Kommentar
07:30 Uhr, 15.03.2017

Vorsicht! Dieses Krisenbarometer springt an!

Der Markt ist verhältnismäßig ruhig. Die Volatilitäten bewegen sich nahe an historischen Tiefs. Gibt es deswegen keine Krise? Mitnichten.

Experten rund um den Globus rätseln, weshalb der Markt so ruhig ist. Ob in den USA oder Europa, die Aktienmärkte sind robust und schwanken so wenig wie lange nicht. Dies zeigt sich insbesondere in den Volatilitätsindizes. In den USA oszilliert der S&P 500 Volatilitätsindex nahe seiner historischen Tiefs. Auch in Europa ist es ruhig. Die Schwankungsbreite des EuroStoxx ist so niedrig wie selten zuvor.

Das gibt Rätsel auf, denn an explosiven Terminen mangelt es nicht. In Europa gibt es ein Superwahljahr. Das scheint Anleger aber überhaupt nicht zu interessieren. Es interessiert auch nicht, dass ein wichtiger Verbündeter, die Türkei, so langsam durchdreht. Das kann man noch als Wahlkampf abtun, doch was geschieht erst, wenn der Präsident beim Referendum im April eine Abfuhr erteilt bekommt und das Volk die Einführung eines Präsidialsystems nicht unterstützt. Wird dann einfach eine Militärdiktatur errichtet?

Wie dem auch sei, die Börsen sind gelassen und ausgelassen. Einige schreiben das den Lehren aus 2016 zu. Die Angst, die sich auch in der Volatilität vor Wahlen zeigte, war vollkommen unnötig. So wird nun vermutet, dass keiner vor den Ereignissen handeln will und darauf wartet, dass nach Wahlen kurzfristig Volatilität aufkommt, um die Gelegenheit zu nutzen.

Vordergründig scheint es so überhaupt keine Krise und Verunsicherung zu geben. Im Hintergrund geschieht jedoch recht viel. Das zeigt das wohl beste Krisenbarometer der letzten Jahre: die Notenbankbilanzen. Es geht dabei um die Bilanzen der Schweizer Notenbank, der tschechischen und der dänischen Zentralbank. Die jeweiligen Währungen sind Fluchtwährungen. Läuft es in der Eurozone nicht gut, werden Franken und Kronen gekauft. Die Notenbanken steuern gegen und verkaufen ihre Währungen, damit diese nicht zu stark aufwerten.

Grafik 1 zeigt die Bilanzentwicklung der letzten Jahre. Bis zum Beginn der Finanzkrise war alles ruhig. Mit der Finanzkrise kam es zu einem ersten großen Anstieg der Bilanzsummen, weil die Aufwertung der jeweiligen Währungen gestoppt werden sollten. Dieses Spektakel hat sich mehrfach wiederholt – immer dann, wenn Stress im Markt war.

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Bisher wurde Stress auch durch höhere Volatilität angezeigt. Das ist derzeit nicht der Fall. Lediglich die Notenbankbilanzen geben Aufschluss darüber, dass eben nicht alles in Ordnung ist. Anfang 2017 mussten die drei Notenbanken so stark intervenieren wie lange nicht. In den letzten drei Monaten wurden knapp 75 Mrd. in den Markt gepumpt. Zuletzt war es mehr, als die Schweizer Notenbank den Mindestkurs zum Euro aufgab.

Es gibt aber auch gute Nachrichten. Der Stress ist auf die Eurozone begrenzt. Grafik 2 zeigt eine Auswahl an Entwicklungsländern. Dort reduzieren sich Währungsreserven, wenn Kapital abgezogen wird. Dies geschieht unter anderem dann, wenn in den USA die Zinsen steigen. Es führt zu einer Art Fluchtreflex. Ende 2015 und Anfang 2016 führte das zu einer Panik, die den ganzen Globus erfasste. Inzwischen steigen die Reserven wieder, obwohl weitere Zinserhöhungen in den USA zu erwarten sind.

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Bei den überproportional vom Öl abhängigen Staaten ist die Lage noch nicht wieder ganz so entspannt. Saudi-Arabien verbrennt nach wie vor Reserven im Eiltempo. Russland konnte sie zuletzt wieder auffüllen. Das ganz große Drama kam bisher nicht auf und wird vermutlich nicht mehr aufkommen.

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Alles in allem sieht die Lage global gut aus. Der Finanzmarkt steht nicht unter ungewöhnlichen Spannungen. Das gilt nicht für die Eurozone. Hier flüchten Anleger, was auf den ersten Blick verborgen bleibt. Die Ruhe ist trügerisch. Tschechien, Dänemark und die Schweiz drucken wöchentlich Milliarden, um dem Zustrom in ihre Währungen etwas entgegenzusetzen. Die Flucht aus dem Euro rein in Franken und Kronen kommt nicht einfach so. Anleger sind hinter den Kulissen tief besorgt. Das Positive ist: es ist ein Problem der Eurozone und nicht des globalen Marktes.

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3 Kommentare

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  • Baldwin
    Baldwin

    "...doch was geschieht erst, wenn der Präsident beim Referendum im April eine Abfuhr erteilt bekommt und das Volk die Einführung eines Präsidialsystems nicht unterstützt."

    Glauben Sie oder sonst irgendjemand ernsthaft, diese Wahl würde Erdgan - der Präsident der jeden einsperrt der ihm unbequem ist - dem Volk überlassen?

    Selbstverständlich wird das Ergebnis am Ende, egal was die Bürger wählen, pro Referendum ausfallen, vielleicht sogar mit überwältigender Mehrheit. Daran habe ich überhaupt keinen Zweifel.

    11:19 Uhr, 15.03.2017
  • GeBa96
    GeBa96

    Nach den letzten Kommentaren seit Dezember hätte der Crash schon lange dasein müssen. Das irgendetwas kommt im Jahr mit der 7 glaube ich ja auch. Das kann sich aber noch bis ins 4. Quartal hinziehen, wovon ich aus gehe. Sell in May ist ja auch noch nicht so weit. Das ist der nächste Punkt den man im Auge haben sollte. Profitieren die Edelmetalle dann auch davon ?

    10:26 Uhr, 15.03.2017
  • whynot
    whynot

    Kurz bevor ein Pendel in die Gegenrichtung schwingt steht es für einen Moment still.

    08:44 Uhr, 15.03.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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