Kommentar
15:32 Uhr, 16.04.2019

US-Notenbank Fed: Wie man mit Worten zaubert

Der Instrumentenkasten, den eine Notenbank zur Verfügung hat, um die Geldpolitik zu beeinflussen, ist weitaus größer als viele denken. Offensichtlich sind Zinsänderungen und seit 2009 auch Quantitative Easing. Im Schatten dieser zwei Werkzeuge vegetieren Verbalinterventionen und Forward Guidance vor sich hin. Dabei sind es gerade diese Instrumente, die aktuell die Musik machen.

Die Fed bedient sich der Forward Guidance kaum noch. Diese hat sich quasi selbst abgeschafft. Bis ins vergangene Jahr hinein konnte die Notenbank sagen, dass sie die Zinsen für eine Zeit lang unterhalb des normalen Zinsniveaus belassen wird. Dann kam die Debatte, was dieses Niveau ist und plötzlich stellte alle Welt fest, dass der neutrale Zinssatz so langsam erreicht ist.

Die Notenbank konnte dem Markt nicht mehr sagen, dass die Zinsen eigentlich zu niedrig sind. Dafür hat sie nun etwas anderes getan. Sie hat verbal interveniert, indem sie zu Jahresbeginn bereits andeutete, dass es weniger Zinserhöhungen geben wird und die Bilanznormalisierung nicht ewig fortgesetzt würde.

Die Bilanznormalisierung endet im September. Bis dahin tut die Notenbank effektiv sehr wenig. Sie hat aber ihren Ausblick angepasst. Von Zinserhöhungen hat sie den Ausblick auf stabile Zinsen geändert. Eine solch abwartende Haltung hat in der Vergangenheit ausgereicht, um die Marktzinsen effektiv zu senken (Grafik 1).


Der Leitzins wurde nicht angerührt. Dafür sind die Marktzinsen gefallen, also die Zinsen für Staatsanleihen. An diesen wiederum hängen eine ganze Reihe weiterer Zinssätze, etwa die für Hypotheken und Unternehmensanleihen.

Allein durch Untätigkeit wurde die Geldpolitik gelockert. Das ist schon etwas, insbesondere deswegen, weil die Höhe der Zinsen die Liquiditätssituation und damit den Stress im Finanzsystem beeinflussen. So wundert es nicht, dass Aktien schlecht performen, wenn der Stress steigt und besser performen, wenn er sinkt (Grafik 2).


Die Bedingungen haben sich innerhalb weniger Wochen massiv verbessert. Die Risikofreude ist gestiegen und Liquiditätsengpässe gibt es nicht mehr. Ende 2018 sah das noch anders aus. Der Markt für Hochzinsanleihen brach zusammen. Einen Monat lang konnten sich Unternehmen mit schlechtem Bonitätsrating nicht mehr refinanzieren.

Durch Verbalinterventionen wurde ein Desaster abgewendet. Den Interventionen folgte eine Anpassung der offiziellen Erwartungen (Dot Plot usw.). Das alles hat vollkommen ausgereicht, um den Markt komplett zu drehen. Geschehen ist dabei wenig. Es ist wirklich so, als ob die Notenbank Kaninchen aus einem leeren Hut zaubern könnte. Sie bewegt mit wenig Aufwand ungeheuer viel. Die Marktkapitalisierung aller US-Aktien stieg um mehr als 4 Billionen Dollar an.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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