Kommentar
16:05 Uhr, 06.05.2022

US-Markt nach der Fed-Sitzung: Aktien hoch, Aktien runter: Was nun?

Erst kam es nach dem Fed-Zinsentscheid am Mittwoch zu einer Erleichterungsrallye, dann am Donnerstag zum großen Selloff. Wie ist das einzuordnen?

Zunächst nahmen Anleger die Aussagen der Fed positiv auf. Bei den kommenden Zinsentscheiden dürfte der Leitzins um je 0,5 Prozentpunkte steigen. Das war keine Überraschung und lag im Rahmen der Erwartung. Ursprünglich erwarteten Anleger für den nächsten Entscheid im Juni bereits einen Anstieg um 0,75 Prozentpunkte. Dem erteilte Powell eine Absage, was die Rally ausgelöst haben dürfte. Einen Tag später ist von positiver Stimmung nichts mehr zu bemerken. Die Kursgewinne vom Mittwoch wurden am Donnerstag wieder komplett abgegeben. Anleger trauen den Aussagen nicht. Nachdem die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten im Juni am Mittwoch von 90 % auf 70 % fiel, stieg sie am Donnerstag wieder auf 83 %. Anleger fürchten also, dass die Fed nicht Wort hält. Es ist mehr eine Ahnung als Fakt. Weder die Fed noch der Markt wissen, wie sich die Situation weiter entwickeln wird. Man entscheidet Tag für Tag. Ein Ende der Volatilität ist nicht absehbar. Am Ende lässt sich die alles entscheidende Frage benennen: Führt die Fed eine Rezession herbei oder nicht?

Keiner kennt die Antwort darauf. Anleger können sich aber auf die möglichen Szenarien vorbereiten. Hohe Inflation allein muss nämlich nicht zu nachhaltig tieferen Kursen führen. Oft wird die heutige Entwicklung mit den 70er Jahren verglichen, aber es gibt weitere Anhaltspunkte. So stieg die Inflation von 1941 bis 1952 drei Mal auf über 7 %.

1941 fielen die Kurse. Das dürfte jedoch mit dem Kriegseintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg zusammenhängen. Nach dem Krieg stieg die Inflation auf fast 20 %. Die Kurse fielen. Nur fünf Jahre später konnte davon keine Rede mehr sein. Trotz hoher Inflation stieg der Aktienmarkt (Grafik 1).

Vereinfacht kann man sagen, dass es nicht unbedingt die Inflation selbst war, die den Markt korrigieren ließ, sondern Konjunkturschwäche. Inflation ohne drohende Rezession führt nicht in eine Bärenmarkt. Grundsätzlich steigen die Umsätze von Unternehmen zumindest mit der Inflationsrate. Aktienkurse sollten mit der Inflation theoretisch steigen. Das gelingt nicht immer, denn die Bewertung fällt zuverlässig, wenn die Inflation hoch ist (Grafik 2).

Die Bewertung ist bereits deutlich gesunken, allerdings im langjährigen Vergleich immer noch hoch. Würden die Kurse nun stagnieren, sorgt die hohe Inflation vermutlich bis Jahresende 2023 ganz automatisch dafür, dass die Bewertung plötzlich niedrig ist. Die Umsätze und Gewinne der Unternehmen sollten ja mit der Inflation steigen. Das gilt natürlich nur, wenn eine Rezession ausbleibt.

Vergleicht man den heutigen Kursverlauf mit früheren Perioden stark ansteigender Inflation, erkennt man nur bedingt Parallelen (Grafik 3).

Mit etwas Fantasie lässt sich eine Ähnlichkeit zu 1941 und 1976 feststellen (Grafik 4). Die mangelnde Ähnlichkeit ist Ausdruck dafür, dass die Entwicklung sehr unsicher ist. Weder Notenbanker und Ökonomen noch Anleger haben eine klare Vorstellung davon, wie sich die Dinge entwickeln werden.

Persönlich gehe ich weiterhin davon aus, dass ein Abschwung auf uns zukommt. Weil die Unsicherheit hoch ist, wird der Markt nicht wie in den letzten Bärenmärkten und Korrekturen schnell fallen und gleich danach wieder rapide steigen. Vielmehr wird es eine lange und zähe Korrektur.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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