Analyse
11:12 Uhr, 22.05.2015

VOLKSWAGEN - nichts wie raus aus der Aktie?

Als VW Aktionär muss man die Aktie ganz schön lieben, um dabei zu bleiben. Der letzte Machtkampf ist nur einer der Gründe, weshalb man gute Nerven braucht.

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  • Volkswagen AG
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  • Volkswagen AG - WKN: 766400 - ISIN: DE0007664005 - Kurs: 229,15 € (Frankfurt)

Das Unternehmen VW steht eigentlich ganz gut da. 2014 schrieb der Konzern einen Rekordgewinn und machte über 200 Mrd. Umsatz. Seit 2006 hat sich der Umsatz damit verdoppelt. Einen solchen Anstieg haben nicht viele Unternehmen in dieser Zeit erreicht. Toyota kämpft mit dem eigenen Rekord aus dem Jahr 2008. Bei Ford ist die Tendenz seit vielen Jahren seitwärts. Selbst die anderen erfolgreichen deutschen Hersteller wie BMW kommen nicht an das Wachstum von VW heran.

Beim Gewinn sieht es nicht anders aus. VW schlägt sie fast alle. Sieht man von außerordentlichen Gewinnen ab, die die Vorjahre etwas verfälschen, dann konnte VW 2014 sein wohl bestes Jahr feiern. Unter solchen Umständen fragt man sich schon, wieso der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Piëch öffentlich "auf Distanz" zum Vorstandsvorsitzenden Winterkorn gegangen ist. Der Machtkampf ist inzwischen längst entschieden. Er war überraschend kurz und schmerzlos. Winterkorn blieb, Piëch ging. Beim letzten Machtkampf im Rahmen des Porsche Übernahmeversuchs von VW ging Piëch letztlich als Gewinner vom Platz. Auch sonst verlor er selten, wenn es darum ging seinen Willen durchzusetzen.

Dieses Mal hatte er keine Chance. Die Ergebnisse des Konzerns waren einfach zu gut. Trotz der plumpen Art Piëchs muss man im dennoch eines lassen: er hat Recht, wenn er Veränderung fordert. VWs Wachstum flacht seit 2012 ab. Wahrscheinlich liegt es daran, dass VWs Übernahmemaschine nicht mehr läuft. VW hat schließlich in den letzten Jahren eine Marke nach der anderen aufgekauft. Es heißt zwar immer, Volkswagen sei gewachsen, aber das stimmt so nicht ganz. Das Wachstum trugen vor allem die zugekauften Marken.

Jetzt muss VW organisch wachsen. Das gelingt Teilen des Unternehmens sehr gut (Audi zum Beispiel). Die Kernmarke schwächelt und auch Audi kann nicht den ganzen Konzern herausreißen, wenn es an anderen Stellen hapert - und das tut es. VW ist auf den ersten Blick wirklich sehr erfolgreich gewesen. Nun stellt sich jedoch eine neue Realität ein. Diese Realität heißt, dass sich das Wachstum deutlich verlangsamen wird. Gleichzeitig ist VWs Wachstum vor allem auf ein Land angewiesen: China.

In China werden inzwischen fast 50% mehr Autos verkauf als in den USA. Monatlich werden an die 2 Mio. Fahrzeuge verkauft. Der chinesische Markt ist damit fast ungefähr 7 Mal so groß wie der deutsche Automarkt. Das Wachstum war in China enorm. Bis 2009 war der Markt noch kleiner als der US Markt. Jetzt stellt China die USA deutlich in den Schatten, obwohl auch dort der Automarkt boomt. China ist und bleibt eine Klasse für sich. VW hat das frühzeitig erkannt und investiert. China ist der mit Abstand wichtigste Markt für VW.

Ein Drittel des Gesamtabsatzes des VW Konzerns kommt aus China.Beim operativen Ergebnis sind es sogar etwas über 40%. Die Abhängigkeit des Konzerns von diesem einen Markt ist enorm. Bisher war das gut, da China schneller wuchs als der weltweite Automarkt. VW konnte so outperformen. Das Wachstum geht in China nun aber deutlich zurück. VW selbst rechnet sogar damit, dass das Wachstum der Kernmarkte VW in diesem Jahr in China nahe 0% liegen wird. Das Erfolgsmodell China hat sich so langsam abgenutzt.

VW wird auch weiterhin mit dem chinesischen Markt wachsen, allerdings unter dem Durchschnitt. Bei einem Marktanteil von fast einem Sechstel ist das nicht verwunderlich. Als Aktionär muss man sich aber darauf einstellen, dass die große Story vorbei ist. VW wird nur weiter überproportional wachsen können, wenn es in anderen Märkten wieder besser wird. In den USA ist das Geschäft mit der Kernmarke ein Desaster. Ebenso ist der chinesische Markt immer noch eine gewisse "Wild Card." Man weiß nie, was den Behörden dort einfällt. Von heute auf morgen kann der Erfolg vorbei sein.

Im Langfristchart sieht die Aktie nach wie vor gut aus. Kurz- bis mittelfristig gibt es keinen Grund an der Aufwärtsbewegung zu zweifeln. Langfristig habe ich da so meine Zweifel. Die große Abhängigkeit von China und einem sich deutlich abschwächenden Wachstum zusammen mit Problemen in dem zweitgrößten Markt der Welt lassen wenig Raum für übermäßige Euphorie. Piëch war sicherlich nicht sehr taktvoll als er sich von Winterkorn distanzierte. Er hatte aber Recht für Druck zu sorgen. VW hat mehr Probleme als man auf den ersten Blick erkennt. Mittel- bis langfristig würde ich mich auf eine Underperformance des Konzerns einstellen.

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4 Kommentare

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  • netzadler
    netzadler

    vw muss seine luxussegmente retten, das könnte bei dem überragenden Image von Porsche und Audi klappen

    für die kernmarke vw sehe ich schwarz, das werden sehr unbequeme Entscheidungen...und da ist piech erstmal nicht in der Verantwortung...nicht schlecht gelöst

    vw ist ein klasse short, das wird auch den dax belasten

    such mir mal nach einem passenden einstieg analog zum gesamtmarkt

    11:44 Uhr, 22.05.2015
  • netzadler
    netzadler

    Piech verliert nicht...kann der überhaupt verlieren ?.

    Piech hat die Schwachstellen offengelegt. das Management + Aufsichtsrat sind in der pflicht, da sie sich dafür entschieden haben, dass sie selbst den Konzern beherrschen.

    wenn nicht, hat piech wie meistens den größten Weitblick bewiesen und wird dann schalten und walten können, wie er will...alle anderen wären geschwächt

    wenn ja, ist auch alles fein. wenn es meinem vw-vermögen gut geht, dann kann ich auch mal eine schlappe im Aufsichtsrat ertragen, da steh ich drüber

    ich persönlich sehe vw im aktuellen marktumfeld auch sehr kritisch, in China wird es auf vernichtende Preiskämpfe hinauslaufen und das bis rauf in die oberklasse

    vw produziert viel zu teuer (im vergleich zu Toyota kann man nur geschockt sein), das wird in deutschen hallen noch ein großes beben geben. die massenmärkte sind gesättigt, wohin mit den Kapazitäten ?, der Preisdruck ist enorm.

    ich sehe sogar den höhepunkt im lebenszyklus des produkts Auto als überschritten an, wenn der trend zur Urbanisierung sich so fortsetzt. in nachhaltigen zukunftskonzepten für große ballungsräume hat das Auto keinen platz.

    11:38 Uhr, 22.05.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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