US-Leitzinserhöhung: 100% sicher?
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Die Kuriosität, die inzwischen wieder behoben ist, ist auf die Formel zurückzuführen, die die Wahrscheinlichkeit für eine ZInserhöhung berechnet. Die CME Group nutzt hierzu die Fed Funds Futures. Es wird davon ausgegangen, dass die Notenbank die Zinsen nur in 0,25 % Schritten verändern kann.
Die Futures deuteten intraday kurzfristig einen größeren Zinsschritt an (nicht 0,25 %, sondern im Bereich von 0,26 %), der sich dann in einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 100 % niederschlug. Inzwischen liegt die Wahrscheinlichkeit wieder unter 100 %. Alles ist wieder in Ordnung.
Der Zinsschritt wird im Dezember kommen, daran besteht kein Zweifel. Wie notwendig dieser ist, sei dahingestellt, denn seit Monaten, ganz besonders stark seit der US-Wahl, steigen die Zinsen von ganz alleine an. Die Fed muss eigentlich gar nichts tun, wenn sie eine straffere Geldpolitik sucht. Der Markt regelt das derzeit selbst.
Grafik 2 zeigt den Verlauf der kurzfristigen Zinsen, die durch die Rendite einjähriger US-Anleihen dargestellt ist, und die langfristigen Zinsen (10 Jahre). Vor allem die langfristigen Zinsen gehen durch die Decke. Sie stiegen zuletzt schneller an als im Jahr 2013 als es zum sogenannten Taper Tantrum kam. Eine schöne deutsche Übersetzung gibt es dafür nicht. Frei übersetzt handelte es sich um eine Panikattacke des Marktes aufgrund einer möglichen Straffung der Geldpolitik.
Taper Tantrum soll ausdrücken, dass der Markt bei der Aussicht auf eine Straffung vollkommen überreagiert und die Zinsen überzogen in den Himmel schießen. 2013 stiegen die Zinsen innerhalb von Wochen von 1,6 % auf 3 %. Jetzt ist es wieder soweit. Seit dem Brexit Schock sind die Zinsen von 1,37 % auf 2,36 % hinaufgeschnellt. Das Tantrum lässt sich nicht mehr vermeiden, es ist schon da.
Der Markt zeigt eine Überreaktion. Diesmal ist es jedoch nicht die Notenbank selbst, die die Erwartung einer schneller als angenommenen Straffung schürt. Vielmehr haben Anleger durch die Wahl Trumps reflexartig einen Schalter umgelegt. Wegen höher Staatsausgaben gehen sie von einer höheren Inflation und somit auch höheren Zinsen aus.
Die Notenbank will die Zinsen anheben. Ohne es jedoch effektiv tun zu müssen, ist es bereits dazu gekommen. Die Sache ist allerdings etwas komplexer. Die langfristigen Zinsen werden von den Markterwartungen über die zukünftige Inflation bestimmt. Die kurzfristigen Zinsen haben damit wenig zu tun. Diese werden von der Notenbank bestimmt.
Seit der Wahl steigen die langfristigen Zinsen massiv an. Die kurzfristigen Zinsen kommen im Vergleich dazu kaum vom Fleck. Einjährige Anleihen notieren gerade einmal bei 0,77 %. Bereits Mitte Dezember wird die Fed Funds Rate auf 0,5 % bis 0,75 % angehoben. Die Rendite der einjährigen Anleihen impliziert somit praktisch nur noch einen Zinsanstieg im kommenden Jahr – und zwar tendenziell gegen Ende des Jahres. Andernfalls würde eine Rendite von 0,77 % für einjährige Anleihen keinen Sinn ergeben.
Anstatt eine Anleihe mit einem Jahr Laufzeit zu halten könnte man theoretisch sein Geld bei der Fed parken. Dafür erhält man aktuell 0,5 % Zinsen und ab Mitte Dezember 0,75 %. Würde die Fed früh im nächsten Jahr die Zinsen weiter anheben, dann wäre es sehr viel attraktiver sein Geld nicht in Anleihen zu stecken, sondern bei der Fed zu parken. Da Anleihen ein höheres Risiko haben, sollte die Rendite eigentlich höher sein.
Die Einschätzung des Marktes zum Verlauf der Zinsanhebungen ist vermutlich zu konservativ. In den vergangenen Jahren hatte der Markt häufig recht. Während die Notenbanker bis zu 4 Zinsschritte in einem Kalenderjahr prognostizierten, sagte der Markt nur einen Zinsschritt voraus. Der Markt bekam letztlich recht.
Nun sagen die Notenbanker für 2017 nur noch zwei Zinsschritte voraus. Der Markt beharrt derzeit noch auf weniger. Dieses Mal könnte der Markt irren und dann bereits im zweiten Quartal 2017 richtig böse überrascht werden. Wir stecken zwar schon mitten im Taper Tantrum, aber es ist noch lange nicht vorbei. Das gilt vor allem für kurzfristige Zinsen.
Clemens Schmale
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