Kommentar
06:41 Uhr, 18.06.2020

USA: Was weiß die Notenbank, was wir nicht wissen?

In den USA sehen wir gerade sensationelle Wirtschaftsdaten. Trotzdem ist Notenbankchef Powell nach wie vor tief besorgt. Was weiß er, was wir nicht wissen?

Anleger lassen sich nach wie vor nicht einschüchtern. Jeder Rücksetzer wird gekauft. Die Laune lassen sich Anleger nicht einmal durch die Notenbank vermiesen. Gleich mehrere Notenbanker haben sich diese Woche skeptisch zur Wirtschaft geäußert. Anleger ignorieren das und feiern stattdessen sensationelle Wirtschaftsdaten.

Amerikaner kaufen nämlich wieder ein. Der Umsatz im Einzelhandel stieg im Mai um fast 18 %. Wie man da schlecht gelaunt sein kann, versteht nicht jeder. Die Daten sind ja wirklich gut. Das Problem dabei: die Daten sind irrelevant bzw. es gibt keinen Grund sie zu feiern.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Im Mai hat ein Großteil der Geschäfte wieder geöffnet. Im April waren viele geschlossen und es gab in einigen Bundesstaaten Ausganssperren. Es war im März und April kein Wunder, dass unter diesen Umständen die Umsätze einbrechen. Genauso wenig sollte es verwundern, wenn die Umsätze wieder steigen, wenn Geschäfte wieder geöffnet haben.

Man kann es auch anders sagen. Wären die Umsätze nicht deutlich gestiegen, hätten wir ein großes Problem. Die Umsätze steigen natürlich, wenn wieder eingekauft werden kann. Sie steigen auch deshalb, weil sich Nachfrage aufgestaut hat. Viele haben Dinge, die sie brauchen, nicht kaufen können. Das Bedürfnis ist aber nicht verschwunden.

Nachfrage wurde durch die Geschäftsschließungen aufgestaut. Das Abarbeiten dieser aufgestauten Nachfrage führt zu einem kurzfristigen Sprung nach oben (Grafik 1). Die Umsätze haben das Niveau von März wieder erreicht. Man sieht aber auch, dass bis zur vollkommenen Genesung noch Arbeit zu tun ist.

Im Juni könnten die Konsumausgaben noch einmal ansteigen. Nicht jeder Bundesstaat hat die Wirtschaft schon Anfang Mai wieder komplett geöffnet. In Teilen des Landes wird der zurückgehaltene Konsum erst im Juni abgearbeitet. Die Umsätze dürften daher im Juni noch einmal steigen und könnten sogar das Vorkrisenniveau wieder erreichen.

Ich sehe schon vor mir wie Kommentatoren das feiern werden. Man kann es aber nicht oft genug sagen. Das Zurückschnappen der Wirtschaft ist keine Sensation und Überraschung, sondern war vorhersehbar. Relevant ist, was danach geschieht. Die Notenbank hat da so eine Ahnung. Haben Konsumenten das Notwendige nachgeholt, dürften die Umsätze wieder sinken (Grafik 2).

Die Konsumausgaben brauchen noch ein bis zwei Monate, um sich einzupendeln. Erst danach wissen wir wie groß der Schaden wirklich ist. Die Notenbank hat Angst, dass es nach dem kurzfristigen Rebound wieder abwärts geht. Das ist das wahrscheinlichste Szenario. Spätestens dann dürften Anleger wieder Angst entwickeln.

Die Notenbank weiß nicht unbedingt mehr als die Anleger. Anleger sind aktuell nur nicht sehr weitsichtig. Die Notenbank hat diesen Weitblick. Das ist in Ordnung. Man sollte sich der Lage nur bewusst sein, dass etwas gefeiert wird, das noch überhaupt keine Aussagekraft hat.

Clemens Schmale


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  • Strizi
    Strizi

    Er hat sicher mein Handelssystem gesehen 😎

    09:49 Uhr, 19.06. 2020
  • Data75
    Data75

    Also wenn die eingezeichnete Prognose wahr werden würde, dürfte man schon sehr happy sein. Das zeigt ja bereits eine steile Erholung und Fortführung des jahrelangen Trends.

    10:49 Uhr, 18.06. 2020
  • mkronen
    mkronen

    die 18% Einzelhandelsumsatz Plus Monat zu Monat werden deutlicher, wenn man die -60% Jahr zu Jahr betrachtet ! Hier wird einfach von berufener Stelle gehyped. Gekauft werden eigentlich nur US Aktien. -> Plunge Protection und Retail Wahnsinn.

    Chinesische Märkte -60%. Europa wird weiter gemieden. Hier müsste die Notenbank Liquidität auch wirken.

    Mit der Aufwertung des Yuan sehen ich langfristig China Inlandswerte sehr positiv. Langfristig wird sich der Hype nicht durchsetzen. Das Geld der Notenbanken erzeugt Asset und Real-Inflation und die Gesamt-Wirstschaft bleibt erstmal schwach, solange die unprofitablen Bereiche nicht bereinigt werden.

    09:28 Uhr, 18.06. 2020
  • Harald Weygand
    Harald Weygand Head of Trading

    Vielleicht sieht die Notenbank aber auch nur die Exzesse, die sich in einigen Bereichen der Finanzmärkte abspielen. Die Put/Call Ratio ist ein extrem niedriges Niveau gesunken. Die Anlegerschaft kauft Calls ohne Ende und spekuliert auf stark weiter steigende Kurse. Bei Extreme Readings in diesem Bereich führte das in der Vergangenheit nicht selten zu Korrekturen an den Märkten.

    07:27 Uhr, 18.06. 2020
    1 Antwort anzeigen
  • Grulich
    Grulich

    Das schaut somit eher nach einer W Erholung aus und nicht nach einem V, oder? Was meint ihr? Ich denke dass es somit auch Anfang Herbst für die Börse noch einmal ungemütlich wird 🙈

    06:49 Uhr, 18.06. 2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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