Fundamentale Nachricht
16:08 Uhr, 26.04.2024

US-Zinsentscheid am 1. Mai: Datenabhängige Schlummertaste

Die Fed könnte die Märkte bei ihrem nächsten Zinsentscheid am 1. Mai 2024 laut Christian Scherrmann, US-Volkswirt bei der DWS, daran erinnern, dass bei einem erneuten Anstieg der Inflationsraten eine weitere Runde von Zinserhöhungen durchaus möglich ist.

Die hohen Erwartungen der USA an eine zügig sinkende Inflation wurden in den letzten Monaten nicht erfüllt. Während der Ausblick auf niedrigere US-Zinsen in der Vergangenheit möglicherweise selbst dafür mitverantwortlich war, könnte eine anderer Faktor eine weitaus größere Rolle gespielt haben. Jüngste Schätzungen zur Migration deuten darauf hin, dass der Zustrom an Menschen möglicherweise deutlich höher war und kurzfristig auch sein wird als bisher angenommen. Obwohl eine Bevölkerungszunahme unweigerlich zu höherer Gesamtnachfrage führt und damit kurzfristig vielleicht tatsächlich höheren Preisdruck impliziert, führt dies nicht zwangsläufig zu höherer Inflation in der mittleren Frist. Ein höheres Arbeitskräfteangebot könnte tatsächlich den derzeitig noch anhaltenden Druck an den Arbeitsmärkten lindern. Dies wiederum spricht dann insgesamt für eine weitere Normalisierung der Lohnsteigerungsraten und damit auch wieder für niedrigere Inflationsraten. Alles in Allem erwarten wir daher weiterhin, dass sich der Desinflationsprozess fortsetzen wird, wenn auch mit etwas höherer Volatilität als bislang angenommen. Insgesamt würde eine solche Entwicklung noch immer für niedrigere Zinsen in der Zukunft sprechen, wenn auch vielleicht etwas später als ursprünglich projiziert.

Dies führt uns zum Hauptthema der US-Notenbanksitzung im Mai: das Betätigen der datenabhängigen Schlummertaste. Die Zentralbanker haben bereits betont, dass sie keine Eile haben, die Zinsen anzupassen, und die aktuelle Geldpolitik wird sowieso als ausreichend restriktiv angesehen. Um die notwendige neutrale und abwartende Ausrichtung jedoch zu unterstreichen, glauben wir, dass das Narrativ “Inflationsbekämpfung zuerst” einer Auffrischung bedarf. Dies könnte dadurch erreicht werden, indem man die Märkte daran erinnert, dass bei einem erneuten Anstieg der Inflationsraten eine weitere Runde von Zinserhöhungen durchaus möglich sind. Obwohl Zinssteigerungen sicherlich nicht unser Basisszenario sind, glauben wir, dass die Notenbanker mit dieser falkenhaften Haltung dem ins Stottern geratenen Desinflationsprozess die nötige Zeit erkaufen könnten. Ebenfalls erwarten wir einige Details zur Reduzierung der Bilanzreduktion, da die Zentralbanker dieses Thema mittlerweile ebenfalls ausführlich diskutiert haben sollten.

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