Kommentar
10:22 Uhr, 31.10.2016

US-Wachstum: Geht es jetzt wieder richtig vorwärts?

Die US-Wirtschaft ist im dritten Quartal angeblich um 2,9% gewachsen. Ist das das große Comeback?

2,9 % im dritten Quartal - das war eine Überraschung. Die Erwartungen im Bereich von 2,6 % wurden deutlich übertroffen. Persönlich bin ich ehrlich gesagt auch etwas von der Zahl überrascht, denn der Konsum, der 70 % der Wirtschaft ausmacht, war im dritten Quartal schwach. Das war bereits Ende August absehbar.

Wie sich herausstellt, trug der Konsum tatsächlich überraschend wenig zum Wachstum bei. Von den 2,9 % stammt immer noch die Hälfte aus dem privaten Konsum, doch gemessen am Anteil an der Wirtschaft von 70 % hätte der Wert vielmehr bei 2 % oder mehr liegen müssen. Der Konsum blieb also wie erwartet unterdurchschnittlich. Dafür hat sich auf wundersame Weise der Handel positiv entwickelt.

Der Handel trug 0,83 % zu den 2,9 % Wachstum bei. Das wiederum liegt daran, dass die Exporte sehr viel schneller wuchsen als die Importe. Hier wird es nun interessant, denn das Wachstum der Warenexporte war mit 14,5 % so hoch wie seit drei Jahren nicht mehr. Es ist bekannt, dass dafür die Sojaexporte verantwortlich sind. Die Ernte in Südamerika war schlecht und amerikanische Landwirte füllten die Lücke, die durch die niedrigen Ernteerträge in Südamerika gerissen wurde.

Keiner weiß ganz genau, wie viel dieser Effekt tatsächlich ausmacht. Es gibt Schätzungen, die bis zu 0,9 % reichen. Nimmt man diesen Wert für bare Münze, dann ist die US-Wirtschaft ohne diesen Sondereffekt nur um 2 % gewachsen.

Wieso sollte man sich aber überhaupt für diesen Sondereffekt interessieren? Sondereffekt hin oder her, das Wachstum war sensationell und die Exporte gab es ja tatsächlich. Wieso sollte man da die Wachstumszahlen ohne diesen Effekt berechnen?

Die Sache liegt nicht sofort auf der Hand. Man muss schon sehr ins Detail gehen, um die Bedeutung des Sondereffekts zu erkennen. Der Sojabohneneffekt zeigt sich nämlich auf zwei Ebenen, den Exporten und dem Warenbestand. Während die Exporte unzweifelhaft gestiegen sind und vermutlich einigermaßen akkurat in den Zahlen reflektiert wurden, sind es die Warenbestände nicht korrekt berechnet.

Der Aufbau von Warenbeständen hat 0,61 % zum Wachstum beigetragen. Dieser Wert wird überschätzt, denn die Sojaexporte haben den Warenbestand gesenkt. Das wird nicht korrekt wiedergegeben, da das Inventar von Agrarrohstoffen nicht jedes Quartal erhoben wird, sondern einfach auf Basis langjähriger Erfahrung geschätzt wird. Die hohen Exporte sind also nicht akkurat im Warenbestand reflektiert, sodass einerseits die hohen Exporte das Wachstum gestärkt haben und andererseits eine Überschätzung des Inventars dazu noch weiter beiträgt.

Am Ende ist die US-Wirtschaft wohl "nur" um 2,5 % gewachsen. Aktuell kann man den offiziellen Wert von 2,9 % feiern, doch die Rechnung dafür wird im vierten Quartal präsentiert. Die Exporte werden nicht noch einmal so stark wachsen und ein langsamerer Inventaraufbau oder sogar Abbau können das Wachstum um bis zu 0,5 Prozentpunkte drücken.

Clemens Schmale

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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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