Kommentar
09:48 Uhr, 22.09.2016

USA: Armut geht massiv zurück

Der aktuelle Aufschwung hat viel Kritik einstecken müssen: er hilft nur den Reichen und lässt die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergehen. Das kann man nun nicht mehr behaupten.

Nach 7 Jahren Aufschwung stieg die Nervosität fast ins Unermessliche, denn Jahr um Jahr wollte der Aufschwung einfach nicht am unteren Ende der Einkommensverteilung ankommen. Sprich: wer vor der Krise arm war und in der Krise arm wurde, war immer noch arm. Ein Aufschwung, der in der breiten Masse nicht ankommt, kann letztlich nicht viel wert sein. Wachstum ist kein Selbstzweck, sondern soll Menschen einen höheren Lebensstandard ermöglichen oder sie zumindest aus der Armut holen.

Die Reduktion der Armut hat bis 2015 nicht funktioniert. Grafik 1 zeigt die Anzahl an Personen unterhalb der Armutsgrenze und die Personen, die armutsgefährdet sind. Zwischen 1999 und 2014 stieg die Anzahl der Personen konsequent an. Zugegeben, zwischen 2010 und 2014 war der Wert vergleichsweise stabil. Dennoch: viele Jahre lang galten 60 Mio. Amerikaner als arm oder armutsgefährdet.

Die Armutsquote stagniert seit Jahren. Mit einem deutlichen Rückgang der in Armut lebenden Personen konnte die Quote nun 2015 wieder merklich sinken. Sie sank sogar so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das sind gute Neuigkeiten. Der Aufschwung kommt endlich bei den Menschen an.
Natürlich darf man sich aufgrund dieser Daten nun nicht gleich zurücklehnen. Es sind immer noch 55 Mio. Menschen, die praktisch nicht genug zum Leben haben. Das ist für ein Land, welches zu den reichsten der Welt gehört, bedenklich.

Problematische Trends setzen sich zudem fort. 26 % der Haushalte haben pro Jahr mehr als 100.000 Dollar an Einkommen. Vor 50 Jahren lag der Anteil bei 8 %. Der Anteil der Haushalte, die weniger als 35.000 Dollar pro Jahr zur Verfügung haben, sank im gleichen Zeitraum von 39 % auf 32 %, doch das ist für 5 Jahrzehnte keine besonders löbliche Entwicklung.

Auch das Medianeinkommen befindet sich noch deutlich unterhalb der Rekordwerte Ende der 90er Jahre. Das Medianeinkommen ist ein nützliches Maß. 50 % der Haushalte haben mehr als das Medianeinkommen zur Verfügung, 50 % weniger. Allerdings sagt der Median wenig darüber aus, wo sich die Einkommen tatsächlich befinden. Theoretisch wäre es möglich, dass die Hälfte der Einkommen bei wenigen tausend Dollar liegt und dann ein großer Sprung nach oben gemacht wird, sodass das Medianeinkommen insgesamt hoch erscheint.

Das reale Medianeinkommen sagt zudem nicht unbedingt viel darüber aus, ob es den unteren Einkommensschichten nun besser oder schlechter geht. Die Realeinkommen werden um die Inflationsrate bereinigt. Nun hat ein Haushalt, der ein besonders geringes Einkommen hat, jedoch eine ganz andere Inflationsrate als ein Haushalt mit hohem Einkommen. So dürfte sehr viel mehr Einkommen für Nahrungsmittel verwendet werden, wenn das Gesamteinkommen gering ist. Die Grundgüter verbrauchen das Einkommen. Ist hier die Inflation hoch, dann trifft dies die Armen sehr viel stärker als alle anderen.

Kritik an Medianeinkommen und dem Wirtschaftsaufschwung der letzten Jahre gibt es zur Genüge. Eine Verbesserung hat stattgefunden. Um allerdings tatsächlich über die ganze Gesellschaft hinweg einen höheren Lebensstandard zu erreichen, braucht es noch viele Jahre. Beim derzeitigem Tempo muss der Aufschwung noch mindestens 5 weitere Jahre anhalten, um tatsächlich zu einer Verbesserung beim Großteil der Menschen zu führen und in der breiten Gesellschaft zu einem neuen Wohlstandsniveau zu führen.

