Kommentar
12:36 Uhr, 24.11.2016

US-Wirtschaft: Ab durch die Decke!

Der US-Markt ist derzeit einfach nicht zu stoppen. Gestern setzten Anleger noch eins drauf und feiern all das, was vor drei Wochen noch Schrecken hervorgerufen hat.

Anleger gehen inzwischen ganz fest davon aus, dass die US-Notenbank im Dezember die Zinsen anheben wird. Die vom Markt derzeit implizierte Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei 98 %. Man muss sich inzwischen fragen, wieso die Wahrscheinlichkeit noch nicht bei 100 % liegt. Gerade gestern überzeugte die US-Wirtschaft wieder mit guten Daten.

Die Stimmung der Konsumenten hellt sich nach dem Sentimentindex der Uni Michigan wieder auf. Darauf will ich gar nicht lange herumreiten. Im Prinzip wussten wir schon Ende Oktober darüber Bescheid (Bericht ist hier zu finden). Während der Stimmungsindikator der Uni Michigan rückläufig war, zeigt sich der Indikator des Conference Board weiter stark. Im Zweifelsfall ist der Indikator des Conference Board zuverlässiger.

Gestern überraschte die Wirtschaft vielmehr mit dem Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter. Grafik 1 zeigt den Verlauf der letzten 25 Jahre. Dabei zeigt sich, dass die Auftragseingänge Monat um Monat stark schwanken. Der Sprung nach oben kann also eine Eintagsfliege sein, ist es vermutlich jedoch nicht. Der Anstieg zeigt sich in allen Messreihen, auch jenen, die Bestellungen für Militär und Flugzeuge ausklammern. Vor allem diese Bestellungen sind es, die für eine sehr hohe Volatilität sorgen.

Der große Sprung im Sommer 2014 war etwa auf einen Großauftrag an Boeing zurückzuführen. Bestellt jemand zufällig in einem Monat 300 Großflugzeuge, dann verfälscht das die Zahlen dieses einen Monats sehr stark. Zuletzt gab es keinen solchen Auftrag, der die Daten in eine Richtung verfälscht hat. Der Anstieg des Auftragseingangs ist quasi echt.

Nach einem zwei Jahre dauernden Abwärtstrend gelingt gerade die Trendwende. Das liegt sicherlich auch daran, dass sich der Ölmarkt wieder fängt. Die Auftragslage hellt sich wieder auf und das kann das Wirtschaftswachstum in den kommenden Quartalen unterstützen. Zuletzt zogen geringe Investitionen das Wachstum nach unten. In den kommenden Quartalen könnten sie es unterstützen, sodass die Wirtschaft es vielleicht doch noch einmal schaffen wird in einem Jahr über 2,5 % zu wachsen.

Die Investitionsausgaben folgen den Bestellungen mit einer leichten zeitlichen Verzögerung. Die jetzt gute Auftragslage dürfte sich Ansatzweise in den Zahlen für das vierte Quartal widerspiegeln. Wie lange der Rückenwind für die Wirtschaft anhält, muss man sehen. Der Dollar schnellt seit der Wahl Trumps nach oben. Das führt mittelfristig ganz automatisch wieder zu Gegenwind.

Derzeit wird das gefeiert, obwohl es steigende Zinsen bedeutet - nicht nur auf dem Anleihemarkt, sondern auch bei der Fed. Bisher waren steigende Zinsen für den Markt eine Horrorvorstellung. Aktuell bricht eher Begeisterung durch. So steigen die Zinsen, wo man nur hinsieht. Die Zinsen für 30-jährige Hypotheken durchbrachen wieder die Marke von 4 % nach oben. Einige sehen das bereits wieder skeptisch. Mit 4 % sind die Zinsen jedoch noch immer historisch niedrig und der Vergleich von Zinsen und Wirtschaftswachstum (Grafik 2) zeigt, dass beides parallel verläuft. Die Zinsen steigen tendenziell als Reaktion auf gute Wirtschaftsdaten. Die Wirtschaft kann sich diese Zinsen also leisten.

Persönlich geht mir die Feierlaune inzwischen schon etwas zu weit. Die Luft wird für den Markt täglich dünner. Es heißt: genießen, so lange es anhält, aber bereit dafür sein, dass sich das Sentiment von einem Tag auf den anderen umkehrt.

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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    Neos

    Definitiv zu viel Euphorie am Markt. Es ist doch einfach nur noch verrückt. Vor ein paar Wochen ging die große Angst um falls Trump Präsident wird. Nun redet man sich alles schön (aber auch wirklich alles!!!)

    Seine Pläne werden das Land in noch mehr hoffnungslose Schulden treiben. Die Debatte über die US- Schuldenobergrenze im Kongress hat man faktisch abgeschafft, weil man keinen Ausweg aus dem Dilemma findet.

    Ich glaube nicht an einen Trump Boom. Habe ebenfalls meine US Aktien abgestoßen. Momentan werden für mich wieder Minenaktien interessant

    16:55 Uhr, 24.11.2016
  • LAM
    LAM

    also abgesehen vom täglichen Trading... hatte ich noch ein paar schöne Werte aus den USA, aber mir ist das alles net geheuer - was derzeit in den US-Indizes läuft - und habe meine amerikanischen Aktien - also 80 % abgestoßen.... ich sehe das persönlich als letztes Strohfeuer vor dem großen Knall...

    15:50 Uhr, 24.11.2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    http://de.investing.com/quotes/us-dollar-indexDollar kurz vor explosion.. Wie soll die Wirtschaft der USA davon profitieren?

    14:19 Uhr, 24.11.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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