Kommentar
11:31 Uhr, 12.05.2020

US-Wirtschaft dürfte um 30% bis 40% einbrechen

Die US-Wirtschaftsleistung wird im zweiten Quartal mit einer aufs Gesamtjahr hochgerechneten Rate von 30 bis 40 Prozent schrumpfen, wie Echtzeitmodelle zeigen.

Wie schlimm wird der Konjunktureinbruch in der Folge der Corona-Pandemie wirklich? Bisher gab es nur wenige harte Fakten, die das ganze Ausmaß des Einbruchs zeigten. Wer sich ein Bild von der Schwere des Konjunktureinbruchs machen wollte, war vor allem auf Schätzungen von Volkswirten angewiesen.

Doch nach und nach treffen nun Wirtschaftsdaten ein, die eine bessere Einschätzung zulassen. Daten zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also der Summe aller in einer Volkswirtschaft produzierten Waren und Dienstleistungen, stehen immer erst mit einer Verzögerung von mindestens einem Monat nach dem Ende des jeweiligen Quartals zur Verfügung. Doch es gibt Methoden, um aus den fortlaufend veröffentlichten Wirtschaftsdaten auch die BIP-Entwicklung abzuschätzen.

Das bekannteste und am meisten beachtete Echtzeit-BIP-Modell für die US-Wirtschaft ist das GDPnow-Modell der Federal Reserve Bank of Atlanta. Das Modell wird fortlaufend mit neu erscheinenden Wirtschaftsdaten aktualisiert. US-Wachstumsdaten werden als sogenannte annualisierte Daten angegeben. Sie zeigen, wie sich die Wirtschaft entwickeln würde, wenn das aktuelle Wachstumstempo ein ganzes Jahr lang anhalten würde. Daten zum US-Wachstum sind deshalb mit dem in Europa verwendeten Format nicht eins zu eins vergleichbar.

Die jüngste Aktualisierung des GDPnow-Modells stammt vom 8. Mai und zeigt für das zweite Quartal ein Schrumpfen der US-Wirtschaft mit einer annualisierten Rate von 34,9 Prozent. Umgerechnet auf die in Europa üblichen Vergleiche gegenüber dem Vorquartal würde dies aber nur einem Minus von rund 10 Prozent entsprechen.

Ähnlich wie das GDPnow-Modell der Atlanta Fed funktioniert der New York Fed Staff Nowcast, der ebenfalls ein vollautomatisches Modell ist, das nicht auf menschlichen Schätzungen, sondern auf bereits veröffentlichten Daten basiert. Der New York Fed Staff Nowcast lässt für das zweite Quartal ein Schrumpfen der US-Wirtschaft mit einer annualisierten Rate von 31,22 Prozent erwarten.

Eine noch schlechtere Entwicklung der US-Wirtschaft als die Modelle der Federal-Reserve-Banken von Atlanta und New York zeigt das Modell der regionalen Notenbank von St. Louis. Der "St. Louis Fed Economic News Index: Real GDP Nowcast" lässt für das zweite Quartal derzeit sogar ein annualisiertes BIP-Minus von 40,42 Prozent erwarten.

Auch für die Eurozone existiert ein ähnliches Echtzeit-BIP-Modell, es handelt sich um den €-coin-Index der italienischen Notenbank Banca d’Italia. Wegen der Konstruktionsweise und da einige Wirtschaftsdaten in Europa mit größerer Verzögerung als in den USA veröffentlicht werden, fängt dieser Index bisher das ganze Ausmaß der Corona-Pandemie aber noch nicht ein und zeigt für April nur ein BIP-Minus der Eurozone im Quartalsvergleich von minus 0,13 Prozent.

Ähnliche, wohl eher zu optimistische BIP-Prognosen liefert derzeit das sogenannte Macro dashboard des Vermögensverwalters BlackRock. Das Modell basiert auch auf "alternativen Daten" wie der Auswertung von Internet-Suchanfragen und der Textauswertung von Telefonkonferenzen von Unternehmen. Das Modell zeigt die BIP-Jahresrate auch für einzelne Länder der Eurozone. Obwohl die Schätzungen insgesamt wohl zu optimistisch sein dürften, zeigen sie immerhin bedeutende Unterschiede zwischen einzelnen Ländern, wie die folgende Tabelle zeigt. Demnach dürfte der Konjunktureinbruch in Spanien, Großbritannien, Frankreich und Italien deutlich schwerwiegender ausfallen als in Deutschland in den USA.

Land Geschätzte BIP-Wachstumsrate ("Macro dashboard")
Spanien -2,72 %
Großbritannien -1,90 %
Frankreich -1,62 %
Italien -1,51 %
Deutschland -0,99 %
USA -0,85 %
Japan -0,77 %
Kanada -0,48 %
Australien -0,12 %

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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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