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13:01 Uhr, 06.02.2018

Warum die US-Steuerreform für eine Überhitzung sorgen könnte

Nach Einschätzung von Tim Drayson, Head of Economics beim Vermögensverwalters LGIM, wächst zum Ende der Dekade das Risiko einer Rezession der US-Wirtschaft.

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London (GodmodeTrader.de) - Mit der Steuerreform hat der amerikanische Kongress überraschend starke wirtschaftliche Impulse beschlossen, die die Märkte zu unterschätzen scheinen. „Das daraus folgende starke Wachstum dürfte zu Beginn bejubelt werden“, schreibt Tim Drayson, Head of Economics beim Vermögensverwalters LGIM, in einem aktuellen Marktkommentar. „Außer Acht gelassen wird aber, dass die US-Wirtschaft bereits auf vollen Touren arbeitet. Es droht eine Überhitzung.“

Die US-Wirtschaft sei 2017 ordentlich gewachsen, weshalb es keines weiteren fiskalischen Stimulus bedürfe. Zudem sei der Impuls größer als es die Kosten von knapp unter 1,5 Billionen US-Dollar über zehn Jahre implizierten. Eine Vielzahl an Aspekten mache die Steuerkürzungen und das vom amerikanischen Kongress verabschiedete Reformpaket zu einem starken kurzfristigen Stimulus, der deutlich wirkungsvoller sei, als angenommen. So greife ein Großteil der Maßnahmen bereits zu Jahresbeginn, wie etwa die Kürzung der Körperschaftssteuer von 35 Prozent auf 21 Prozent, heißt es weiter.

„Nachdem sie ihre Steuererklärung abgegeben haben, dürften einige Haushalte aber wohl bis Anfang 2019 darauf warten, dass sie das Geld ihrer Steuerrückzahlung auch tatsächlich bekommen“, erklärt Drayson. „Deshalb wird ein Teil der Haushaltskosten für das Bilanzjahr 2019 ausgewiesen.“

Zweitens sei das beschlossene Paket großzügiger ausgefallen als zuvor angenommen. Die Steuersenkungen seien umfassend, aber zeitlich begrenzt. „Die meisten der individuellen Steuersenkungen laufen Ende 2025 aus. Für 2019 ergibt sich eine relativ gleichmäßige Entlastung für alle Einkommensgruppen. Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen werden jedoch hart von den auslaufenden Steuersenkungen getroffen. Das ist so entworfen worden, um den Druck auf den amerikanischen Kongress zu erhöhen, die Steuersenkungen in acht Jahren auszuweiten“, so Drayson.

Zudem könne die Aufhebung der Versicherungspflicht der Obamacare ein weiterer wirtschaftlicher Anreiz sein. Jüngere, fittere Arbeiter könnten sich entschließen, keine Versicherung abzuschließen und somit mehr Geld zur Verfügung haben, das sie ausgeben können, heißt es weiter.

„Wir gehen davon aus, dass diese Impulse für ein zusätzliches Wachstum von etwa 0,5 Prozent sorgen werden“, sagt Drayson. Das prognostizierte Wachstum des Bruttoinlandsprodukts sei damit bei knapp drei Prozent. „Für 2019 sehen wir weiteren Wachstumsauftrieb. Weil wir von einem kleinen Multiplikator für Unternehmensinvestitionen ausgegangen waren, sind die diesbezüglichen Risiken wohl zum Vorteil.“ Auch bestehe eine realistische Chance einer parteiübergreifenden Einigung darüber, die Staatsausgaben im nächsten Jahr sowohl im Verteidigungsbereich als auch in anderen Bereichen zu erhöhen.

Auf den Staatshaushalt habe die Steuerreform auch langfristig Auswirkungen. Denn letztendlich habe der amerikanische Kongress ein höheres Defizit beschlossen – in der Hoffnung, dass die Steuerreform die Produktivität steigern und somit dazu beitragen werde, die Steuersenkungen zu bezahlen, heißt es weiter.

Im Dezember habe die US-amerikanische Zentralbank Fed ihre Wachstumsschätzungen für 2018 erhöht und ihre Prognose der Arbeitslosenquote gesenkt. Die Inflations- und Zinsprognosen habe sie hingegen weitgehend unverändert belassen. „Das steht im Widerspruch zu den unveränderten Schätzungen für Wachstum und Arbeitslosigkeit der Fed“, so Drayson. Entweder müsse die Fed ihren Blick auf das mögliche Wachstum nach oben korrigieren und die gleichgewichtige Arbeitslosenquote senken oder sie müsse bestätigen, auf ein aggressiveres Überhitzen der Wirtschaft zuzusteuern, um die Inflation zu steigern, heißt es weiter.

Eine Ursache für die Zurückhaltung könnten politische Überlegungen gewesen sein, glaubt Drayson. Doch bald werde Jerome Powell den Vorsitz der Fed innehaben und es bestehe Klarheit über die fiskalischen Maßnahmen. „Nach dem nächsten Treffen im März sollte die Fed imstande sein, eine kämpferischere Botschaft zu präsentieren und ihre Zinsprognosen leicht anzuheben“, glaubt der Experte. „Eine Rezession zum Ende des Jahrzehnts ist ein wachsendes Risiko, aber wenn die Fed dem politischen Druck erliegt, die Wirtschaft weiter florieren zu lassen, könnte der Zusammenbruch weitaus spektakulärer sein.“

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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