Kommentar
11:00 Uhr, 22.03.2017

US-Wirtschaft gibt große Rätsel auf

Die einen sehen im ersten Quartal ein Wachstum von knapp 3%, die anderen von 0,9%. Selten gingen die Meinungen über die US-Wirtschaft so weit auseinander wie jetzt.

Selten zuvor war der Ausblick für die US-Wirtschaft so widersprüchlich wie jetzt. Auf den Punkt bringen dies zwei Vorhersagen, beide von Notenbanken. Aktuell bieten zwei regionale US-Notenbanken Vorhersagemodelle für das Wirtschaftswachstum an. Das Modell der Notenbank von Atlanta (GDPNow) hat sich inzwischen etabliert. Es hat eine recht hohe Trefferquote.

Noch etwas neuer ist das Modell der New Yorker Fed (genannt Nowcast). Hier werden erst seit einem Jahr Vorhersagen veröffentlicht. Die Historie ist also noch etwas begrenzt, doch bisher lag das Modell auch nicht vollkommen daneben. Die Notenbank hat zudem das Ziel möglichst gute Vorhersagen zu treffen. Das Modell wurde entsprechend ausführlich mit zurückliegenden Daten getestet. Die Zuverlässigkeit der Vorhersagen ist adäquat.

Von beiden Modellen kann man sagen, dass sie recht solide sind und eine hohe Trefferquote haben. Sie sagen das Wachstum meist besser voraus als die meisten Analysten von Investmentbanken. Sie stimmen zudem in der Tendenz meist überein – nicht so in diesen Tagen.

Die Grafik fasst das Problem zusammen. Die Vorhersage von GDPNow fällt wie ein Stein. Zuletzt sank das vorhergesagte Wachstum für das erste Quartal unter 1 %. Ganz im Gegensatz dazu steht die Prognose von Nowcast. Diese zeigte bis Anfang März eine Wachstumsrate von mehr als 3 % an. Derzeit sind es immer noch 2,8 %.

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Beides kann nun ja nicht stimmen. Entweder hat sich das Wachstum beschleunigt oder eben verlangsamt. Beides gleichzeitig geht nicht. Es drängt sich die Frage auf: Welches Modell gilt denn nun?

Um diese Frage zu beantworten, muss man wissen, wie die Modelle funktionieren. Das Wall Street Journal brachte die Funktionsweise vergangene Woche auf den Punkt: das Modell der New Yorker Fed legt mehr Wert auf Sentiment Indizes, die Notenbank von Atlanta gewichtet harte Fakten höher.

Unter harten Fakten werden tatsächliche Daten verstanden. In das Modell fließt z.B. das Wachstum der Konsumausgaben ein. Die Vorhersage verändert sich, wenn sich die Konsumausgaben verändern. Steigen sie schneller an, steigt die Wachstumsvorhersage, sinken sie, dann fällt auch die Prognose niedriger aus.

Nowcast verwendet teilweise ähnlich Datensätze, jedoch sind diese deutlich weniger stark gewichtet. Sentiment Indikatoren kommt eine überproportionale Bedeutung zu. Die Stimmung der Unternehmen (reflektiert über den ISM Einkaufsmanagerindex) spielt eine sehr große Rolle.

Die Stimmung hat sich seit Trumps Wahl aufgehellt. Daher zeigt das vom Sentiment bestimmte Modell ein hohes Wachstum an. Die tatsächlichen Daten spiegeln hingegen bisher keine Verbesserung der Lage wider. Man kann sogar vom Gegenteil ausgehen. Zuletzt stagnierte das Kreditwachstum, Konsumenten geben kaum mehr aus und die Bauaktivität nimmt ab.

Für das erste Quartal deutet sich entsprechend niedriges Wachstum an. Letztlich basieren die Wachstumszahlen auf tatsächlichen Daten. Nur weil die Stimmung gut ist, steigt ja nicht automatisch die Wirtschaftsleistung. Insofern würde ich für das erste Quartal mehr dem GDPNow Modell vertrauen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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