ländern nicht den Stellenwert, den man vermutet. Ein Tenor der Politiker ist häufig, dass Arbeitsplätze ins billige Ausland abwandern. Teilweise ist das korrekt, teilweise nicht. Grafik 2 zeigt die Entwicklung für Entwicklungs- und Schwellenländer. Von einem großangelegten Boom kann man nicht sprechen.

Arbeitsplätze sind zweifellos verlagert worden. Nun wird es modern der Bevölkerung zu versprechen, dass man sie zurückholen kann. Das ist eine glatte Lüge. Man kann die Produktion zurückholen, aber nicht die Jobs. Das heißt dann technologischer Fortschritt.

Den Fließbandarbeiter wird es in einigen Jahren einfach nicht mehr geben. Da können Politiker durch Werkshallen stapfen so lange sie wollen. Dennoch: je lauter ein Politiker genau das verspricht, desto mehr Stimmen erhält er.

Nachvollziehbar ist das. Viele sehen einfach nur, dass die Jobs, die Generationen beschäftigt haben, nach und nach verschwinden. Das liegt nicht (allein) am bösen und billigen Ausland, sondern vor allem an der Automatisierung. Politiker halten trotzdem an der Industrieromantik fest und versprechen ein neues Wirtschaftswunder, wenn man sie wählt und die Jobs zurückholen lässt.

Man kann es nicht oft genug sagen: es werden nicht Millionen Produktionsjobs zurückkommen. Ein Land mag wieder mehr produzieren, aber im Vergleich dazu keinen Beschäftigungsaufbau erleben.

Weil „früher war alles besser“ (alles war besser, als noch die Schornsteine rauchten) gut ankommt, halten Politiker daran fest. Das ist ein großer Fehler, denn den Menschen wird letztlich ein Rückschritt versprochen. Viele verstehen nicht, was vor sich geht und sind besorgt über die Folgen der Globalisierung. Mit Globalisierung wird vor allem Eines in Verbindung gebracht: die Produktion wandert ab.

Das lässt sich nicht mehr rückgängig machen und wie gesagt, Technologie macht einen Großteil der Arbeitsplätze überflüssig, egal, ob die Fabriken in China, den USA oder Deutschland stehen. Anstatt die Angst der Menschen noch zu nähren, indem krankhaft obsessiv am Industriezeitalter festgehalten wird, sollte man sich dringend Gedanken darüber machen, wie man Menschen Perspektiven eröffnet.

Produktion ist keine Perspektive für Beschäftigung. Wer das verspricht, sagt das, was viele hören wollen. Der Wahrheitsgehalt steigt dadurch aber nicht. Vielmehr sollte diese Obsession endlich ein Ende finden und die Wahrheit angesprochen werden: wer auf Beschäftigung in der Produktion setzt, setzt aufs falsche Pferd. Findet euch damit ab und lasst uns Alternativen entwickeln.

Diese Alternativen braucht es dringend. Durch die global schrumpfende Beschäftigung in der Produktion verlieren viele ihre Jobs, die nie etwas anderes gelernt haben. Dass die Entwicklung Angst auslöst, ist klar. Die Uhr zurückschrauben kann man nicht und je länger Politiker durch Fabrikhallen stapfen anstatt die Bevölkerung auf die Beschäftigung der Zukunft vorzubereiten, desto schlimmer wird das Erwachen.

Clemens Schmale

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54 Kommentare

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  • Dax-Martin
    Dax-Martin

    Generelle Öffnungszeit Mo-Sa bei einer Arbeitswoche von drei Tagen für die meisten Angestellten.

    00:57 Uhr, 21.12.2016
  • Joey-the-bee
    Joey-the-bee

    Ich sehe dem Ganzen etwas sorglos entgegen. Klar der Trend ist da und ich kann ihm langfristig durchaus was positives abgewinnen.

    Wer will schon sein Leben lang einer stupiden Arbeit nachgehen?

    1) Die Konzerne sind auf die Symbiose mit Menschen angewiesen. Somit wird es zwangsläufig eine andere Form der Gewinnaufteilung geben müssen. (Welche ? Keine Ahnung ich bin kein Hellseher)

    2) Arbeiten gehen zu müssen wird mit dem Frotschitt der Technik immer mehr in den Hintergrund treten. Wer gerne will und möchte wird sicherlich auch noch die Möglichkeit finden mehr zu leisten und mehr zu bekommen als der sogenannte Faulsack =)

    3) Nun zum Werdegang.: Da wir in einer polaren Welt leben wird 1) und 2) vermutlich erst dann sich ermöglichen wenn die Ungleicheit noch viel weiter zunimmt und ``unerträglich`` wird. Folge ==> Entladung (Wie? Revolution ? Keine Ahnung bin kein Hellseher)

    Soviel zu meiner Sichtweise der Dinge

    15:28 Uhr, 20.12.2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Dieser Mann möchte Bundespräsident werden, ein Kriegstreiber der heute als erster sei Beileid bekundet, für einen Krieg welchen er mit geschührt und unterstützt hat, damit auch den Hass auf den Westen gefördert... Wei auch die Flucht gefördert aus diesen Gebieten.

