Kommentar
10:02 Uhr, 23.05.2025

USA fordern von EU einseitige Zollsenkungen zur Abwendung neuer Strafzölle

Die Handelsgespräche zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union stehen unter erheblichem Druck. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht das von den USA für 2024 angeführte Handelsdefizit von 192 Mrd. EUR, das Washington zulasten der EU reduzieren will.

Um diesem Ziel Nachdruck zu verleihen, drohen die amerikanischen Unterhändler mit der Verhängung zusätzlicher "reziproker" Zölle von 20 % auf EU-Waren, sollten keine Zugeständnisse erfolgen. Bereits im April hatten die USA einen solchen Zollsatz auf die meisten EU-Güter erhoben, diesen jedoch bis zum 8. Juli auf 10 % halbiert, um Raum für Verhandlungen zu schaffen. Ungeachtet dessen bleiben Zölle von 25 % auf Stahl, Aluminium und Autoteile aus der EU bestehen.

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Strategische Differenzen belasten Verhandlungen

Die USA zeigten sich unzufrieden darüber, dass die EU lediglich gegenseitige Zollsenkungen angeboten habe, anstatt einseitige Zollsenkungen zuzusagen, wie es andere Handelspartner Washington gegenüber vorgeschlagen hätten. Zudem habe Brüssel die von den USA geforderte Verhandlungsbereitschaft bezüglich der geplanten Digitalsteuer vermissen lassen.

Die EU drängt auf einen gemeinsam vereinbarten Rahmen für die Gespräche, doch die Positionen beider Seiten liegen laut informierten Kreisen noch zu weit auseinander, berichtet die FT. Washington fordert darüber hinaus eine Erleichterung für US-Investitionen in der EU, eine Reduzierung der Regulierung, die Akzeptanz amerikanischer Lebensmittel- und Produktstandards sowie die Abschaffung nationaler Digitalsteuern.

Sabine Weyand, die oberste Handelsbeamtin der Kommission, erklärte gegenüber Botschaftern, man wolle "den einseitigen Forderungen der USA mit kooperativen Vereinbarungen begegnen". Brüssel hat angeboten, über die gegenseitige Anerkennung von Standards, die Vereinfachung von Verfahren für den Handel mit Lebensmitteln und Tieren sowie über die Einhaltung internationaler Arbeitsrechte und Umweltschutzstandards zu diskutieren – eine Kernforderung der USA.

Kaum Fortschritte und drohende Eskalation

Trotz des Austauschs von Verhandlungsdokumenten seit der Ankündigung einer 90-tägigen Verhandlungsperiode durch die Trump-Regierung haben beide Seiten in der Substanz kaum Fortschritte erzielt. Ein dritter, über die Interaktionen informierter Beamter äußerte sich pessimistisch hinsichtlich einer Einigung, die US-Abgaben auf europäische Importe verhindern könnte: "Der Austausch von Briefen ist kein wirklicher Fortschritt. Wir kommen immer noch nicht wirklich weiter."

Die USA haben zudem angedeutet, ähnliche Maßnahmen wie die bestehenden Zölle auf Stahl und Aluminium auch auf Pharmazeutika, Halbleiter und andere Güter auszuweiten.

Einige EU-Diplomaten befürchten, dass die USA in jedem Abkommen einen Zollsatz von 10 % als Untergrenze ansehen werden – eine Aussicht, die nach Aussage vieler EU-Handelsminister Vergeltungsmaßnahmen nach sich ziehen würde. Die EU hat während der Gespräche Zölle auf US-Waren im Wert von 23 Mrd. EUR ausgesetzt und konsultiert Industrie und Regierungen bezüglich einer weiteren Liste im Umfang von 95 Mrd. EUR, die auch Boeing-Flugzeuge und Bourbon-Whiskey umfassen könnte.

Olof Gill, EU-Handelssprecher, betonte: "Die Priorität für die EU ist es, ein faires, ausgewogenes Abkommen mit den USA anzustreben, das unsere massive Handels- und Investitionsbeziehung verdient. Beide Seiten müssen daran arbeiten, die aktuelle Zollsituation zu lösen sowie sich strategisch in Schlüsselbereichen von gegenseitigem Interesse zu koordinieren."

Fazit

Leider muss man damit rechnen, dass im Zollkrieg weiterhin "America first" die oberste Devise ist. Im Sommer könnte der Konflikt wieder eskalieren, wenn bis dahin keine Lösung gefunden wird. Das ist auch wichtig für die Aktienmärkte, die dann womöglich wieder durchgeschaukelt werden.

1 Kommentar

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  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Bis zum Sommer hat es nicht gedauert... ;)

    15:44 Uhr, 23.05.