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15:28 Uhr, 10.02.2006

Vorsicht bei Fondsratings

Suchen Sie sich Ihre Fonds auch anhand von Rankingtabellen und Ratings aus?
Diese können eine gute Hilfe sein – jedoch Vorsicht: Sie müssen wissen, welche Effekte diese Rankings verfälschen können.
Am Beispiel des ja schon fast „legendären“ Templeton Growth (Euro) Funds kann ich Ihnen einmal die Problematik darstellen. Dieser Fonds hat Mitte letzten Jahres einen Stern bei der Ratingagentur S&P verloren hat und ist kürzlich auch von Scope herabgestuft worden, in bester Gesellschaft mit dem nicht weniger bekannten Fidelity European Growth. Ein Sternverlust geht ja auch immer einher mit Spekulationen und Unsicherheiten vieler Anleger – Sind diese Fonds jetzt plötzlich schlechte und soll ich sie verkaufen?

Meine Einschätzung dazu:
Diese beiden beispielhaft genannten Fonds gehören nach wie vor zur langfristigen Spitze und sind weiterhin ein Kauf. Schließlich hat sich weder am Investmentansatz noch am Management Team um Murdo Murchison (Templeton) oder Graham Clapp (Fidelity) etwas geändert. Der Auslöser für den Sternverlust ist vielmehr ein rein statistischer Effekt.

Dies ist das Problem:
Beispiel Templeton Growth (Eur): Sowohl S&P als auch Morningstar haben diesen Fonds im Juni 2005 mit drei Sternen "geratet". Ein Rating bewertet aber nicht die langfristige Performance eines Fonds an sich, sondern immer nur wie gut ein Fonds im Verhältnis zu seiner Vergleichsgruppe über einen bestimmten Zeitraum ist.

Börsenerholung kommt den schlechten Fonds der 2000er-Baisse zugute
Ein Großteil der Fonds in der Vergleichsgruppe des Templeton Growth (Euro) Fund (Kategorie "Aktien Global") ist zwischen März 2000 und März 2003 über 55 Prozent abgestürzt. Diese Entwicklung hat natürlich eine große Auswirkung auf die Drei- und Fünf-Jahres-Performance dieser Aktienfonds, da die Ausgangsbasis der Fondsperformance in diesem Zeitraum extrem niedrig ist. Seit März 2003 gehen die Aktienkurse wieder nach oben und mit ihnen die Wertentwicklung vieler Aktienfonds. Je mehr sich jedoch die Wertentwicklung der Aktienfonds, die vor zwei bis fünf Jahren teilweise über die Hälfte ihres Werts eingebüßt haben, verbessert, umso höher fällt ihre aktuelle Performance über drei und fünf Jahre aus (sog. Basiseffekt oder Performance-Aufzug).
Viele Anleger übersehen dabei, dass ein Fonds, der damals 50 Prozent verloren hat und sich jetzt mit 50 Prozent wieder erholt, insgesamt gesehen immer noch im Minus ist.

Dazu ein Beispiel:

Ein Anteilswert hat im Jahr 2000 bei 100 Euro notiert.
Im Jahr 2001 ist er dann auf 25 Euro gefallen.
Im Jahr 2005 ist er wieder auf 50 Euro gestiegen.
Von 2000 bis 2005 hat der Fonds also 50 Prozent verloren (5-Jahres-Performance 2000 – 2005, von 100 Euro auf 50 Euro).
2006 - also ein Jahr später - steht der Fonds beispielsweise immer noch bei 50 Euro.
=> Die Wertentwicklung beträgt damit aber plötzlich +100%, da die Vergleichsbasis jetzt 25 Euro und nicht mehr 100 Euro ist (5-Jahres-Performance 2001 – 2006, 25 bis 50 Euro).

Fondsvergleich mit rollierenden Zeiträumen ist aussagekräftiger
Aktienfonds, wie der Templeton Growth (Euro) Fund, die während der 2000-Baisse ihre Verluste begrenzen konnten und somit eine höhere Ausgangsbasis haben, schneiden heute, da der Aktienmarkt nach oben tendiert, in der drei- und fünfjährigen Performance automatisch schlechter ab.

Die Verzerrung der Performance durch den statistischen Effekt wird aber wohl auch im Jahr 2006 noch nicht ganz überwunden sein.

Begründung:

Die Aktienfonds der Vergleichsgruppe "Aktien Global" steigen seit dem 2. Quartal 2005 steil nach oben. Grund hierfür ist aber nicht die hohe Performance dieser Fonds, sondern die Tatsache, dass die Börsen allgemein im aktuellen dreijährigen Vergleichszeitraum am stärksten stiegen.
Denn im Jahr 2002 - also der Basis des Drei-Jahres-Zeitraums waren die Kurse ja immer noch im Sinkflug. Dieses Phänomen wird sich bis März 2006 sogar noch verstärken, da die Kurse erst im März 2003 im Keller angekommen sind – die Drei Jahres Periode endet 2006. Das heißt, die Spanne wird wahrscheinlich noch größer.

Templeton Growth (Euro) Fund konstant erfolgreich

Wenn man sich die monatliche Wertentwicklung von globalen Aktienfonds seit 2000 betrachtet, sieht man, dass der Templeton Growth (Euro) Fund seine Verluste in den letzten fünf Jahren bereits mehr als ausgeglichen hat. Viele Fonds aus der Vergleichsgruppe "Aktien Global" befinden sich allerdings immer noch bis zu 37 Prozent im Minus! Die Drei-Jahres-Performance dieser Fonds spiegelt dies jedoch nicht wider, und diese Zeiträume sind maßgeblich für das Rating von S&P und Morningstar.

Meine Portfolio Tipps:

- Sinnvoller ist es, Fonds in rollierenden Zeiträumen zu betrachten, um zu sehen, wie sie sich in verschiedenen Marktphasen entwickelt haben. So wird nämlich der Basiseffekt herausgerechnet. So ist die Wertentwicklung des Templeton Growth (Euro) Fund in jedem rollierenden Drei-Jahres-Zeitraum besser als seine Vergleichsgruppe.

- Schauen Sie sich die Kursentwicklung der Anteilswerte selbst im Chart an. Vergleichen Sie diese Entwicklung mit anderen Fonds der Gruppe.
Dann sehen Sie am besten, wie sich der Fonds in jedem Zeitraum verhalten hat.

- Seien Sie besonders kritisch, wenn ein Fonds in einer der vielen Fachzeitschriften etwa als „Fonds des Monats“ herausgestellt wird. Prüfen Sie den wirklichen Kursverlauf im Chart nach – auch ein schlechter Manager kann mal einen guten Monat bzw. kurzfristigen Erfolg durch ein hohes Risiko haben.

Über den Autor:
Dr. Gregor Bauer arbeitet bundesweit als unabhängiger Portfolio Manager für Privatinvestoren. Er ist zweifacher Buchautor, schreibt regelmäßig Marktanalysen für das Handelsblatt und die Börsenzeitung und ist gefragter Referent und Interviewpartner auf Seminaren, Börsentagen und im TV. Er ist zudem als Vorstandsvorsitzender des Berufsverbands der Technischen Analysten Deutschlands tätig. Er steht für Fragen zur Portfolio-Optimierung gerne unter
g.bauer@drbauer-consult.de, bzw. www.drbauer-consult.de zur Verfügung

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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