Kommentar
08:19 Uhr, 13.12.2021

Warum Deutschland das Wachstums-Schlusslicht bleibt

Es gab Zeiten, da traute man Deutschland in diesem Jahr ein Wachstum von mehr als 4% zu. Davon ist längst keine Rede mehr und daran wird sich auch nichts ändern.

Es gibt wenige entwickelte Länder, die zur Zeit langsamer wachsen als Deutschland. Eigentlich gibt es einen Konkurrenten. Das ist Japan. Dass Deutschland ein klein wenig schneller wächst als Japan, ist ein geringer Trost. Japan gilt ja nicht gerade als Wachstumslokomotive. Genau dieses Wort, Wachstumslokomotive, wurde nach der Finanzkrise jahrelang verwendet, um Deutschlands Rolle in der Eurozone zu beschreiben. Aktuell ist das Wachstum niedrig und wenn eine Lokomotive davor hängt, nutzt sie wenig. Deutschland gehört in Europa und weltweit zu den Schlusslichtern. Bis Jahresende dürfte die Lücke tendenziell größer werden. In den USA zeichnet sich eine Beschleunigung ab, nachdem die Delta-Variante dort im Sommer und Herbst eine Delle hinterließ. Diese Delle kommt nun in Europa an und arbeitet sich durch die Wirtschaft.

Das niedrige Wachstum ist umso enttäuschender, da die Wirtschaft zu Pandemiebeginn besonders stark einbrach. Im Vergleich zu den USA fiel die Wirtschaftsleistung stärker, erholte sich aber weniger schnell (Grafik 1). Auch in Europa finden sich viele Beispiele, die besser durch die Krise gekommen sind. Dazu gehört die Schweiz. Der Einbruch war weniger stark ausgeprägt und die Wachstumsrate liegt seit Herbst über jener in Deutschland.


Wer einen Schuldigen sucht, findet diesen schnell. Genau genommen gibt es zwei Schuldige. Der erste ist die Ausbreitung des Virus. Deutschland reagiert im Vergleich zu anderen Ländern mit strikteren Maßnahmen (Grafik 2). Je strikter die Maßnahmen sind, desto stärker wird das Wachstum beeinträchtigt.


Der zweite Schuldige sind die Folgen der Pandemie in anderen Teilen der Welt. Die deutsche Wirtschaft ist über den Handel sehr eng mit anderen Ländern verflochten. Die Industrie ist auf Zwischengüter aus dem Ausland angewiesen. Unter den derzeit herrschenden Lieferengpässen leidet die deutsche Industrie besonders, nicht zuletzt wegen der hohen Bedeutung der Autoindustrie.

Neuerliche Lockdowns machen die Lage aus wirtschaftlicher Sicht nicht besser. Deutschland ist so strikt wie wenige andere Länder. Das zeigt, wie unterschiedlich die Politik die einzelnen Faktoren gewichtet. In Deutschland geht Schutz vor Ansteckung über wirtschaftliche Interessen. In den USA ist das nicht mehr der Fall, zumal jeder Lockdown auch die Gesellschaft weiter spaltet.

Wirtschaftsforschungsinstitute korrigieren die Wachstumsprognosen für Deutschland seit Monaten nach unten. Dafür soll das Wachstum im kommenden Jahr umso höher ausfallen. Das dürfte sich als zu optimistisch herausstellen. Ohne ein Ende der Lieferkettenprobleme bleibt die deutsche Industrie in der Stagnation. Der große Rebound wird auch 2022 ausfallen.

Das macht sich auch am Aktienmarkt bemerkbar. Der Dax hinkt den meisten Indizes in der Welt inzwischen hinterher, z.B. auch dem italienischen. 2022 dürfte sich das kaum ändern.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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