Kommentar
00:00 Uhr, 03.03.2009

Value Investing Teil 1 (Das Sicherheitspolster) - Das Unternehmen muß eine temporäre Flaute gut überstehen können

Ungewissheit in den Märkten gibt es reichlich. Das Umfeld, in dem sich Unternehmen bewegen, birgt Risiken, die von der Geldpolitik der Notenbanken, über die Konjunkturzyklen bis zu unerwarteter Konkurrenz und sogar bis hin zur Abhängigkeit vom Wetter reichen. Umso wichtiger ist die Sicherheitsmarge, die sog. „Margin of Safety“, die bereits beim Kauf eines Titels die Wahrscheinlichkeit eines Fehlgriffs deutlich reduziert.

Kriterien für eine solche Sicherheitsmarge

Für die Auswahl des Instruments:

1. Langfristig erfolgreiches Business-Modell

2. Finanzstärke

3. Hoher und langfristig wachsender Cashflow

4. Qualität des Managements

5. Niedriger Verschuldungsgrad

6. Langfristiges Gewinn- und Dividendenwachstum

7. Deckung der Dividenden durch Gewinne

Für den Kaufzeitpunkt (Bewertung):

8. Niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis, KGV (auch P/E =Price Earnings Ratio)

9. Niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis, KBV (auch P/B= Price Book Ratio)

1. Langfristig erfolgreiches Business-Modell

Wir suchen nach einem möglichst einfachen Business-Modell, das wir selbst verstehen. Einem kleinen, innovativen Hi-Tech-Unternehmen in der Computerbranche, mag vielleicht mit einem bestimmten Produkt der Durchbruch gelingen, was von Anlegern dann auch mit gewaltigen Kurssteigerungen honoriert werden kann – die Dauerhaftigkeit des Erfolgs ist jedoch eher ungewiss. Nicht nur ist die gesamte Branche eine zyklische, auch einzelne Unternehmen steigen regelmäßig in den Wallstreet Himmel auf nur um kurze Zeit später zu erlöschen, wenn etwa konkurrierende Unternehmen Marktanteile dazu gewinnen und Gewinnmargen sinken. Nicht, dass es hier keine lukrativen Tradingchancen gäbe, doch für eine Value-orientierte buy-and-hold-Strategie sind diese Unternehmen ungeeignet.

In Frage kommen dagegen Unternehmen, die uns mit den notwendigen Dingen oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs versorgen. Strom, Nahrung, Waschpulver, Banken oder ein Dach überm Kopf brauchen wir alle, nicht nur in guten Zeiten. Unternehmen, die diese Waren oder Dienstleistungen bereitstellen, leiden erfahrungsgemäß weniger unter einer Rezession.

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Wir mögen Unternehmen, die die erfolgreiche Ausführung des Business-Plans bereits über einen längeren Zeitraum bewiesen haben. Über Jahre hinweg ansteigende Unternehmensgewinne und Dividenden sind der beste Beweis dafür.

2. Finanzstärke

Dieses Kriterium gehört zu denen, die eher schwierig einzuschätzen sind. Im Grunde genommen geht es darum, dass das Unternehmen auch eine temporäre Flaute gut überstehen kann. Geringer bis moderater Verschuldungsgrad, gute Bonität und ein Cash-Polster machen die Finanzstärke aus. Das Rating der Anleihen des Unternehmens durch die führenden Ratingagenturen Moody’s, S&P oder Fitch geben eine gute Indikation für die Finanzstärke eines Unternehmens.

3. Hoher und langfristig wachsender Cash Flow

Unter Cash Flow (CF) versteht man die Menge an Cash, die über einen bestimmten Zeitraum generiert (oder verbraucht) wurde. Es handelt sich dabei um den erwirtschafteten Überschuss einer Periode, der zahlungswirksam ist (im Gegensatz zu Gewinn). Um den CF zu berechnen, werden von den zahlungswirksamen Erträgen alle zahlungswirksamen Aufwendungen abgezogen.

Generell beschreibt der CF die Fähigkeit eines Unternehmens, Cash zu generieren – Cash, das notwendig ist, um eine Flaute zu überstehen oder um bei günstigen Kaufgelegenheiten zugreifen zu können. Ein negativer CF bedeutet, das Unternehmen gibt mehr Geld aus, als es einnimmt. Geld wird sozusagen „verbrannt“, daher auch der Begriff der Cash Burn Rate.

Im Gegensatz zu Unternehmensgewinnen gilt der CF als weniger manipulierbar und damit als eine verlässlichere Größe. Zahlungsrelevant sind allerdings auch aufgenommene Kredite, sodass der CF immer im Zusammenhang mit dem Verschuldungsgrad eines Unternehmens zu sehen ist.

4. Qualität des Managements

Dieser Punkt ist vielleicht am schwersten zu bewerten. Wie soll ein privater Investor, der keinen Zugang zu den oberen Unternehmensetagen hat, das Management eines Unternehmens einschätzen?

Hilfreich sind Conference Calls zu den Quartals- oder Jahresberichten der Unternehmen, die heute oftmals im Internet zur Verfügung stehen. Hauptsächliches Kriterium ist jedoch der Track Record, also der bisherige Erfolg des Managements. Hier schließt sich der Kreis, denn dazu wir schauen auf die bisherige Gewinnentwicklung über einen längeren Zeitraum.

Besonders wichtig ist die Einschätzung des Managements bei jungen Unternehmen mit vielleicht bekanntem Management, die logischerweise noch keinen Track Record aufweisen können. Für Unternehmen, die ihre Führungsspitze austauschen (ein CEO tritt ab, ein neuer übernimmt), ist der bisherige Erfolg der neuen Führung von Bedeutung.

