Kommentar
06:31 Uhr, 22.02.2019

Warum die Zinsen bald wieder sinken

Anleger sind heute wieder so pessimistisch wie Ende 2018. Die Kurse stehen heute allerdings viel höher. Anleger müssen sich auf einen größeren Rücksetzer gefasst machen.

Die Kehrtwende der US-Notenbank in der Zinspolitik hat den Markt unterstützt. Aus Panikverkäufen wurden schnell Panikkäufe. Jetzt aber ist die Luft draußen und die Bestandsaufnahme ist nicht rosig.

Die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage der USA hat sich in Rekordtempo eingetrübt. Das zeigen die Zinserwartungen. Noch Anfang November wurde mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % zumindest ein Zinsschritt in diesem Jahr erwartet (Grafik 1). Bis Anfang 2019 erreichte die Wahrscheinlichkeit 0 %.

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Danach kam die Kehrtwende der US-Notenbank. Das unterstützte den Markt. Die Aktienmarktrallye wiederum hatte auch Auswirkungen auf den Anleihemarkt, aus dem letztlich die Wahrscheinlichkeiten berechnet werden. Sie stieg daher wieder auf immerhin 30 %. Nun kommt die Rolle rückwärts.

Innerhalb von zwei Wochen ist die Erwartung wieder auf 0 % zusammengebrochen. Die Aktienmarktrallye signalisierte zwar, dass alles in Ordnung ist und der Aufschwung weitergeht, doch die Zinserwartungen sagen etwas anderes.

Während der Panikverkäufe Ende 2018 erwarteten Anleger erstmals für 2019 eine Zinssenkung. Danach freundeten sie sich zumindest damit an, dass die Zinsen stabil bleiben oder es eventuell einen Zinsschritt nach oben geben wird. Inzwischen ist das nicht mehr der Fall. Es wird wieder eine Zinssenkung erwartet (Grafik 2).

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Das ist nicht nur einfach eine Laune der Anleger. Es gibt fundamentale Gründe dafür. Die Deutsche Bank hat dazu eine interessante Beobachtung gemacht. Stellt man die Arbeitslosenraten der 50 Bundesstaaten dem langfristig erwarteten natürlichem Niveau gegenüber, entwickelt sich der Leitzins ziemlich vorhersehbar (Grafik 3).

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In diesem Aufschwung konnte die Arbeitslosenrate in mehr als 90 % aller Bundesstaaten unter die natürliche Rate sinken. In den letzten 2 Monaten kam es zur Trendwende. Solche Trendwenden haben in der Vergangenheit zu Zinssenkungen geführt (rote Linien).

Die Trendwende führt dazu, dass der Zins nicht mehr steigt und nach einer mehrmonatigen Pause dann fällt. Das gilt seit Mitte der 80er Jahre. Ende der 70er und Anfang 80er Jahre ist dieses Phänomen so nicht zu beobachten, da die Notenbank die Zinsen immer weiter erhöhte, unabhängig von der Arbeitslosigkeit. Die Inflationsbekämpfung war ihr wichtiger. Heute gibt es keine Inflationsgefahr.

Bereits Mitte 2019 könnte die erste Zinssenkung erfolgen. Danach sinken die Zinsen solange bis die Arbeitslosenraten eine Trendwende vollziehen und nicht mehr steigen, sondern sinken. Oftmals kommt es in dieser Phase noch zu einer weiteren Zinssenkung und einer längeren Phase niedriger Zinsen.

Dass der Trendwechsel der Arbeitslosenraten ausbleibt, ist recht unwahrscheinlich. Das höchste der Gefühle ist ein Stagnation auf jetzigem Niveau für einige Monate wie zur Jahrhundertwende. Die Wahrscheinlichkeit für einen fundamentalen Trendwechsel ist allerdings sehr, sehr hoch.

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • Jigsaw
    Jigsaw

    Interessant ist Grafik 2!

    Also jedesmal wenn die Arbeitslosenquote steigt werden die Zinsen gesenkt. Somit fielen die Leitzinsen seit 1970 von 18 auf null%.

    Ok, dann schreiben wir das so weiter dann haben wir in 50 Jahren einen Leitzins von -18%.

    Das geht aber nur solange gut wie es einigermaßen inflationstechnisch hinhaut.

    Da dürfte dann die Realität einsetzen die im Moment offensichtlich überall ausgeschaltet wird.

    08:07 Uhr, 22.02.2019
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die Zinsen werden sinken, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche und vorausichtlich werden wir ein neues QE oder sogar ein QE forever erleben. So, wie vor etlichen Jahrhunderten jeder im Kerker landete, der bezweifelt hat, das die Erde eine Scheibe ist, so wird heute vom Mainstream jeder angefeindet, der das letztlich kriminelle Vorgehen des Tandems aus Zentralbank und Politik kritisiert. Es sind bekanntlich nicht die hellsten Kerzen auf der Torte, die sich als Politiker verdingen ( Ausnahmen bestätigen die Regel) . Jeder motivierte und gut ausgebildete junge Mensch mit Talenten, wendet sich mit Schaudern von der Politik ab und verdient viel mehr in der Wirtschaft.

    Auch in Europa unter den Zentralbankbürokraten, den Aufsichtsbehörden und in der Brüsseler EU-Zentrale befinden sich vor allem kleine graue Gnome, die nur in einem perfekt sind: Das Geld anderer Leute auszugeben. Wer ehrlich ist, wird zugeben, das im Westen im Allgemeinen und in Europa im Besonderen eine erschreckende, den Kapitalismus aushöhlende und tötende Planwirtschaft die Macht übernommen hat. Es ist imo alles andere als übertrieben, von einer Sowjetisierung des Systems zu sprechen, ganz eindeutig jedenfalls auf dem alten Kontinent, mit dem versoffenen und verlogenen Juncker und der total talentfreien „Königin“ von Europa an der Spitze.

    Diese unter Dyskalkulie leidenden Schauspieler, bilden sich tatsächlich ein, mit billigen Taschenspielertricks das System zu retten und in die Zukunft zu führen. Wer daran glaubt, dürfte sehr bald aus diesem Traum erwachen, durch eine eiskalte Dusche aus miserablen Zahlen, Daten und Fakten und bislang undenkbaren Entwicklungen in der Bürgerschaft, der Hinweis auf die Gelbwesten sollte genügen. Die ökonomischen Steigbügelhalter unserer aktuellen Nomenklatura werden in der völligen Bedeutungslosigkeit verschwinden, wenn der Tag kommt und er wird zwingend kommen, an dem der Vorhang für die Gelddrucker fällt und die Aufräumarbeiten beginnen.

    07:43 Uhr, 22.02.2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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