Kommentar
11:32 Uhr, 19.11.2015

Warum ändern Anleger über Nacht Ihre Meinung?

Kann es sein, dass Anleger ihre Meinung zu einem Unternehmen von heute auf morgen um 180° ändern? - Es kann sein. Ob es auch Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt.

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Die letzten Wochen waren für Technologieunternehmen nicht leicht. Gerade kleinere und mittelgroße Unternehmen sind unter die Räder gekommen. Das vergisst man leicht, wenn man die Kurse von Facebook, Alphabet und Amazon betrachtet. Hier gibt es nach wie vor nur eine Richtung: nach oben.

Kleinere Unternehmen, wie etwa FireEye (Cybersecurity), werden abgestraft. FireEye gilt als hochinnovativ und konkurrenzlos, wenn es um die Sicherheit von Systemen und Netzwerken geht. Trotzdem verlor die Aktie in den vergangenen Monaten 60%. Anderen Firmen geht es nicht besser. Zuletzt machte GoPro mit einer rasanten Abwärtsbewegung auf sich aufmerksam. Das für kleine Action-Kameras bekannte Unternehmen fiel innerhalb von 3 Monaten 70%.

Seit den Hochs im vergangenen Jahr verlor der Aktienkurs insgesamt 80%. Das geht schon Richtung Totalverlust. GoPro war noch vor wenigen Wochen über 10 Mrd. Dollar wert. Inzwischen sind es nur noch 2,6 Mrd. Anleger haben ihre Meinung zu dem Unternehmen sehr schnell und radikal geändert. Man fragt sich da natürlich, woher das kommen kann. Ist es überhaupt möglich, dass sich die fundamentalen Gegebenheiten für ein Unternehmen so schnell ändern, dass es einen solchen Kurssturz rechtfertigen würde?

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Grundsätzlich gibt es Gründe, weshalb eine Firme von heute auf morgen deutlich weniger wert sein soll. Man denke nur an unvorhergesehene Ereignisse wie die Deepwater Horizon Katastrophe für BP. Bei Kosten in Höhe von Dutzenden Milliarden ist verständlich, dass Anleger den fundamentalen Wert des Unternehmens sofort anders beurteilen. Bei GoPro gab es keine Katastrophe, keinen Bilanzskandal und auch kein besseres Konkurrenzprodukt, welches auf den Markt gekommen ist. Was ist es dann, was Anleger so pessimistisch stimmt?

Die Talfahrt der Aktie hat sich Ende Oktober noch einmal beschleunigt. Am 28.10. gab es Quartalszahlen und hier zeigte GoPro einen Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorquartal. Ebenso will das Unternehmen mehr investieren. Das senkt kurzfristig den Gewinn. Anleger sehen beides nicht gern.

Persönlich kann ich nicht nachvollziehen, wieso Unternehmen für höhere Investitionen bestraft werden, wenn diese in Zukunft mehr Gewinn bringen, aber viele kurzfristig orientierte Anleger sehen das anders. GoPro wird auch vorgeworfen, dass sie vor Weihnachten keine komplett neue Kamera auf den Markt bringen. Konsumgüterhersteller machen das gerne, weil dann das neue Produkt gleich unter dem Weihnachtsbaum landen kann. Je länger ein Produkt bereits existiert, desto eher greifen Konsumenten zu anderen Produkten. Daher gibt es kurze Produktzyklen wie beim iPhone, welches einmal pro Jahr ein Upgrade erhält.

Anleger sind enttäuscht. GoPro wächst zwar immer noch stark und sollte in diesem Jahr ein Umsatzplus von 22% ausweisen können. Mit dem zu erwartenden Jahresgewinn wird das Unternehmen derzeit mit einem KGV von 17 bewertet. Das ist weniger als der US-Gesamtmarkt. Hier wird also ein Wachstumsunternehmen inzwischen geringer bewertet als ein Gesamtmarkt, indem die Gewinne gerade schrumpfen. Sinn macht das nicht mehr.

