Kommentar
07:47 Uhr, 22.04.2015

US-Konzerne sparen Milliarden an Steuern: Warum Sie als Aktionär aufpassen müssen

Steuern zahlen macht keinen Spaß. Das wissen nicht nur wir Bürger, sondern vor allem auch Unternehmen. Keine Anstrengung ist zu groß, um zu sparen.

Cash is king. Viel Cash zu halten ist ein guter Ratgeber, wenn man als Unternehmen Steuern sparen will. US Unternehmen halten im Ausland über 2 Billionen USD an Barreserven. Theoretisch würden auf diese Reserven Steuern anfallen. Durch einen einfachen Trick können Unternehmen die Steuern jedoch umgehen.

Grundsätzlich gilt für US Unternehmen, dass sie ihre Einkünfte in den USA versteuern müssen. Der US Steuersatz von 35% gilt weltweit. Es gibt allerdings Doppelbesteuerungsabkommen. Der Unternehmensgewinn wird nicht zweimal versteuert, sondern zuerst dort, wo er anfällt. Liegt der Steuersatz im Ausland bei beispielsweise 10%, dann müssten US Unternehmen noch 25% in den USA zahlen. Diese 25% müssen sie jedoch nur zahlen, wenn sie das im Ausland verdiente Geld auch in die USA zurückholen. Solange das Geld im Ausland bleibt, fällt keine Steuer an.

Wird der Gewinn einfach nur als Barreserve gehortet, dann würden theoretisch auch Steuern anfallen. Unternehmen können also nicht einfach das Geld auf dem Konto liegen lassen. Das reicht nicht, um Steuern zu sparen. Sind die Barreserven für Investitionen gedacht, dann hingegen fallen wiederum keine Steuern an.
In den letzten Jahren sind die Barreserven immer weiter angewachsen. Man kann kaum behaupten, dass das ganze Geld tatsächlich investiert worden ist oder jemals investiert wird. Trotzdem können Unternehmen einfach behaupten bzw. die Intention bekunden, die Barreserven investieren zu wollen. Sind die Barreserven für Investitionen gedacht, dann müssen sie nicht versteuert werden.

Das ist schon ein komisches System. Einerseits müssten die Barreserven versteuert werden, andererseits kann die Steuer sehr leicht umgangen werden, indem einfach behauptet wird, das Geld sei für Investitionen gedacht. Praktisch gab es die Investitionen wohl so gut wie noch nie. Ansonsten würden die Barreserven im Ausland nicht jedes Jahr um über 140 Mrd. anwachsen. Bis zu einem gewissen Grad kann man schon von einem eher billigen, aber vollkommen legalen Steuertrick sprechen.

Die größten Sünder in diesem Fall sind in Grafik 1 dargestellt. Ganz oben auf der Liste steht General Electric mit 110 Mrd. an Barreserven im Ausland per Ende 2013. Die Reserven wachsen tendenziell jedes Jahr weiter an. Steuern will GE ja nicht unbedingt zahlen. Manchmal lässt es sich aber nicht vermeiden. GE hat vor kurzem eine neue Unternehmensstrategie präsentiert. Dabei werden Unternehmensteile veräußert, die nicht zur Industriesparte gehören. Im Zuge dieser Neustrukturierung wird auch ein Teil des Geldes in die USA zurückgeholt. Im ersten Quartal hat GE daher ein sehr großes Minus ausweisen. 4 Mrd. des Fehlbetrages gehen auf Steuern auf die zurückgeholten Barreserven zurück.

