Kommentar
06:22 Uhr, 07.08.2018

US-Wachstum: Die Wahrheit über den extrem hohen Wert in Q2

War das US-Wachstum im letzten Quartal hoch? Ja. Aber der Grund dafür ist nicht nur ernüchternd, sondern fast schon komisch.

Das Wachstum lag nach der ersten Schätzung im zweiten Quartal bei 4,1 % bzw. gut 1 %, wenn man es mit der Berechnung in Europa vergleichen möchte. Das ist durchaus stattlich, doch das Wachstum ist zu großen Teilen erkauft. Grafik 1 zeigt die Zusammensetzung des Wachstums. Wie so häufig war der Konsum die größte Stütze.

Das Konsumwachstum war am oberen Ende der Range der letzten Jahre. Es ist nicht zu erwarten, dass es in diesem Tempo weitergeht. Viel wichtiger ist jedoch der Anteil an Staatsausgaben und der Export. Investitionen gab es im zweiten Quartal praktisch nicht, obwohl die Reformen der Regierung ja genau diese ankurbeln sollten.

Die Ankurbelung der Investitionen funktioniert nicht. Dafür sind vermutlich auch die Unsicherheiten rund um den Handel verantwortlich. Man wartet lieber ab. Dafür wurde kräftig exportiert. Der Anteil der Exporte stieg schneller als der Anteil der Importe. Der Saldo, die Nettoexporte, war positiv.

Im Detail (Grafik 2) kann man erkennen, dass vor allem mehr Güter exportiert wurden. Durch den sprunghaften Anstieg trugen die Nettoexporte so viel zum Wachstum bei wie schon seit vielen Jahren nicht mehr.

Geht man noch mehr ins Detail, dann erkennt man, dass insbesondere eine Warengruppe für den Erfolg verantwortlich war (Grafik 3). Der Export von Landwirtschaftsprodukten boomte. Der Anstieg des Warenwertes lässt sich sehen. Es ging von 130 Mrd. auf über 160 Mrd. nach oben.

Das Wachstum gegenüber dem Vorquartal war damit sogar etwas höher als in dem Rekordjahr 2016 im dritten Quartal. Das ist beeindruckend, aber einem absoluten Sonderfaktor zuzuschreiben. Die Exporte von Landwirtschaftsprodukten schnellten nach oben, weil sie mit den Zöllen in Zukunft teurer werden.

Als die USA begannen auf chinesische Produkte Zölle zu erheben, blieb China nicht tatenlos. Als Vergeltungsmaßnahme wurden Zölle auf Landwirtschaftsprodukte eingeführt. Das tut besonders den Sojaexporten der USA weh. China ist mit Abstand der größte Abnehmer von US-Soja.

Um den Effekt der Zölle hinauszuzögern, haben chinesische Importeure so viel Soja importiert wie sie nur konnten. Ohne diese Importe hätte das Wachstum in den USA im zweiten Quartal nicht 4,1 %, sondern 3,5 % betragen. Im laufenden Quartal werden wir die Rechnung präsentiert bekommen, da die Exporte einbrechen werden.

Die Sojaexporte waren nicht der einzige Sonderfaktor. Das Ausgabenprogramm der Regierung hat für 0,3 Prozentpunkte zusätzliches Wachstum gesorgt. Steuereffekte und Gesetzesänderungen legten noch einmal 0,5 Punkte auf das Basiswachstum oben drauf.

Viele dieser Effekte werden bereits im dritten Quartal oder Anfang 2019 keine Rolle mehr spielen. Das Basiswachstum der USA liegt nach wie vor unterhalb von 3 %. Geht man von einer Normalisierung des Konsumwachstums aus (niedrigerer Wert) und einer Normalisierung der Investitionen (höherer Wert), so liegt das nachhaltige Wachstum der USA immer noch bei gerade einmal 2-2,5 %. Wer glaubt, dass Werte über 4 % die neue Normalität sind, belügt sich selbst.

Der Fairness halber muss man aber auch sagen, dass ein Wachstumsplus von 0,3 % durch Gesetzesänderungen gar nicht schlecht ist. Bei einem potentiellen Wachstum von 2 % machen 0,3 Prozentpunkte mehr einen Anstieg des Wachstums um 15 % aus.

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5 Kommentare

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  • Contrarian
    Contrarian

    Sehr guter Artikel! Bin auf die Q3-Daten gespannt.

    16:49 Uhr, 07.08. 2018
  • Newton1642
    Newton1642

    Die Mär und grosse Lüge von einem realen BIP-Wachstum in den USA in Q2 aufs Jahr hochgerechnet geht weiter und nimmt immer abstraktere Züge an!

    Das nominale BIP in den USA wuchs in Q2 gegenüber Q1 um exakt 1,8038 Prozent! Zieht man davon die Inflation in Q2 ab verbleiben real ca. 1 Prozent reales Wachstum aufs Jahr hochgerechnet! Jeder kann diese Zahlen beim BEA, das sie veröffentlicht einsehen und nachrechnen. Hier der Link:

    https://www.bea.gov/iTable/iTa...

    BIP nominal Q2 2018: 20,4025 Billionen USD

    BIP nominal Q1 2018: 20,0410 Billionen USD

    Wertmässiger Zuwachs: 0,3615 Billionen USD

    Prozentualer Zuwachs: 1,803802 Prozent!!!

    Mathematik ist eineindeutig!

    Es ist ein Witz, was dort und hier an Märchenzahlen veröffentlicht wird.

    Ausserdem ist es ein Witz, wie das BEA seine Schätzung vornimmt und welche Zahlen sie veröffentlicht. Das BEA verstösst damit gegen sämtliche Grundsätze der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung! Der Chef des Statistischen Bundesamtes, der für die Veröffentlichung des Deutschen BIP's verantwortlich ist, hat sich in einem FAZ Interview mehr als kritisch zur Methodik und der Berechnung des BIP in den USA geäussert.

    Aber in Deutschland wird ja jeder Schrott, der aus den USA kommt, gefeiert und unkritisch übernommen und publiziert! Warum wohl...

    Die US-Wirtschaft wächst real trotz großer Steuerreform bereits jetzt kaum noch. In der zweiten Jahreshälfte geht es de facto in die tiefe Rezession.

    13:05 Uhr, 07.08. 2018
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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