Kurzfristig müssen Bewertungen keinen Sinn machen, insbesondere, wenn Enttäuschung im Spiel ist. Vielleicht ist auch ein wenig Angst dabei. GoPros Produkt ist eine Kamera, mehr nicht. Wenn sich hier nun das Wachstum abschwächt, was dann?

Was Anleger nicht verstehen ist, dass sich das Unternehmen weiterentwickelt. 2016 wird GoPro seine erste Drohne in die Läden bringen (Anleger hätten sich natürlich Verkaufsstart vor Weihnachten gewünscht...). Drohnen sind ein riesiges Thema und sie werden es bleiben. Viel wichtiger als der Umsatz aus den Verkäufen von Drohnen ist allerdings das Gesamtkonzept, welches dahintersteht. Mit GoPro kann man filmen, ob mit oder ohne Drohne. Das ganze geht unglaublich einfach. Die Qualität ist relativ gut. Gleichzeitig nutzen vor allem Sportler und abenteuerlustige Touristen die GoPro Aktion Kameras. Hier werden keine langweiligen Hotelfassaden gefilmt, sondern Heliskiing usw.

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es werden Videos gedreht, die viele interessieren. Seien es waghalsige Kletteraktionen auf Hochhäusern oder spektakuläre Naturereignisse - GoPro ist dabei. Das Unternehmen bietet für diese Videos Bearbeitungssoftware, einen eigenen online Kanal und Sharing Plattform an. GoPro hat damit oftmals direkten Zugang auf das Filmmaterial seiner Nutzer und bietet in Bezug auf Bearbeitungsvarianten immer mehr. In Kürze wird GoPro damit in den Markt für Virtual Reality einsteigen. Es lassen sich GoPro Videos in VR umwandeln. Das ist ein großer Zukunftsmarkt. Das Interesse wird riesig sein.

VR ermöglicht es Nutzern vollkommen in das einzutauchen, was sie sehen. Bereits jetzt sind viele GoPro Videos spannend. Wenn man dann allerdings Fallschirmspringen und Heliskiing vom Wohnzimmersessel wirklich live erleben kann, dann hat das noch einmal eine andere Qualität. GoPro wird vermutlich 2016 damit beginnen genau solche Erlebnisse anbieten zu können und hat einen großen Vorsprung vor vielen anderen Wettbewerbern. Letztlich ist das eine neue und lukrative Geldquelle.

Persönlich finde ich GoPros Konzept stimmig. Anleger glauben daran nicht bzw. sehen es nicht. Die Aktie fällt wie ein Stein. In dieses fallende Messer sollte man nicht greifen. Die Aktie lässt sich noch billiger aufschnappen. Das sollte man dann auch tun. Das Potential ist groß. Ich traue GoPro eine faire Marktbewertung bei 5 Mrd. USD auf Sicht von 2 bis 3 Jahren zu. Je nachdem, wo die Aktie ihren Fall beendet, entspricht dies einem Verdopplungspotential.

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2 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Unabhängig vom Buchkurs geht es doch erstmal um USP.

    Vor allem wie lange kann es aufrechterhalten werden bevor es in leicht abgewandelter Form kopiert werden kann. Der Pioneer ist meist nicht der Sieger.

    Ich würde auch nicht in Nikon oder Canon (Ricoh ,Rollei) investieren, was man dann letzten Endes nutzt ist eine andere Geschichte.

    06:27 Uhr, 20.11. 2015
  • sewiet13
    sewiet13

    Wenn getradet statt gehandelt wird... und sich alle absichern wollen...

    Vielleicht liegt es an dem scheinbar sicheren und dadurch unsicheren Umfeld?

    BSP: sinkende Neuanträge auf Arbeitslosigkeit: war mal bullisch, dann bärisch, nun unklar. Daher heute so, morgen andersrum.

    15:48 Uhr, 19.11. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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