Kommentar
15:44 Uhr, 17.07.2024

USA: Abschwung oder Normalisierung?

Die Berichtssaison hat begonnen und das erste Fazit ist ernüchternd. Wo man hinschaut, man sieht Zeichen des Abschwungs. Was wie ein Abschwung aussieht, muss aber keiner sein.

Traditionell beginnt die Berichtssaison mit den Quartalzahlen der Großbanken. Zumindest erhalten diese die meiste Aufmerksamkeit. Derzeit gibt es vor allem zwei Dinge, die Anleger besonders interessieren. Eines ist der Immobilienmarkt, spezifisch der für Geschäftsimmobilien. Ein anderes ist die Vorsorge für Verluste aus dem Kreditgeschäft.

Die größte US-Bank, J.P. Morgan, legte für Verluste aus dem Kreditgeschäft 3,05 Mrd. USD zurück. Im ersten Quartal waren es 1,88 Mrd. Im zweiten Quartal fielen effektiv 2,2 Mrd. USD an Kreditverlusten an. Vor einem Jahr waren es noch 1,4 Mrd. Ein Anstieg der Verluste um 50 % auf Jahressicht sieht nach Abschwung aus.

Die Bank selbst sieht das anders. Sie spricht von einer Normalisierung. Mit dieser Einschätzung liegt sie richtig. Bevor der Staat während der Pandemie Geld an Haushalte verschenkte, lagen die Kreditverluste bei 0,5 % der ausstehenden Kredite. 2021 und 2022 fiel dieser Prozentsatz auf 0,26 %. Jetzt liegt er wieder bei 0,5 %. Es hat tatsächlich mehr eine Normalisierung stattgefunden als ein Abschwung.


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Das Problem ist, dass aus der Normalisierung noch ein Abschwung werden kann. Das erscheint aus heutiger Sicht vorerst unwahrscheinlich. Haushalte befinden sich immer noch in guter Verfassung. Der Schuldendienst macht immer noch einen historisch tiefen Prozentsatz des verfügbaren Einkommens aus (Grafik 1).

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Gleichzeitig haben Haushalte immer noch Geld wie nie. Direkt auf Bankkonten verfügbar sind 4 Billionen USD (Grafik 2). Dabei entfällt die Liquidität nicht nur auf die obersten Einkommensgruppen. Die unteren 50 % der Einkommensverteilung halten heute doppelt so viel Geld wie 2019. Selbst unter Berücksichtigung der Inflation bleibt der Anstieg beachtlich.

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Wenn die USA unmittelbar vor einem Abschwung stehen, dann waren Haushalte noch nie so gut vorbereitet wie jetzt. Das Vermögen ist hoch, die Liquidität ebenso (Grafik 3). Eine Rezession ist unter diesen Voraussetzungen unwahrscheinlich. Kommt sie dennoch, wird sie nicht tief.

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Dazu passt gar nicht, dass Unternehmen im Konsumgüter- und Dienstleistungsbereich von einer Zurückhaltung von Konsumenten sprechen. Die meisten Unternehmen sprechen davon, dass Verbraucher ihre Ausgaben vermehrt auf das fokussieren, was sie wirklich benötigen und nicht auf das, was sie einfach nur wollen. So etwas hört man zu Beginn einer Rezession in Quartalsberichten. Doch auch hier gibt es eine Erklärung. Das Wachstum der Konsumausgaben war 2021 bis 2023 überdurchschnittlich hoch.

Der Rückstand aus dem durch Lockdowns gekennzeichneten Jahr 2020 ist aufgeholt. Das Bedürfnis, sich mehr zu gönnen, weil man zuvor verzichten musste, ist gestillt. Kurzum, derzeit kann man noch von einer Normalisierung sprechen und nicht von einem Abschwung.

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