Es gilt der Grundsatz: Ein Unternehmen mit mittelmäßigen Assets und gutem Management hat bessere Chancen als ein Unternehmen mit guten Assets und schlechtem Management. Die Einschätzung der Qualität des Managements wird allerdings immer eine subjektive Sache sein.

5. Niedriger bis moderater Verschuldungsgrad

Diese Größe ist keine absolute. Zwar gilt: Je höher die Verschuldung eines Unternehmens ist, umso höher ist auch die finanzielle Belastung. Wenn allerdings mit einem Kredit, für 6% aufgenommen, eine Rendite von 12 % erwirtschaftet werden kann, dann kann der Unternehmensgewinn damit nicht unerheblich gesteigert werden. Der Unternehmensgewinn wird gehebelt (leveraged).

Wenn die erwirtschaftete Rendite, z. B. durch fallende Gewinnmargen oder durch steigende Zinsen, allerdings unter den zu zahlenden Zinssatz fällt, entstehen Verluste (ebenfalls gehebelt).

Wie so oft, liegt auch hier die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Ein moderater Verschuldungsgrad ist bei sinnvoller Verwendung des Kredites sicher akzeptabel. Heute gibt es kaum ein größeres Unternehmen, das nicht langfristig, zumindest aber kurzfristig, verschuldet wäre.

Im aktuell expandierenden Kreditzyklus gibt es allerdings die Tendenz zur Überschuldung. Kredite sind „billig“ und die nach Shareholder Value-Richtlinien operierende Aktiengesellschaften streben nach kurzfristiger, quartalsorientierter Maximierung des Gewinns. Risikoaspekte bleiben dabei oftmals auf der Strecke. Insbesondere Unternehmen, die unter der Regie von Hedge Funds, Private Equity und Leveraged Buyout Firms (LBOs) geführt werden, sind außerordentlich hochgehebelt.

Um auch eine Durststrecke durchstehen zu können, sollte der Verschuldungsgrad eines Unternehmens also eher zu niedrig als zu hoch sein.

6. Langfristiges Gewinn- und Dividendenwachstum

Wenn ein Unternehmen heute Dividende zahlt, dann wissen wir, dass diese verdient wurde. Die Zahlung einer Dividende auf mein Konto ist ein knallharter Fakt. Publizierte Unternehmensgewinne dagegen können u. U. nicht korrekt sein. Mit kreativer Buchführung bis hin zum Betrug im großen Stile wie bei Enron kann der Aktionär mit übertriebenen Gewinnausweisungen an der Nase herumgeführt werden.

Eine Historie von Unternehmensgewinnen und Dividenden, die über Jahre oder Jahrzehnte steigen, sind der beste Beweis für die Gesundheit eines Unternehmens.

Die gegenwärtige Aktienkultur vernachlässigt diesen Aspekt. Der typische Aktionär unserer Zeit ist allein auf Kursgewinne aus. Die von den Unternehmen angeführte Begründung für niedrige oder ganz ausbleibende Dividenden wird anstandslos geschluckt: Die Besteuerung auf individueller Ebene wirke sich ungünstig auf den Gesamtertrag einer Investition aus. Daher sei es besser, die Unternehmensgewinne nicht auszuschütten, sondern im Unternehmen zu reinvestieren, was sich in einem höheren Aktienkurs widerspiegeln sollte. Für den Investor würden neben den Steuern auch die Kosten für die Wiederanlage wegfallen.

Diese Argumentation klingt im ersten Moment plausibel. Allerdings bleiben die Unternehmen, die keine Dividenden zahlen, den letzten Beweis ihrer Profitabilität schuldig. Ausgewiesene Unternehmensgewinne sind, wie schon angedeutet, nicht in jedem Fall das, was sie zu sein scheinen.

7. Deckung der Dividenden durch Gewinne

Natürlich erwarten wir von einem erfolgreichen Unternehmen, dass Umsatz und Gewinn über einen längeren Zeitraum hinweg wachsen. Das Unternehmen sollte profitable Geschäftsfelder ausbauen und gegebenenfalls in neue investieren, also insgesamt expandieren.

Außerdem erwarten wir zuverlässige und langfristig steigende Dividendenzahlungen.

Beides kann in der Regel nur erreicht werden, indem ein Teil der Unternehmensgewinne einbehalten wird. Dieser Ertrag, der nicht ausgeschüttet wird, kann z. B. für neue Investitionen verwendet werden oder ein Cash-Polster für schlechte Zeiten bereitstellen. Sinkt der Gewinn einmal in einem schlechten Quartal, so ist die Dividende nicht unmittelbar gefährdet.

Für das Dividenden-Gewinn-Verhältnis (DGV) können 50 – 60% als gesunde Richtlinie gelten Ein guter „Value“ ergibt sich aus hoher Dividende und niedrigem DGV.

Royalty Trusts, REITs (Real Estate Investment Trusts) und MLPs (Master Limited Partnerships) sind steueroptimierte Instrumente und weichen von dieser Regel ab. Auf „Unternehmensebene“ steuerbefreit oder –begünstigt, schütten sie meist den gesamten Ertrag aus, der dann nur noch auf der Ebene des individuellen Investors versteuert wird. Diese besonderen Instrumente sind oft sehr lukrativ, ihre Renditen müssen logischerweise aber anders bewertet werden.

Autor: Andreas Otto - [Link "Noah Research" auf www.noah-research.de/... nicht mehr verfügbar] für den langfristigen Investor

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