Kommentar
14:41 Uhr, 23.07.2014

US-Wirtschaft: An der Grenze zu langjährigem, strukturellen Aufschwung

In wenigen Tagen, am 30.07., wird in den USA die erste Schätzung zum BIP-Wachstum im zweiten Quartal veröffentlicht: Stehen die USA vor einer Phase des konjunkturellen Aufschwungs?

Am 30.7. ist in den USA der Tag der Wahrheit. Dann wir die erste Schätzung zum BIP-Wachstum im zweiten Quartal veröffentlicht. Die sollte es am besten in sich haben (im positiven Sinn). Nachdem die Wirtschaft überraschend stark zu Beginn des Jahres geschrumpft war, sollte es im zweiten Quartal Nachholeffekte gegeben haben. Viele gehen davon aus - und das zu Recht.

Die letzten Daten zur US-Wirtschaft waren wieder einmal sehr ermunternd. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind mit ca. 300.000 auf dem Niveau von Hochkonjunktur. Chart 1 zeigt das sehr gut. Wenn die Wirtschaft nicht abkühlt, dann sollte das Niveau eine Zeit lang konstant bleiben oder sogar noch etwas fallen.

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Die US-Konsumenten sind gut gelaunt. Das Stimmungsbarometer der Uni Michigan hält sich auf hohem Niveau. Zudem steigen die Reallöhne in den USA langsam wieder an. Das erste Mal seit vielen Jahren. Der Konsum kann damit eigentlich nur noch weiter anziehen. Das wiederum freut die Unternehmen. Die Quartalssaison hat gut begonnen. Einige positive Überraschungen hat es bereits gegeben.

Einer der wichtigsten Treiber des Wachstums war und ist der Häusermarkt. Dieser kommt langsam weiter in Gang. Anfang des Jahres gab es Daten, die auf eine Trendumkehr zum Negativen hindeuteten. Das hat sich nun nicht bestätigt. Ganz im Gegenteil. Die Zahl notleidender Kredite geht weiter zurück. Grafik 2 zeigt den Verlauf der betroffenen Kredite (NPLs=non-performing loan).

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Für das ganze Land ist das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht, aber der Trend stimmt. Besonders positiv ist, dass der Trend nicht nur in Ballungszentren gut ist. Unter den ganzen Bundesstaaten und Regionen musste ich lange suchen bis ich einen Bundesstaat (Maine) finden konnte, der nicht dem Trend folgt. Im Gegensatz zu diesen Ausreißern nach unten gibt es auch solche nach oben. In Nebraska wurde das Vorkrisenniveau bereits unterschritten.

Die Grafik zeigt natürlich auch, dass das Niveau noch erhöht ist. Dabei kommt es letztlich immer auf den Vergleichsmaßstab an. Im Euroraum liegt die Rate notleidender Kredite beim Dreifachen. In Deutschland, dem Stabilitäts- und Wachstumsanker, liegt die Rate lediglich 0,4 Prozentpunkte unter jener der USA per Ende 2013.

Der Abstand hat sich inzwischen auf 0,2 Punkte reduziert. Grafik 4 setzt das in einen noch etwas weiteren Kontext. Hier sind eine Reihe von Ländern mit den NPL Ratios aufgelistet.

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Die USA liegen im Schnitt ganz gut. Deutschland muss sich auch nicht verstecken, ist aber sogar tatsächlich hinter Ländern wie Argentinien und China. Die USA und Deutschland liegen insgesamt gut und auch vor anderen stabilen Wirtschaften wie der von Dänemark.

Zuletzt will ich noch einen Blick auf die Zwangsversteigerungen werfen:

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Diese sinken nach wie vor. Das ist eine gute Nachricht. Je weniger Häuser billig auf den Markt geworfen werden müssen, desto besser für die Preise. Bei dieser Zeitreihe wurde im zweiten Quartal 2014 wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Langfristig niedriger war das Niveau zuletzt in den 90er Jahren. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Das ist ein wirklich starkes Signal.

Zudem deutet die Grafik einen systematischen Trendwechsel an. Seit 1971 stiegen die Versteigerungen systematisch an. In den 70er Jahren stiegen die Zinsen rasant an. Das lässt sich also gut erklären. Seit 1980/81 sinken die Zinsen aber. Dennoch stiegen die Foreclosures. Dass bei moderatem Wachstum hier eine große Trendwende stattfinden könnte, ist bemerkenswert. An der Story der Wirtschaftserholung in den USA muss schon etwas dran sein.

Es ist sicherlich nicht alles nur rosig und schön. In vielen Bereichen stehen die USA kurz davor die Vorkrisenniveaus wieder zu erreichen oder sogar zu unterschreiten. Ein großer Wirtschaftsabschwung ist derzeit nicht in Sicht. Wenn es jetzt schon so gut läuft, wie wird es dann erst in ein oder zwei Jahren sein?

Das stimmt insgesamt sehr zuversichtlich. In den USA könnte nach einer langen Phase des "strukturellen" Abschwungs (Seit Anfang der 80er Jahre sinkendes Wachstum, sinkende Reallöhne etc.) eine Phase des strukturellen Aufschwungs folgen. Das sind eigentlich großartige Perspektiven.

Noch ist es aber nicht soweit. Die USA stehen lediglich an der Schwelle dazu. Überschritten wurde sie noch nicht. Ob das gelingt, das zeigen möglicherweise die Wachstumszahlen am 30.7. Wenn das allerdings schief geht, dann gute Nacht.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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