    .

    2014

    Steinmeier rechtfertigt Waffenlieferungen in Nordirak

    http://www.dw.com/de/steinmeier-rechtfertigt-waffe...

    2016

    Deutsche Rüstungsexporte legen weiter zu

    http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/deuts...

    wrer kämpft dort gegen wen?

    http://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Wer-ka...

    Es geht nur um Macht!!

    12:28 Uhr, 20.12.2016
    1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    fordert ein Umdenken der zivilisierten Welt.

    schon krass

    00:44 Uhr, 20.12.2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    mh, das lass ich mal offen ohne kommentar, denkt selbst

    0:39 Cai Philippsen
    Noch

    haben die Behörden in Berlin nicht bestätigt, dass es sich in Berlin um

    einen Anschlag gehandelt hat. Der zukünftige amerikanische Präsident

    geht aber von einem Terrorakt aus und fordert ein Umdenken der

    zivilisierten Welt.

    Donald J. Trump

    @realDonaldTrump

    Today

    there were terror attacks in Turkey, Switzerland and Germany - and it

    is only getting worse. The civilized world must change thinking!

    00:42 Uhr, 20.12.2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    wwas denn nun??

    23:48Cai Philippsen

    Laut einem Polizeisprecher ist der tote Beifahrer polnischer Nationalität.

    23:45Franz Nestler

    Am Berliner Bahnhof Zoologischer Garten patrouillieren schwer bewaffnete Polizisten in kleinen Gruppen. Wer nicht schweigt und kopfschüttelnd auf sein Handy schaut hat nur das Geschehen an der Berliner Gedächtniskirche als Gesprächsthema.

    .

    seit

    Hitler - Kriegserklärung Polen "Seit 5:45 wird zurückgeschossen"

    ...

    total bekloppt?

    23:53 Uhr, 19.12.2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Wissen sie was Aufrichtigkeit ist..

    .

    Komiker Schulz und Böhmermann brechen Auftritt ab

    Jan Böhmermann und Olli Schulz haben eine Veranstaltung im Berliner Tempodrom nach dem möglichen Anschlag in der Hauptstadt abgebrochen. „Das ist drei Kilometer von hier passiert. Ich war erst vor ein paar Tagen da. Ich glaube, das ist einfach so scheiße gerade und wir können auch nicht die richtigen Worte dafür finden. Auf alle Fälle können wir jetzt nicht weiter hier gute Laune verbreiten und Party machen, wenn hier Menschen sterben“, sagte Schulz.

    Sein Partner Jan Böhmermann ergänzte: „Kommt sicher nach Hause. Verbreitet keine Gerüchte und hört nicht auf die Arschgeigen, die dieses schreckliche Ereignis jetzt für ihre politischen Zwecke instrumentalisieren. Das ist nämlich das
    Allerletzte.“
    (dpa)

    23:42 Uhr, 19.12.2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Aussage: und es geht los, wieder müssen menschen sterben, damit die

    heuchlerische Politik an der Macht bleibt.. es ist so beschämend,

    traurig, bitter

    Frage: Entschuldige, aber was meinst du mit dieser Aussage, das Verstehe ich nicht.

    .
    na warte mal die Pressemeldungen ab.. es sidn alle Politiker des Mainstream bestürzt.. ist das Beinflussung?

    Möchte er nicht Bundespräsident werden? Der Erste der sich meldet

    Quote

    22:24 Monika Ganster
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigt sich tief erschüttert über die "schrecklichen Nachrichten" aus Berlin. "Viele Menschen, die heute Abend den Weihnachtsmarkt besucht haben, sind ums Leben gekommen, noch mehr wurden verletzt", erklärt er. "Wir wissen noch nicht mit Gewissheit, was heute Abend wirklich geschehen ist. Die Sicherheitsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, die Unglücksstelle zu sichern und die Täter zu finden."

    22:31 Uhr, 19.12.2016
    2 Antworten anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    http://www.tz.de/politik/anschlag-auf-berliner-wei...

    und es geht los, wieder müssen menschen sterben, damit die heulerische Politik an der Macht bleibt.. es ist so beschämend

    22:11 Uhr, 19.12.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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