Kommentar
17:34 Uhr, 04.11.2005

USA: Positive Entwicklung der Lohnsumme

1. Die Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichts für Oktober konnte einmal mehr mit einer faustdicken Überraschung aufwarten. Dies lag allerdings weniger an der Anzahl zusätzlicher neuer Stellen: Die Zahl der Beschäftigten stieg im Oktober nur um 56.000 Personen. Dies lag unterhalb unserer und der Markterwar-tungen (Bloomberg-Umfrage: 120.000 Personen, DekaBank: 130.000 Personen). Betrüblich ist auch, dass die beiden Vormonate um insgesamt 36.000 Personen nach unten revidiert wurden. Doch dies sollte nicht zu schwer genommen werden: Die schwache Beschäftigungsentwicklung in den Monaten September und Oktober lässt sich auf die Folgen der Hurrikane zurückführen. Die positive Überraschung liegt vielmehr in der Entwicklung der durchschnittlichen Stundenlöhne. Diese stiegen im Oktober gegenüber dem Vormonat um 0,5 %. Beachtlich ist dies deshalb, weil diese Statistik nur wenig Volatilität aufweist. Einen monatlichen Anstieg in dieser Größenordnung hat es zuletzt Anfang 2003 geben. Nach Angaben des BLS nahm die daraus ermittelten durchschnittlichen Wochenlöhne im Oktober um rund 2,70 US-Dollar gegenüber dem Vormonat zu. Dies scheint auf dem ersten Blick nicht viel. Berechnet man daraus allerdings den Lohnef-fekt für alle Beschäftigten (gut 134 Millionen), dann ergibt sich hieraus ein annualisierter monatlicher Anstieg der Lohnsumme von über 17 Milliarden US-Dollar. Nach dieser Lesart zeigt der Arbeits-marktbericht für Oktober eine gesamtwirtschaftlich starke Lohnentwicklung an. Die Arbeitslosen-quote verringerte sich schließlich im Oktober auf 5,0 % (Bloomberg-Umfrage: 5,1 %, DekaBank: 5,2 %).

2. Die starke Lohnsumme kann freilich über die schwache Beschäftigungsentwicklung nicht vollständig ü-berdecken. Dass die Hurrikan-bedingten Aufräumarbeiten im Oktober sich bereits stimulierend auf die Be-schäftigungsentwicklung ausgewirkt haben, zeigt sich am Beschäftigungsaufbau in den Bereichen Bauwirt-schaft und verarbeitendes Gewerbe. Letzterer war sogar mit +12.000 Personen eine positive Marktüberra-schung (Bloomberg-Umfrage: -9.000 Personen, DekaBank: -5.000 Personen). Gebremst wurde allerdings die Beschäftigungsentwicklung in dem deutlich gewichtigeren Dienstleistungssektor. Insgesamt wurden hier nur 7.000 zusätzliche Stellen geschaffen. Normal wäre zurzeit ein Wert von knapp 200.000 Personen. Die schwache Beschäftigungsentwicklung zeigte sich insbesondere im Bereich Freizeit und Gastronomie, der durch die Hurrikanschäden im Süden des Landes betroffen gewesen ist.

3. Das BLS gibt an, dass es die Beschäftigten in der Hurrikan-betroffenen Regionen in den Septemberzahlen nicht durch die üblichen Umfragen berücksichtigen und erst im Oktober wieder die Unternehmen wie üblich befragen konnte. Das heißt, es wurden Hinzuschätzungen für den September vorgenommen. Dies lässt vermu-ten, dass die Beschäftigtenzahlen für September eher nach oben hin verzerrt sind, während der Oktober eher zu schwach ausgewiesen wurde.

4. Fazit: Die heutigen Zahlen zum Arbeitsmarkt könnte man bezogen auf die Stundenlöhne als deutliches Indiz für einen bestehenden Lohndruck interpretieren. Diese Interpretation geht jedoch si-cherlich zu weit. Denn die Daten zu den beiden Einkaufsmanagerindizes, die diese Woche veröffentlicht wur-den, zeigen, dass sich die gesamtwirtschaftliche Produktion im Oktober vermutlich sehr stark entwi-ckelt hat. Ein starker Lohnzuwachs, der mit einem starken Produktionszuwachs bzw. einer starken Produktivitätsentwicklung einhergeht, muss nicht zwingend als übermäßiger Lohndruck verstanden werden.

5. Finanzmarktreaktionen: Die Rentenmärkte reagierten auf den enttäuschenden Beschäftigungsaufbau mit deutlichen Renditerückgängen. Die Renditen für 10-jährige US-Staatsanleihen fielen innerhalb kurzer Zeit um vier Basispunkte auf 4,63 %, gaben dann sogar noch weiter nach bis fast 4,60 %. In der Folgezeit stiegen die Renditen jedoch wieder an und lagen um 15.30 Uhr bei etwa 4,64 %. Bei den Renditen für 10-jährige Bundesanleihen verhielt es sich ähnlich: Sie fielen zunächst um bis zu 3,5 Basispunkte auf 3,45 % und stiegen anschließend wieder leicht auf 3,46 %. Der Euro stieg kurzzeitig um fast 0,7 Cents gegenüber dem US-Dollar auf 1,199, verlor anschließend ebenfalls wieder auf 1,194 gegen 15.30 Uhr. Beim DAX schließlich waren zwar merkliche Ausschläge um bis zu 15 Punkte zu beobachten, letztendlich erreichte er jedoch nach etwa einer Stunde wieder 5005 Punkte, die er direkt vor der Bekanntgabe des Arbeitsmarktberichts erreicht hatte.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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