Kommentar
10:04 Uhr, 10.04.2025

USA bald in der Rezession?

Schrumpft die Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen, spricht man von einer Rezession. In den USA war bis jetzt kein einziges Quartal negativ. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Rezession bereits begonnen hat. Daran ändern auch kurzfristige Rebounds am Aktienmarkt nichts.

Damit in den USA eine Rezession offiziell festgestellt wird, müssen mehrere Faktoren zusammentreffen. Eine schrumpfende Wirtschaftsleistung allein reicht dafür nicht aus. Die Arbeitslosenrate muss gleichzeitig ansteigen. Es ist zwar der Normalfall, dass die Arbeitslosenrate steigt, wenn die Wirtschaft schrumpft, doch es gibt Ausnahmen. Eine solche gab es 2022. Die Wirtschaft schrumpfte, die Arbeitslosenrate ging zurück.

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2025 wird es eine solche Ausnahme nicht geben. Die Kernfrage ist vor allem, was im zweiten Quartal geschieht. Das erste Quartal ist gerade beendet worden und praktisch irrelevant. Die Regeln und das Umfeld haben sich am 2. April fundamental verändert.

Das erste Quartal stellt dennoch den Auftakt der Rezession dar, allerdings aus ungewöhnlichen Gründen. Unternehmen versuchten den Zöllen zuvorzukommen und importierten so viel sie nur konnten. Das Handelsbilanzdefizit stieg deutlich an. Damit ist es wahrscheinlich, dass die Wirtschaft im ersten Quartal schrumpfte.

Für eine Rezession braucht es nun ein zweites Quartal und eine Trendwende am Arbeitsmarkt. Im verarbeitenden Gewerbe kann man mit sehr hoher Sicherheit von einer Rezession ausgehen. Der Einkaufsmanagerindex wird aus mehreren Komponenten berechnet. Zwei davon sind der Lagerbestand und der Auftragseingang. Sind die Lager voll und der Auftragseingänge schlecht, wird zukünftig weniger produziert. Auftragseingang und Lagerbestand gehen dem Gesamtindex um zwei Monate voraus. Demnach befindet sich das Gewerbe spätestens ab Mai in einer Rezession mit einem Gesamtindex im Bereich von 45 Punkten, weit unter der Expansionsgrenze von 50 (Grafik 1).

Wenig überraschend werden gleichzeitig die Preise steigen. Die Inflationsrate folgt dem Preisindex der Einkaufsmanager. Zölle bedingen einen Preisanstieg. Im Gewerbe kann man nicht einmal von Stagflation sprechen, sondern von ansteigender Inflation inmitten einer Rezession (Grafik 2).

Ein Großteil der Wirtschaftsleistung wird im Dienstleistungssektor generiert. Das bewahrte die US-Wirtschaft in den vergangenen Jahren vor einer Rezession. Hier ist der Einkaufsmanagerindex deutlich zurückgegangen, beinhaltet allerdings noch nicht die neue Sachlage seit dem 2. April.

Bereits vor dieser Veränderung konnte sich der Index nur sehr knapp über der Expansionsgrenze von 50 halten. Der aktuelle Indexwert impliziert ein Wachstum von 1 % gegenüber dem Vorjahr. Um dieses Wachstum zu erreichen, muss die Wirtschaft bereits geschrumpft sein (Grafik 3).

Eine Fortsetzung des Trends im zweiten Quartal ist sehr wahrscheinlich. Was nun noch fehlt, ist ein Trendwechsel am Arbeitsmarkt. Der Teilindex für die Beschäftigung fiel im März bereits auf 46,2 Punkte. Auch hier kann man von veralteten Daten sprechen. Der Trend wird sich verschärfen. Im besten Fall bleibt die Beschäftigung konstant. Im Basisszenario steigt die Arbeitslosenrate über 5 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Rezession bereits begonnen hat und im Sommer offiziell festgestellt wird, liegt bei deutlich mehr als 50 %. Nur eine 180°-Wende der Regierung innerhalb der nächsten zwei Wochen kann eine Rezession noch verhindern.

Versuche, den Markt halbherzig zu beruhigen, in dem man nun plötzlich wieder Verhandlungen in den Fordergrund stellt, reichen nicht. Während der ersten Amtszeit war es anders. Wenn der Markt fiel, half das verbale Zurückrudern kurzfristig. Jetzt wurde so viel und so schnell umgesetzt, dass der Schaden bereits angerichtet ist. Es braucht Taten (Zölle zurücknehmen oder zumindest Klarheit schaffen), nicht Worte, um eine Rezession zu verhindern.


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2 Kommentare

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  • Marc1
    Marc1

    Auffällig ist der ungebremste Anstieg beim Gold und der Fall des DXY. Könnte es sein, dass der Markt mit einer Zinssenkung bei gleichzeitig steigender Inflation rechnet?

    11:44 Uhr, 10.04.
  • masi123
    masi123

    Man kann das formale Eintreten einer Rezession sicher um einige Quartale verzögern. Aufgrund der Unsicherheit über die durch Zölle verursachten Preissteigerungen haben vorgezogene Käufe z. B. von Autos stattgefunden bzw. finden noch statt (Kauf von bereits vor Inkrafttreten der Zölle importierten Gütern).

    Den nach dem Ende dieses Effekts eintretenden Konsumrückgang wird u. a. mit erhöhten Staatsaufträgen entgegengewirkt. So wurde beispielsweise das ohnehin riesige Militärbudget um über 100 Milliarden USD auf ~1 Billion USD erhöht.

    Auch die Arbeitslosenstatistik (Erstanträge) ist nur bedingt aussagekräftig. So werden die Entlassungen im Regierungsapparat zum Großteil erst im dritten Quartal wirksam bzw. tauchen gar nicht in der Statistik auf, weil die Leute in den Ruhestand versetzt wurden. Generell erscheint ja die Nichtbesetzung, von aufgrund Verrentung freiwerdender Stellen, nicht in der Statistik.

    Auch bei der Verbuchung von Aufträgen (Vorziehen, Zurückstellen) hat man einen gewissen Spielraum, was v. a. zum Jahreswechsel (4. bzw. neues 1. Quartal) genutzt wird.

    Alle diese (Quartals-) Zahlen sind also mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren.

    10:49 Uhr, 10.04.