Clemens Schmale

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26 Kommentare

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  • shark
    shark

    Armut:In den USA kehren die Slums zurück

    In den USA leben so viele Menschen in extremer Armut wie noch nie. Schuld ist ein Geflecht aus wirtschaftlichen Interessen, Diskriminierung und lokaler Politik.

    Von Thorsten Schröder, New York

    13. August 2015, 16:35 Uhr

    14:27 Uhr, 24.09.2016
    1 Antwort anzeigen
  • shark
    shark

    Armutsforscher Butterwegge:"Große Koalition fördert Reichtum, statt Armut zu bekämpfen"

    Ein Beitrag von: Daniela Stahl, Christoph Butterwegge

    Stand: 23.02.2016 |Bildnachweis

    14:22 Uhr, 24.09.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Eine Statistik ist wie eine Laterne im Hafen, sie dient dem betrunkenen Seeman mehr zum Halt, als zur Erleuchtung.----->>>>Wie lange es geschönte Statistiken im Angesicht der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung in den Staaten, allerdings noch vermögen Halt zu geben, steht in den Sternen.

    Die Ergüsse der US-Staatsstatistiker haben in den vergangenen Jahren jedenfalls nicht für Erleuchtung gesorgt, eher für Verwirrung und auch für Erheiterung. Dem geneigten Beobachter blieb jedenfalls nicht verborgen, dass den US-Statistiken eine Geschmeidigkeit innewohnt, die einen staunen lässt. Wie oft in den vergangenen 2 Jahren, kamen immer dann passende Statistiken, mit höchst erstaunlichen Richtungswechseln an die Öffentlichkeit, wenn es darum ging, den Kurs der FED zu unterstützen??

    Fakt ist, daß im aktuellen Artikel von Herrn Schmale alle bestätigt werden, die es schon immer gewusst haben----->>>>Amerika ist zurück und wieder auf dem Weg zu alter Größe.

    Das passt allerdings mit einigen Tatsachen im Land der Freien und Braven nicht zusammen, wie z.B.

    --------->>>>>47 Millionen Empfänger von Lebensmittelmarken

    --------->>>>>Jobwachstum nur noch in McJobs

    --------->>>>>Zustimmung für Donald Trump, von Millionen Wählern

    --------->>>>>Einer realen Rezession, die nur noch mit viel Make Up verdeckt wird

    --------->>>>>Der unverfälschten Statistik von www.shadowstats.com

    Nun kann man natürlich argumentieren, daß es sich bei den Trump-Wählern um die abgehängten AFDler Amerikas handelt----->>>>die Uncle Sam nicht mal geschenkt zurück haben möchte. Wenngleich deutsche "Politgrößen" im Hinblick auf AFD-Wähler, diese eigentümliche Sichtweise noch vor noch nicht langer Zeit, laut hinaus posaunten, sind es in den USA schlichtweg zu viele Trump-Anhänger um sie in der Art und Weise links-grüner deutscher Gutmenschen zu diskreditieren ohne das Auseinanderbrechen der Gesellschaft zu riskieren.

    Fazit: Die nächsten 12 Monate wird in aller Deutlichkeit zu Tage treten, wie es um die Situation in den Staaten tatsächlich bestellt----->>>>wenn die Rezession nicht mehr vertuscht werden kann und Frau Yellen völlig unvorhersehbar Helikoptergeld abwirft und QE-Forever verkündet

    13:19 Uhr, 24.09.2016
  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    Nie wieder arm sein. Nicht für eine Million Euro oder Bitcoins. Weisste Bescheid.

    12:11 Uhr, 23.09.2016
  • Joshua
    Joshua

    Hallo Herr Schmale, wollen Sie jetzt auch vor den Wahlen gut Wetter für die Demokraten machen oder was soll der Artikel? Wie fragwürdig ihre Aussagen sind wird ja zumindest angedeutet, jedoch ohne Nennung ihrer Quellen geht der Wert ihres Artikels gegen Null.

    10:12 Uhr, 22.09.2016
    1 Antwort anzeigen
  • shark
    shark

    Ich vermisse Quellenangaben zu ihrem Artikel .

    Wieviele US-Bürger leben in Armut Hr.Schmale ?

    Armut gibt es übrigens auch in Deutschland,allein 2 Mio Kinder sind davon betrofffen !!

    09:52 Uhr, 22.09.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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