Kommentar
09:20 Uhr, 09.08.2023

USA in einer Kategorie mit Italien

Die USA und Italien haben auf den ersten Blick wenige Gemeinsamkeiten. In einer Sache sind sie sich jedoch sehr ähnlich.

Das sehen zumindest Ratingagenturen so. Italien verlor sein AAA-Rating beim Überschreiten eines ähnlichen Verschuldungsniveaus wie die USA. Kein Wunder also, dass viele US-Politiker und auch Investmentbanken nach der Abstufung brüskiert sind. Im Gegensatz zu Italien haben die USA einige Vorteile.

Zum einen haben die USA einen wirtschaftlichen Vorteil. Dieser ergibt sich nicht nur durch bessere demographische Voraussetzungen, sondern auch höhere Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. Im Gegensatz zu Italien, welches mit dem Euro keine eigene Währung mehr hat, haben die USA den Dollar, der immer noch die unangefochtene Nummer 1 unter den Reservewährungen ist. Zu guter Letzt haben die USA eine Notenbank, die im Notfall Geld drucken kann. Italien kann dies nur in Einklang mit dem gesamten Eurosystem.

Dass Ratingagenturen die USA wie Italien behandeln, ist also bemerkenswert. Das sagt viel darüber aus, wie Ratingagenturen den Zustand der Staatsfinanzen und die Qualität der Politik einstufen. Persönlich habe ich Sympathie für die Entscheidung von Fitch. Trotz hoher Inflation und damit hohem nominellen Wirtschaftswachstum ist es den USA nicht gelungen, die durch die Pandemie aufgebaute Verschuldung abzubauen. Der Gesamtwirtschaft inklusive Staat ist dies gelungen (Grafik 1).

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Wenn man selbst in den besten Zeiten mit Unterstützung hoher Inflation die Verschuldung nicht in den Griff bekommt, ist etwas falsch. Die Verschuldung dürfte ab jetzt auch nicht mehr vom Hoch aus 2020 sinken, sondern wieder ansteigen. Die jährlichen Defizite betragen nach den Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) nie wieder weniger als 5 % der Wirtschaftsleistung.

Die Prognosen des CBO sind seit jeher zu optimistisch. Im Jahr 2009 wurde eine Verschuldung von 57 % für 2022 erwartet. Tatsächlich waren es 95 %. Im Jahr 2015 wurde für 2022 ein Wert von 75 % erwartet. Das waren 20 Prozentpunkte zu wenig (Grafik 2). Langfristig unterschätzt das CBO das jährliche Defizit um 2,35 Prozentpunkte.

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Berücksichtigt man diesen systematischen Fehler, ergibt sich eine neue Langfristprognose (Grafik 3). Die Verschuldung steigt innerhalb der nächsten fünf Jahre auf einen Wert, den aktuell Portugal ausweist. In 10 bis 15 Jahren wird Italien überholt und nochmals zehn Jahre später ist selbst die Verschuldung von Griechenland nur noch im Rückspiegel zu sehen.

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Da die Politik keine Ansätze von Ausgabendisziplin zeigt und die derzeitige Regierung prüft, ob sie nicht auch ohne den Kongress die Schuldenobergrenze aussetzen kann, ist absehbar, dass in der Fiskalpolitik bald alle Dämme brechen. Bleibt es bei diesen Tendenzen, fällt nicht nur das AAA-Rating, sondern überhaupt ein A-Rating.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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