Kommentar
08:36 Uhr, 12.12.2019

USA: Entsteht durch die Fed gerade eine neue Finanzkrise?

Nach der Finanzkrise wurde vieles getan, um eine Wiederholung zu verhindern. Genau diese Maßnahmen drohen die nächste Krise zu verschlimmern oder sogar auszulösen.

Das Hauptproblem während der Finanzkrise war Misstrauen. Banken liehen sich untereinander kein Geld mehr. Man konnte nicht sicher sein, dass die Bank, der man Geld leiht, morgen noch existiert. In einer solchen Situation ist es unvernünftig, Geld zu verleihen. Also brach der Interbankenmarkt zusammen. Die Notenbank musste einspringen.

Dies tat sie, indem sie ihre Bilanzsumme von 900 Mrd. auf 2,2 Billionen ansteigen ließ. Dieser Anstieg fand innerhalb von zwei Monaten statt und stellte die späteren QE Programme in den Schatten. Damit so etwas nicht mehr notwendig ist, wurden nach der Finanzkrise neue Regeln geschaffen.

Vor allem Großbanken, die systemrelevant sind, müssen Liquiditätsreserven halten. Diese Reserven sollen in einer Krisensituation Sicherheit geben. Großbanken sollen problemlos Durststrecken überwinden können. Hätte es diese Regeln bereits 2008 gegeben, wäre Lehman Brothers möglicherweise niemals bankrott gegangen.


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Lehman Brothers ging vor allem deswegen bankrott, weil es sich nicht mehr refinanzieren konnte. Die Liquiditätsreserven reichten nicht aus. Nach der heutigen Regulierung würde eine Bank wie Lehman mit höheren Reserven ausgestattet sein und dadurch in einer Krise robuster sein.

Die Regeln sind also durchaus sinnvoll und gut gemeint. Der Teufel steckt allerdings im Detail. Obwohl im US-Bankensystem Überschussliquidität von 1,4 Billionen vorhanden ist, reicht es nicht. Das hat dazu geführt, dass die Notenbank wie 2008 wieder einspringen musste. Sie hat ihre Bilanzsumme wieder deutlich ausgeweitet. Selbst in der langfristigen Betrachtung erkennt man, dass der Anstieg der Bilanzsumme substantiell ist (Grafik 1). Das ist eine massive Intervention.


Diese Intervention ist notwendig, weil nun Großbanken ihre Liquiditätsreserven nicht mehr hergeben. Sie sitzen auf Reserven, die sie gar nicht brauchen. Die neuen Regeln schreiben zwar vor, dass mehr Liquidität gehalten werden muss, aber Banken legen das sehr strikt aus. Sie halten mehr Liquidität als vorgeschrieben. Sie horten Liquidität, weil sie Angst haben, im Ernstfall nicht konform zu sein.

Um wieder mehr Liquidität ins System zu bringen, hat die Notenbank damit begonnen, Staatsanleihen zu kaufen. Gleichzeitig laufen die Notmaßnahmen, die im September ein Krise abgewendet haben, weiter. Die Fed versorgte Banken mit bis zu 75 Mrd. Dollar Liquidität am Tag. Durch die Käufe von Anleihen sollte das nicht mehr notwendig sein. Wie sich nun zeigt, steht das Notprogramm immer noch unter Volldampf. Immer noch werden über kurzfristige Geschäfte (Repos) über 200 Mrd. im Markt gehalten.

Diese Notmaßnahmen sollten mit den Anleihekäufen immer weniger notwendig werden. Das ist nicht der Fall. Banken horten wie wild Liquidität. Das führt dazu, dass die Notenbank möglicherweise mehr QE leisten muss als geplant.


Für die nächste Krise hat das Verhalten der Banken Signalwirkung. Die Regeln sehen zwar vor, dass mehr Liquidität gehalten werden muss, um Krisen zu verhindern. Doch genau das führt dazu, dass Banken Liquidität horten. Vor allem Großbanken horten Liquidität über die Anforderungen hinaus. Das ist kontraproduktiv. Das Horten entzieht dem Markt Liquidität und ist äquivalent zum Austrocken des Interbankenmarktes. Die Regeln, die eine Liquiditätskrise verhindern sollten, beschwören genau diese nun herauf.

