Kommentar
11:55 Uhr, 25.06.2021

Warum sich Anleger auf Zinserhöhungen freuen sollten

Die gängige Meinung ist derzeit eine andere. Alle haben Angst vor Zinserhöhungen. Diese Angst kann man Anlegern nehmen.

Steigende Zinsen sind für den Aktienmarkt weniger schlecht als viele denken. Tatsächlich ist die Korrelation von Zinsen und Aktienmarktperformance positiv. Steigen die Zinsen, steigt auch meist der Aktienmarkt. Das ist auch kein Zufall. Die Zinsen steigen für gewöhnlich nur, wenn die Wirtschaft solide wächst. Im Idealfall erfüllen Notenbanken über die Zinspolitik auch ihr Mandat der Preisstabilität. Moderate Inflation von 2 % ist für den Aktienmarkt ideal. Zu hohe Inflation ist für Unternehmen problematisch. Tendenziell sinken die Gewinnmargen und die Bewertung des Marktes fällt. Aktuell ist die Bewertung des Marktes hoch. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis ist der Markt sogar historisch hoch bewertet. Es gab nur wenige Monate, in denen der Aktienmarkt höher bewertet war. Das ist kein Drama. Das Gewinnwachstum ist momentan hoch. Unternehmen wachsen in ihre Bewertung hinein.

Auch unter Berücksichtigung des Gewinnwachstums hat sich das KGV in den letzten Jahren erhöht. Betrachtet man den S&P 500 auf konstanter Bewertungsbasis (konstantes KGV), konnte der Markt vom Hoch 2008 bis jetzt 120 % zulegen. Tatsächlich aber stieg der S&P 500 viel mehr, 220 % (Grafik 1). Die Differenz erklärt sich durch ein höheres KGV.


Aktien steigen, wenn die Gewinne steigen. Die Gewinne der Unternehmen haben sich seit 2008 aber nur verdoppelt. Dass sich der Markt dennoch mehr als verdoppelt hat, liegt an der höheren Bewertung. Ein Großteil der Performance hat nichts mit Fundamentaldaten zu tun, sondern mit der Einschätzung der Anleger, die einfach bereit sind, mehr für Aktien zu zahlen.

Wie hängt das mit Zinsen zusammen? Sollten höhere Zinsen nicht die Bewertung gefährden? Genau das hören wir immer wieder. Sind die Zinsen höher, werden die Gewinne mit einem höheren Zinssatz abgezinst. Der abgezinste Gewinn sinkt, wenn der Abzinsungsfaktor steigt.

Die Korrelation ist auch hier wenig offensichtlich als viele denken. So stiegen die Zinsen in den USA etwa bis Ende 2000. Das KGV des Marktes stieg ebenfalls. Während der folgenden Rezession wurden die Zinsen gesenkt und blieben bis Frühjahr 2004 auf tiefem Niveau. Das KGV fiel in dieser Zeit kontinuierlich und stagnierte danach bis zum Beginn der Finanzkrise.

Hochzinsphasen in den USA fielen historisch mit hoher Marktbewertung zusammen. Am einfachsten lässt sich das erkennen, wenn man den Dollar Index und das KGV vergleicht (Grafik 2). Sind die Zinsen in den USA hoch, insbesondere im Vergleich zu anderen Märkten, ist der Dollar stark. Gleichzeitig ist das KGV hoch.


In den letzten Monaten stieg das KGV, der Dollar Index hingegen verlor an Wert. Aufgrund des Gewinnwachstums reduziert sich diese Divergenz zunehmend und zuletzt konnte der Dollar wieder an Wert gewinnen. So oder so, höhere Zinsen sind für den Markt nicht schlecht. Es gibt viele Argumente, die das Gegenteil vermuten lassen. Historisch sagen die Daten etwas anderes.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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