Kommentar
08:05 Uhr, 13.03.2017

USA: Rekord-Aufschwung?

Wenn das kein Rekord ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Worum geht es überhaupt? – Den aktuellen wirtschaftlichen Aufschwung.

Die USA feiern sich gerne selbst, selbst wenn es nichts zu feiern gibt. Derzeit gibt es etwas zu feiern. Der Aufschwung, der seit 2009 anhält, gehört nun zu den Top 3 Aufschwüngen aller Zeiten. Grafik 1 zeigt sämtliche Expansionsphasen der US-Wirtschaft seit 1875. Der jetzige Aufschwung ist der drittlängste, wenn es nach den offiziellen Daten des Nationalen Amtes für Wirtschaftsforschung geht (NBER – National Bureau of Economic Analysis).

Rechnet man ein klein wenig anders, dann ist es der viertlängste Aufschwung. In dieser Sichtweise zählt jeder Aufschwung als beendet, wenn die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. Das tut allerdings wenig zur Sache. Der aktuelle Aufschwung hält seit 32 Quartalen an. Der dritte Platz geht an den Aufschwung ab 1885 mit 33 Quartalen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der jetzige es in die Top 3 schafft, ist extrem hoch.

Dauert der Aufschwung gar bis Mitte 2019, dann erreicht er Platz 2. Unrealistisch ist auch das nicht, wenn die neue US-Regierung Nägel mit Köpfen macht und die angekündigten Steuersenkungen durchzieht. Wer weiß, vielleicht wird der bisherige Rekord von 47 Quartalen sogar übertrumpft.

Die Dauer des Aufschwungs lässt sich schon jetzt feiern. Doch wie viel ist das überhaupt wert? – Es ist streng genommen sehr wenig wert. Die Wirtschaftsleistung ist in diesem Aufschwung so langsam gewachsen wie selten (praktisch nie) zuvor. Da gibt es überhaupt nichts zu feiern.

Aus rein ökonomischer Sicht ist der Aufschwung ein Reinfall. Das behauptet ja auch Trump. Die Messlatte ist jedoch nicht ganz fair. Man kann die Expansion kaum mit einer vergleichen, die zur Zeit von Kriegen stattgefunden hat. Der Boom während des Zweiten Weltkrieges war einzigartig. Die Wirtschaftsleistung stieg um sagenhafte 90 % in weniger als 6 Jahren.

Der Grund dafür ist einfach zu benennen: das Defizit des Staates lag 1942 bei 12 % der Wirtschaftsleistung, ein Jahr später bei 25 %, 1944 bei 21 % und 1945 bei 20 %. Wer so viel Geld in die Hand nimmt, um Soldaten zu beschäftigen und Kriegsmaterial zu beschaffen, kann nur einen Aufschwung erwarten. Zu feiern gibt es an dieser Art des Aufschwungs jedoch nichts.

Das zeigen auch die Aktienkurse. Diese fielen in der Spitze um ein Viertel. Nach dem Krieg standen sie etwas höher als zuvor. Der Aufschwung war wenig nachhaltig und hat zu keinem breiten Boom der Wirtschaft beigetragen. Das ist heute ganz anders. Grafik 2 zeigt die Entwicklung von US-Aktien während sämtlicher Wirtschaftsaufschwünge.


Die Wirtschaft ist seit 2009 zwar so langsam gewachsen wie selten zuvor, dafür aber zeigt der Aktienmarkt den zweitbesten Run aller Zeiten. Noch besser waren lediglich die 90er Jahre, inkl. Tech-Blase.

Man kann die Sache noch expliziter ausdrücken. Grafik 3 zeigt die längsten Aufschwünge und die dazugehörige Aktienperformance. Wirtschaftlich steht der momentane Aufschwung ganz unten, die Aktienperformance fast ganz oben. Man könnte es auch so formulieren: noch nie war ein Bullenmarkt so substanzlos wie der jetzige. Ein absoluter Rekord.

Clemens Schmale

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9 Kommentare

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  • Austrochris
    Austrochris

    Der Dow kann noch steigen , vermutlich noch bis 2018 ! Die Inflation, die Schuldenmisere , und ein KGV jenseits von 35 werden dann die Märkte zusammenbrechen lassen !

    20:28 Uhr, 13.03.2017
  • Austrochris
    Austrochris

    weit über 100 % nat

    20:23 Uhr, 13.03.2017
  • Austrochris
    Austrochris

    Der Umsatz aller Dow Unternehmen ist seit 2009 um ca 25 % gestiegen . der Dow aber weit über 100 5 zugelegt !!! Whats this . Die Überbewertung ist bereits krotesk . Würden sie ein Haus kaufen dass 200000 Euro wert ist und sie 500000 Euro dafür zahlen . !!

    20:22 Uhr, 13.03.2017
  • Austrochris
    Austrochris

    nat zergehen

    20:19 Uhr, 13.03.2017
  • Austrochris
    Austrochris

    Stimme german 2 zu ! Der Aufschwung geht an vielen Amis völlig vorüber . Über 40 Millionen sin d angewiesen an Essensmarken . Das muss mal einem auf der Zunge vergehen !!!

    Der Aufschwung kann kommen, aber mit welchem Preis ! Die 20 000 Milliarden Schulden im Rücken und wohl eher knapp 25 0000 Milliarden in ein paar Jahren , wenn Trump die Steuern senken wird und Trump nur über neue Schulden seine Wahlversprechen einlösen kann !

    Der Preis ist hoch , sehr hoch, die Rechnung bezahlt dann die nächste Generation und das mit voller Wucht !!!!!!

    20:18 Uhr, 13.03.2017
  • tschak
    tschak

    kurz RechecK: EPS im Jahr 1929 etc. versus EPS im Jahr 2008 und Q1, Q2, 2009, ABSOLUTER RESET-BUTTON. das war nun eine sauber CATCH-UP Rallye, AB JETZT geht es um EARNINGS, SALES-Growth & co. !

    14:05 Uhr, 13.03.2017
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Gut, gut. Aber was genau will uns das nun sagen? Die Produktion stagniert und die Maerkte wachsen wie bloede? Wie passt das zusammen? Laeuft man nachts aufmerksam durch Bangkok, faellt auf, das die neuen Immobilien kaum bewohnt sind. Auch die USA strotzt geradezu von neuen leeren Vorstaedten. Von China, Dubai und Co. gar nicht zu reden. Ist das Ganze nicht eher eine kuenstlich aufgeblasenen Luftgeldblase? Eine Pixelillusion die nur auf Bildschirmen und aus Versprechungen existiert? Was hat Trump eigentlich tatsaechlich bisher bewegt ausser den Lippen?

    08:26 Uhr, 13.03.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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