Der Fall GE zeigt, dass die Steuern höchstwahrscheinlich nicht ewig vermieden, sondern lediglich aufgeschoben werden. Wird das Geld zurückgeholt, dann fallen Steuern an. Das sind ganz reale Belastungen. Um sich vor Augen zu führen wie diese Belastungen aussehen können, zeigt die Grafik den zuletzt ausgewiesenen Jahresgewinn. Der theoretische Gewinn ist der Jahresgewinn 2014 unter der Annahme, dass die Barreserven zu 100% zurückgeholt worden wären. Fast die Hälfte der Unternehmen würde dann keinen Gewinn mehr ausweisen, sondern einen Verlust. Bei GE würde ein Gewinn von 15 Mrd. zu einem Verlust von gut 10 Mrd. werden.
Als Anleger sollte man diese latente Steuerlast durchaus in seine Überlegungen miteinbeziehen. Die Steuern können jeder Zeit fällig werden – aus welchen Gründen auch immer. Dann kann aus einem schönen Jahresgewinn schnell ein großer Jahresverlust werden. Als Anleger muss man sich die Frage stellen, ob man die Aktie dann immer noch als attraktiv empfindet, wenn auf einmal ein Milliardenverlust ausgewiesen wird.
Wem das zu abstrakt ist, der kann sich das als Abschreibung vorstellen. Grafik 2 zeigt ,wieviel die Barreserven von den Gesamtvermögenswerten ausmachen. Ein durchschnittliches S&P 500 Technologieunternehmen hält 32% seiner Assets in Barreserven im Ausland. Das ist ein sehr hoher Anteil. Würde ein solches Unternehmen das Geld in die USA zurückholen und versteuern, dann würde bis zu ein Viertel dieser Cash Assets verschwinden. Nimmt man einen durchschnittlichen Steuersatz von 25% an, dann würde ein Viertel der Assets einfach durch die Steuer wegfallen.

In dem Beispiel für die IT Unternehmen, die 32% ihrer Assets in Barreserven halten, würde ein solcher Steuersatz die Assets um 8 Prozentpunkte reduzieren (32% multipliziert mit 25%). Das Unternehmen wäre plötzlich 8% weniger wert. Genauer gesagt hat das Unternehmen plötzlich 8% weniger Vermögenswerte. Das ist eine Größenordnung, die man als Anleger berücksichtigen sollte. Das ist keine Lappalie mehr.

Im Durchschnitt werden 40% der Gesamtgewinne als Barreserven im Ausland behalten. Setzt man wieder den durchschnittlichen Steuersatz von 25% an, dann würde der Unternehmensgewinn sinken. Die 40%, die im Ausland geparkt werden, sind um durchschnittlich 25% niedriger besteuert als in den USA. Würden die Unternehmen die Gewinne in die USA zurückholen, dann würde der Gesamtgewinn entsprechend sinken. Ganz grob kann man sagen, dass der durchschnittliche Gesamtgewinn um 10% sinken würde (40% multipliziert mit 25%).

Nicht all das Geld wird jemals wieder zurückgeholt werden. Die Überlegungen sind daher bis zu einem gewissen Grad theoretisch. Man kann aber auch mit ziemlich hoher Sicherheit sagen, dass nicht 100% der Reserven ewig im Ausland bleiben werden. Man kann durchaus annehmen, dass die Gewinne der Unternehmen durch die Steuereffekte um 3 bis 5% höher sind als unter voller Versteuerung. Man kann der Einfachheit halber die Gewinne der Unternehmen gedanklich um 5% nach unten korrigieren – jedes Jahr.

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11 Kommentare

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  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    ist immer wieder geil, wie aus einem Fachthema eine politische Diskussion wird. Die Frage ist doch, gibts eine Firmenliste mit Auflistung der so gehorteten Barreserven? Wie soll man sonst wissen, bei welchem Unternehmen da so aufpassen müsste? Alle tech oder Gesundheitsunternehmen wegen einer %ualen verteilung deshalb nicht mehr zu kaufen, ist doch auch keine Lösung. Auserdem weiss ja keiner, wann wieder repatriert werden soll. Das ist immer die gleiche Diskussion hier a la Hoose. Achtung, hier droht Gefahr! Aber wo konkret und wann, ist unklar. Das kann morgen oder aber auch in 5 Jahren sein. Da sag ich mir doch: "setz einen SL unter Dein Investment und wenn Dein Unternehmen betroffen ist, wird der ziehen. Ansonsten schlaf ich weiter ruhig und suche nach neuen Kauf- und Verkaufsgelegenheiten ohne mir womöglich 5 Jahre Sorgen zu machen, was alles Schlimmes passieren könnte.

    17:23 Uhr, 22.04.2015
  • 1 Antwort anzeigen
  • bembes
    bembes

    Diese " genehmigten" Steuertriksereinen sind eine Unverschämtheit. Wo bleiben da die klugen Politiker !! Alles Flaschen !!

    08:08 Uhr, 22.04.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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