Kommentar
12:12 Uhr, 18.07.2018

Warum das Freihandelsabkommen eigentlich irrelevant ist

Die EU und Japan haben sich nach langen Verhandlungen auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Das hat Symbolwirkung. Mehr nicht.

Medial gibt die Einigung viel her. Die USA erschweren den Handel durch höhere Zölle und andere schaffen Handelshemmnisse ab. Das ist eine schöne Story. Es ist allerdings wenig dran. Der Güterhandel der EU mit der ganzen Welt macht inzwischen knapp 3,8 Billionen EUR aus. Auf den Handel mit Japan (Importe und Exporte) entfallen knapp 130 Mrd. EUR oder 3,3 % des gesamten Handels.

Trotzdem ist es eine Art Signal. Einerseits kann man Zölle senken bzw. abschaffen. Das geht, wenn man miteinander spricht und verhandelt. Das ist wohl die Message, die die EU gerne gehört haben will. Andererseits kann man auch ganz ohne die USA voranmachen.

Ob das Abkommen langfristig viel bringt, muss sich zeigen. Der Handel der EU mit Japan ist in seiner Größenordnung überschaubar, wächst aber immerhin mit über 4 % pro Jahr. Langfristig ist es durchaus ein wichtiger Schritt.

Wer am Ende am meisten profitiert, kann man noch nicht beantworten. Die Frage ist auch falsch, wenn man Anhänger des Freihandels hört. Beim freien Handel profitiert ja jeder. Nichtsdestotrotz ist der Güterhandel zwischen den zwei Wirtschaftsräumen nicht ganz ausgeglichen.

Die EU importiert aus Japan mehr Güter als sie dorthin exportiert (siehe Grafik). Nach Auffassung der USA verliert die EU im Handel mit Japan derzeit knapp einen zweistelligen Milliardenbetrag – jedes Jahr. Die Rechnung ist allerdings nicht ganz korrekt.

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Die EU exportiert sehr viel mehr Dienstleistungen nach Japan als umgekehrt. Dieser Überschuss liegt bei über 10 Mrd. EUR pro Jahr. Die Gesamtbilanz fällt also für die EU leicht positiv aus. Bei einem relativ ausgeglichenen Verhältnis wird es sehr interessant sein, den Wegfall der Zölle über die nächsten Jahre zu beobachten.

Zölle dienen unter anderem dazu, bestimmte Branchen zu schützen, unter anderem, weil sie nicht wettbewerbsfähig sind. Das ist nicht der einzige Grund. Bestimmte Sektoren sind zentral, z.B. die Landwirtschaft. Es ist nicht nachhaltig, wenn man die Landwirtschaft auf einem Kontinent durch Handel abschafft, weil der Weizen irgendwo etwas billiger wächst. Eine gewisse Grundversorgung muss gewährleistet sein.

Fallen Zölle weg, dann kommt es am Ende allein auf die Wettbewerbsfähigkeit an. Es wird sich in den kommenden Jahren zeigen, welche Branchen konkurrenzfähiger sind und ob sich dann die Handelsbilanz entsprechend verschiebt. Für die EU ist es das größte Abkommen seit langem. Das in den kommenden Jahren live zu beobachten, wird spannend.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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