Warum ein fallender Euro die europäische Konjunkturerholung retten könnte
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Die europäischen Märkte hatten in den letzten Monaten mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Ursache war das Zusammenspiel aus schwachem Wirtschaftswachstum, was sich teilweise auf die geringe Nachfrage aus Schwellenmärkten zurückführen lässt, ausstehenden Strukturreformen und geopolitischen Spannungen, die die sowieso schon anämische Erholung zusätzlich schwächten. Auch das Umsatzwachstum war für uns eine große Enttäuschung. Die Unternehmensumsätze blieben auch weiter unter ihrem vormaligen Höchststand im Jahr 2007. Die Entwicklung der europäischen Wirtschaft und Aktienmärkte während des Rests dieses Jahres und Anfang 2015 dürfte unserer Meinung nach von einem schwächeren Euro und besserem Wachstum in den Schwellenmärkten abhängen.
Die europäische Konjunkturerholung ist dieses Jahr ganz eindeutig nicht nach unseren Erwartungen verlaufen. Es gab punktuell gewisse Verbesserungen, wie in Spanien zum Beispiel, was die Region veranlasst hat, harte Strukturmaßnahmen in die Wege zu leiten. Länder wie Italien und Frankreich haben jedoch noch nicht die Maßnahmen ergriffen, die wir für notwendig halten, um ihre Volkswirtschaften in Fahrt zu bringen. Gleichzeitig rutschte Italien wieder zurück in die Rezession. Länder in Nordeuropa, die die Finanzkrise gut überstanden haben, litten zur gleichen Zeit unter der Schwäche ihrer Exportmärkte in den Industrieländern. Deutschland, das ein Lichtblick in der Region gewesen war, scheint uns nachzulassen. Die schlechten Wirtschaftszahlen aus Deutschland, Italien und Frankreich in den letzten Monaten könnten auch als Warnsignal für Länder dienen, die zu selbstzufrieden geworden sind oder immer noch nicht in der Lage waren, Reformen umzusetzen.
Geopolitische Spannungen in der Ukraine haben die Dinge zusätzlich verschlimmert, insbesondere nach den jüngsten Sanktionen gegen Russland. Wir sind aber nicht vollständig davon überzeugt, dass die tatsächlichen Auswirkungen der gesunkenen Nachfrage aus Russland wirklich so entscheidend für das europäische Wirtschaftswachstum ist. Nichtsdestotrotz - in einer Phase langsamen Wirtschaftswachstums wird die Situation durch die negativen Auswirkungen auf die Stimmung nicht besser. Das Wirtschaftswachstum war somit schwach und Anleger haben aufgrund des Potenzials des erheblichen Deflationsdrucks Angst.
Diese Situation hat die Europäische Zentralbank (EZB) zusätzlich unter Druck gesetzt, die Verantwortung für ein Anheizen des Wachstums und der Verhinderung einer Deflation auf sich zu nehmen. Wir glauben zwar, die EZB hat vieles bei der Förderung einer europäischen Konjunkturerholung richtig gemacht, ohne die Durchführung von Strukturreformen durch die regionalen Regierungen kann sie aber nicht viel mehr ausrichten. Die expansive Geldpolitik war unserer Meinung nach hilfreich. Sie allein kann aber die aktuellen wirtschaftlichen Probleme nicht lösen. Obwohl die Anlageankäufe recht unterstützend wirken, ist für kleine und mittlere Unternehmen in Südeuropa der Zugriff auf Kredite wichtiger. Wir können im Moment noch nicht sagen, ob die jüngsten Maßnahmen der EZB in dieser Hinsicht erfolgreich sein werden.
Wir glauben, der größte Erfolg der Maßnahmen und Rhetorik der EZB ist der schwächere Euro. Wir glauben, diese Schwäche dürfte auf die Exporte unterstützend wirken. In der Tat könnte ein schwächerer Euro sich unserer Meinung nach letztlich als das wichtigste Resultat der aktuellen Maßnahmen der EZB erweisen. Geldpolitische Anreize könnten die regionale Wirtschaft zusätzlich unterstützen, sie sind aber unwahrscheinlich. Wir glauben, ein besseres Wachstum in Europa ist von weiteren Strukturreformen und einem schwächeren Euro abhängig.
Wir haben guten Grund für diesen Optimismus. Dieses Jahr wird, was das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne betrifft, unserer Meinung nach ein weiteres glanzloses Jahr werden. Für die kommenden Quartale erwarten wir jedoch, dass ein schwächerer Euro aller Wahrscheinlichkeit nach eine gewisse Unterstützung bieten wird. In der Vergangenheit ließ sich schon häufig beobachten, wie am Anfang einer Konjunkturerholung in Europa die Exporte standen. Wir glauben, ein stärkeres Wachstum in Asien könnte zu einem Aufwärtstrend führen. Derzeit sind wir uns aber noch nicht sicher, ob das 2015 auch der Fall sein wird, oder ob die Reformen in China länger brauchen werden, bis sie einen positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben. In Kombination mit dem größeren Nutzen aus den Strukturreformen, die bisher in Ländern wie Spanien umgesetzt wurden, könnte ein höheres Exportwachstum sich unserer Meinung nach als Grundlage für ein besseres 2015 erweisen.
Autor: Uwe Zoellner, Franklin Templeton Investment
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