Lesen Sie zu diesem Thema auch: Crash zum Jahreswechsel?

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24 Kommentare

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  • JürgneDax
    JürgneDax

    warum steigt der DAX?

    15:45 Uhr, 12.12. 2019
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    es gibt in beide Richtungen jede Menge Kohle zu verdienen - packen wir es an 👍

    15:22 Uhr, 12.12. 2019
  • JürgneDax
    JürgneDax

    Herr Schmale setzen Sie mal ein neues Foto von sich rein. Das jetzige ist doch bestimmt schon 10 Jahre alt

    12:27 Uhr, 12.12. 2019
  • G3ckOoo
    G3ckOoo

    War doch klar, dass die Bilanzreduktion irgendwann an seine Grenze stößt an dem der Finanzmakrt mehr Liquidität benötigt. Unser Schuldgeldsystem braucht nun mal immer mehr Geld.

    Für 75Mrd kann man ubrigens grob die Silberproduktion der letzten 5 Jahre kaufen. Also Papiersilber.

    10:34 Uhr, 12.12. 2019
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Die größten Krisengewinner waren die großen US Banken. Denen muss es so gut gehen wie nie zuvor. Wenn man den Aktienkurs zugrunde legt.

    Etliche lästige Mitbewerber sind 2008 kaputtgegangen.

    So wie 1929, als 9000 Banken pleite gegangen sind.

    Ich glaube nicht, dass die US Banken aus "Angst" Liquidität horten. Eher absichtlich. Man muss ja sehen, dass diese stillen Reserven totes Kapital sind. Speck, den man nicht essen kann oder damit herumspekulieren. Wenn da das Regelwerk aus Angst vor einer neuen Krise gelockert werden würde, dann würde dieses Geld mit Gewinn angelegt werden können.

    Wenn ich mir den Chart von JP Morgan Chase anschaue, dann erzählt der auch eine Geschichte.

    Zwischen 2003 und 2007 haben die irgendwie nicht genug Geld verdient, oder warum sieht der Chart in diesem Zeitraum so dermaßen beschissen aus?

    Aber nach der Finanzkrise ging es ja so richtig ab, Wahnsinn, was aus einem dahin dümpelnden Unternehmen geworden ist, die sind ja im Höhenflug und müssen irre viel Geld verdienen.

    Goldman Sachs hat sich nicht ganz so gut entwickelt, aber die Aktie steht fast auf Allzeithoch.

    Diese Banken brauchen Krisen, um sich weiterentwickeln zu können. Je mehr Krise umso größer ist später der Gewinn.

    Die Finanzkrise 2008 war Absicht

    die Krise 2020 ist auch beabsichtigt. "Liquiditätsmangel"

    Die Banken bricht schon lange die Internetkonkurrenz an. Die klauen ihr Geschäft, so wie früher diese kleinen Klitschen mit den Tagesgeldkonto-Zinssätzen von 7 Prozent.

    Ob man gegen die Giganten Amazon, Google und Apple überhaupt noch eine Chance hat?

    Die wildern frech in ihrem Revier.

    Aber eins steht fest: Apple, Amazon und Google können noch keine Krise auslösen.

    Der Club der Wallstreet - Banken schon. Da wird im Hinterzimmer schon gebrütet.

    Wenn sie jetzt nichts machen, dann werden die Monstertechs die Finanzwelt genauso umkrempeln, wie sie es mit der Industrie getan haben.

    10:23 Uhr, 12.12. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • EsJay
    EsJay

    Bei Ihren Artikeln gibt's immer etwas, das ich noch nicht kenne - insofern ein dickes Lob. Interessant sind immer die Daten/Grafiken, die ich in anderen Artikeln so nicht finde.

    09:38 Uhr, 12.12. 2019
  • Mr.Lee
    Mr.Lee

    👍

    09:10 Uhr, 12.12. 2019
  • Franz Schanz
    Franz Schanz

    Ist das der von Tesla?

    08:50 Uhr, 12.12. 2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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